Polizeichef mit Burschenschaft-Vergangenheit: Pilz fordert Rücktritt

APA/ROLAND SCHLAGER
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Gerhard Pürstl kam vor 35 Jahren während der Schulzeit mit einer Burschenschaft in Kontakt. Der Grün-Abgeordnete Peter Pilz ortet darin eine Unvereinbarkeit mit seinem heutigen Amt.

Darf ein Wiener Polizeipräsident während seiner Zeit als Schüler ein paar Abende auf der Bude einer schlagenden Verbindung verbracht haben? Und ist es ihm negativ auszulegen, dass eben dieser Polizeipräsident dieses Hineinschnuppern 35 Jahre später nicht im offiziellen Lebenslauf anführt?

Der Grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz meint: Ja. „Und aus diesem Grund ist Gerhard Pürstl für sein Amt untragbar.“ Anlass für die Aufforderung zum Rücktritt ist der Einsatz der Polizei im Zuge der zum Teil gewalttätigen Demonstrationen gegen den von der Wiener FPÖ veranstalteten Akademikerball in der Hofburg. Der Ball ist ein Treffen schlagender Verbindungen. Und ein Behördenleiter, der seinerzeit mit eben dieser Gesinnung in Berührung kam, sei befangen. So argumentiert jedenfalls Pilz.

Die Verbindung, in der Pürstl als sogenannter „Spefuchs“ tätig war, heißt Franko Cherusker. Noch bevor es zur Mensur kam, erzählt er heute, sei er wieder ausgetreten. Neben der Franko Cherusker hat er laut eigenen Angaben auch Zeit in anderen, nicht nur deutschnationalen, sondern auch der Volkspartei nahe stehenden Verbindungen verbracht. Nie lange, und nie als Vollmitglied. Welche Verbindungen das waren, daran will sich Pürstl heute nicht mehr erinnern können. Aber die Franko Cherusker sei dabei gewesen.

"Die Innenministerin muss sich entscheiden"


Doch Pilz ist die Theorie von der jugendlichen Neugier des Polizeipräsidenten zu wenig. Er vermutet lautstark und im Rahmen einer Pressekonferenz vor Journalisten, dass Pürstl möglicher Weise vorab Informationen über den Polizeieinsatz an seine „alten Burschenfreunde“ in der Hofburg weitergegeben haben könnte. „Das muss untersucht werden.“

Geschehen soll das im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage. Noch vor der Beantwortung und dem Ergebnis der geforderten Untersuchung legt Pilz jedoch Innenministerin Johanna Mikl-Leitner nahe, Pürstl zu entlassen. „Sie muss sich nun entscheiden. Der Wiener Polizeipräsident darf die Interessen schlagender Verbindungen nicht über jene der öffentlichen Sicherheit stellen.“

Verbindungsbruder im Ballausschuss

Die Querverbindung, mit der Pilz seine Kritik heute rechtfertigt, trägt den Namen Herwig Götschober. Er ist Vorstandsmitglied der pennalen Franko Cherusker, sitzt gleichzeitig aber auch im Ballausschuss des Akademikerballs. Der gleiche Name taucht im Vereinsregister übrigens auch bei der akademischen Verbindung Bruna Sudetia aus. Das Haus der Sudetia war 2012 und im Rahmen der Anti-Ball-Proteste Ziel eines Brandanschlags gewesen.

Eben diese Verbindung verneint Pürstl jedoch. Zu Götschober, der auch als FPÖ-Bezirksrat in Wien-Leopoldstadt tätig ist, habe er keine Kontakte. Auch zu anderen Bekannten aus jener Zeit (1979) nicht.

Zwei Ex-Burschenschafter vor der Kamera: Michael Häupl überreicht Gerhard Pürstl das Große Silberene Ehrenzeichen des Landes Wien (Februar 2012)
Zwei Ex-Burschenschafter vor der Kamera: Michael Häupl überreicht Gerhard Pürstl das Große Silberene Ehrenzeichen des Landes Wien (Februar 2012)APA/Hochmuth



Pürstl gilt innerhalb der Polizei als untadeliger Behördenleiter und exzellenter Jurist. In der Öffentlichkeit wird ihm eher eine Nähe zur SPÖ als eine Sympathie für das Dritte Lager nachgesagt. Der Wiener Bürgermeister durfte bei seiner Bestellung immerhin mitreden.

Eben dieser Bürgermeister hat übrigens selbst eine ähnliche Vergangenheit, die ihm heute niemand mehr vorwirft. Bis zum Alter von 19 Jahren war Michael Häupl Mitglied der schlagenden Schülerverbindung Rugia zu Krems.

awe

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