Steuerpolitik: Wirtschaft droht, ÖVP-Spitze lenkt ein

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Finanzminister Michael Spindelegger kommt dem Wirtschaftsbund seiner Partei beim Gewinnfreibetrag und bei der GmbH entgegen. Der interne Streit dürfte damit beigelegt sein.

Wien. Die Drohung steht zumindest noch im Raum: Sollte die Regierung den Änderungswünschen nicht nachkommen, dann würden die Vertreter des Wirtschaftsbundes – immerhin 15 von 47 ÖVP-Abgeordneten – im Parlament gegen das Steuererhöhungsgesetz stimmen. Der Beschluss, der für die Plenartage am 24. und 25.Februar vorgesehen ist, wäre damit wohl hinfällig.

So weit dürfte es aber nicht kommen. Denn im Auftrag von Michael Spindelegger hat ÖVP-Finanzstaatssekretär Jochen Danninger den Gesetzesentwurf noch einmal überarbeitet und die Einwände berücksichtigt. Nach einer ersten Durchsicht habe der Wirtschaftsbund Zustimmung signalisiert, wurde der „Presse“ am Dienstag in Verhandlerkreisen erklärt. Mit anderen Worten: In der ÖVP sollte (vorerst) wieder Ruhe einkehren. Und dafür gibt es zwei Gründe:

• Das Vorhaben der Regierung, den Gewinnfreibetrag (er bildet bei Selbstständigen das steuerbegünstigte 13. und 14. Monatsgehalt nach) bis 2016 einzuschränken, bleibt zwar aufrecht: Über Wertpapiere kann der Steuerbonus nicht mehr geltend gemacht werden. Nach den Protesten der Wirtschaft will die ÖVP nun aber Wohnbauanleihen von dieser Regelung ausnehmen. Für den Wohnbausektor würde das eine „zusätzliche Liquidität“ bedeuten, wird argumentiert. Außerdem blieben der Grundfreibetrag bis 30.000 Euro Jahresgewinn und der Steuerbonus für Investitionen in die Realwirtschaft erhalten.

Laut Statistik Austria haben im Jahr 2010 rund 21.600 Selbstständige den Gewinnfreibetrag genutzt, um damit Wertpapiere über 227 Millionen Euro zu kaufen. Beim Grundfreibetrag bis 30.000 Euro Jahresgewinn gab es 280.000 Begünstigte, beim „investitionsbedingten Gewinnfreibetrag“ 29.000.

• Änderungen sind – zum wiederholten Male – auch bei der GmbH light vorgesehen. Begonnen hat alles mit einer Fehleinschätzung von SPÖ und ÖVP: Um Neugründungen zu fördern, wurde das Mindestkapital für eine GmbH im Vorjahr von 35.000 auf 10.000 Euro reduziert. Die Hälfte muss bar eingezahlt werden. Allerdings nahmen dieses Angebot auch viele bestehende Betriebe an, um Steuern zu sparen. Sie setzten ihr Kapital auf 10.000 Euro herab und reduzierten so ihre (Mindest-)Körperschaftsteuer von 1750 auf 500 Euro. Zum Leidwesen des Finanzministeriums.

Die neue Regierung, die 2016 ein strukturelles Nulldefizit erreichen will, sah sich zum Einschreiten gezwungen. Für bestehende Betriebe wird das Mindestkapital mit 1.März wieder auf 35.000 Euro angehoben. Bei Neugründungen gilt weiterhin die 10.000-Euro-Regel, allerdings mit weiteren Vorgaben: Nach zehn Jahren muss der Betrieb seine Finanzmittel auf mindestens 17.500 Euro aufgestockt haben, also auf die Hälfte des Mindestkapitals.

Eigentlich sollten Jungunternehmer verpflichtet werden, jährlich mindestens ein Viertel des Gewinns dafür zurückzulegen. Dagegen hat sich der Wirtschaftsflügel der ÖVP nun erfolgreich gewehrt: Die Firmen sollen selbst entscheiden, in welchem Ausmaß sie jährlich Rücklagen bilden, um am Ende auf jene 17.500 Euro zu kommen.

SPÖ deutet Zustimmung an

Unklar blieb vorerst, ob die SPÖ mit den Änderungswünschen einverstanden ist. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Gewerkschafter, Wolfgang Katzian, ließ Spindelegger immerhin hoffen: Er sei „im Prinzip diskussionsbereit“ – sowohl bei der GmbH-Reform als auch beim Gewinnfreibetrag. Die Symmetrie müsse aber erhalten bleiben. Sprich: „Änderungen dürfen nicht zulasten der Arbeitnehmer gehen.“

AUF EINEN BLICK

Das Steuererhöhungspaket (Abgabenänderungsgesetz) soll Ende Februar im Nationalrat beschlossen werden und mit 1.März in Kraft treten. Im Wirtschaftsbund der ÖVP gibt es aber erhebliche Widerstände gegen Teile des Gesetzesentwurfs. Da 15 von 47 ÖVP-Abgeordneten dem Wirtschaftsbund angehören, wackelt der Beschluss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2014)

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