Immobilien: Erbschaftssteuer durch Hintertür?

Jochen Danninger, Erbschaftssteuer
Jochen Danninger, Erbschaftssteuer(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Die Regierung muss bis Ende Mai die Grunderwerbsteuer sanieren. Für die ÖVP kündigt Staatssekretär Danninger eine aufkommensneutrale Lösung ohne Mehrbelastung an. Diese käme der SPÖ gelegen.

Wien. Die rot-schwarze Koalition ist bemüht, mit dem Steuerpaket ab Anfang März das unpopuläre Thema höherer Belastungen für die Österreicher möglichst rasch zu erledigen. Dennoch werden damit auch kurzfristig nicht alle brisanten Steuerfragen geklärt. Denn nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Bemessung der Grunderwerbsteuer für Immobilien vor allem bei Schenkungen und bei Erbschaften innerhalb der Familie als verfassungswidrig aufgehoben hat, muss bis 31. Mai dieses Jahres eine Neuregelung her. Diese wird es, wie Finanzstaatssekretär Jochen Danninger (ÖVP) versichert, auch rechtzeitig geben. „Die Vorarbeiten laufen auf Hochtouren“, erläutert er im Gespräch mit der „Presse“.

Allerdings dürfte es innerhalb der Bundesregierung noch Diskussionsbedarf über diese Reparatur geben. Im Büro von SPÖ-Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl wird auf Anfrage der „Presse“ vorerst darauf verwiesen, dass nach der Entscheidung des Höchstgerichts ab 1. Juni 2014 „automatisch“ im unentgeltlichen Bereich, bei Schenkungen und Erbschaften, der Verkehrswert für die Berechnung heranzuziehen sei. Im entgeltlichen Bereich, also bei Käufen, sei bisher bereits der Verkehrswert der Immobilie relevant.

Staatssekretär Danninger kündigt jedoch schon jetzt an, es soll eine aufkommensneutrale Lösung im Zuge der Neuregelung geben. Die Bundesregierung wolle demnach eine weitere Mehrbelastung von Betroffenen vermeiden. Wie soll das nun funktionieren? Vereinfacht ausgedrückt könnte künftig die höhere Bemessungsgrundlage durch einen niedrigeren Steuersatz in solchen Fällen ausgeglichen werden.

Heikle Gesetzesreparatur

Es handelt sich jedenfalls um eine heikle Gesetzesreparatur. Die ÖVP ist dabei besonders auf der Hut. Schließlich ist 2008 die Erbschafts- und Schenkungssteuer nach einem Erkenntnis des Höchstgerichts von der damaligen SPÖ-ÖVP-Regierung nicht erneut eingeführt worden. Im neuen Koalitionspakt ist die vor allem von roten Gewerkschaftern vehement geforderte Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer von der ÖVP ganz abgeblockt worden. Daher soll es jetzt auch nicht „heimlich“ in einem Teilbereich zu einer Art Ersatzerbschaftssteuer bei Schenkungen oder Erbschaften von Immobilien im Familienverband kommen.

Staatssekretär Danninger formuliert das so: Die ÖVP wolle nicht, dass man über die „Hintertür“ der Neuregelung der Grunderwerbsteuer nun die Erbschaftssteuer „scheibchenweise wieder einführt“. Das sei auch bei den rot-schwarzen Koalitionsverhandlungen die Zielsetzung gewesen. Derzeit wird im Finanzministerium noch geprüft, wie sich das geplante neue Modell in den einzelnen Regionen Österreichs auswirkt. Ein Gesetzesentwurf soll aber rechtzeitig vorliegen, sodass die Frist für die Reparatur eingehalten wird.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmungen Ende 2012 wegen der Berechnung der Grunderwerbsteuer bei Schenkungen und Erbschaften als verfassungswidrig aufgehoben, weil zur Bemessung die lange nicht aktualisierten Einheitswerte aus dem Jahr 1973 herangezogen wurden. Kauft hingegen jemand eine Wohnung oder ein Haus, wird die Steuer von der Gegenleistung – das wird sehr häufig der viel höhere Marktwert der Immobilie sein – berechnet. Dabei stießen sich die Höchstrichter nicht an einer differenzierten Regelung für Käufe beziehungsweise für Schenkungen, sondern an den „überholten“ Einheitswerten als Basis.

Im Vordergrund für die Regierung standen bisher eindeutig die nun dem Nationalrat übermittelten Neuregelungen bei einer Reihe von Abgaben, weil diese gemäß dem Arbeitsprogramm der Koalition für das Budget 2014 mit 1. März in Kraft treten müssen. Dieses Steuerpaket sieht, wie mehrfach berichtet, unter anderem höhere Belastungen für Raucher und Autofahrer vor.

SPÖ: Thema bei Steuerreform

Die SPÖ hat es offenbar mit der Reparatur der Grunderwerbsteuer nicht so eilig wie der Koalitionspartner ÖVP, weil nach Ablauf der vom Verfassungsgerichtshof eingeräumten Frist ohne eine gesetzliche Neuregelung ab 1. Juni 2014 kein Vakuum entsteht, sondern der Verkehrswert für die Berechnung der Steuer zur Anwendung käme. „Die Steuersätze, nämlich 2,5 Prozent bei unentgeltlichen Übertragungen, 3,5 Prozent bei entgeltlichen Übertragungen, bleiben unberührt“, wird im Büro von Staatssekretärin Steßl betont: „Eine Neuregelung wäre aus unserer Sicht ein Thema für die Arbeitsgruppe, die von Kanzler und Vizekanzler kürzlich für die Steuerstrukturreform eingesetzt worden ist.“

AUF EINEN BLICK

Grunderwerbsteuer.Der Verfassungsgerichtshof hat Ende 2012 für Schenkungen und Erbschaften im Familienverband die Bemessung der Grunderwerbsteuer gekippt. Die Frist zur Reparatur endet am 31. Mai 2014. Nach dem Steuerpaket, das bereits am 1. März kommt und schon im Parlament liegt, wird jetzt in der SPÖ-ÖVP-Regierung die künftige Grunderwerbsteuer vorbereitet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2014)

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