AK-Chef stellt Ländern Rute ins Fenster

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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276 Millionen Euro für den Wohnbau sind blockiert. Arbeiterkammer-Präsident Kaske will notfalls die Lohnbeiträge zur Wohnbauförderung streichen lassen. Beim Arbeitsmarktpaket verlangt er ein Vorziehen des Bonus-Malus-Systems für Betriebe.

Wann wird denn jetzt „die Republik brennen“, nachdem Sie 2002 als Gewerkschaftschef gedroht haben, das Arbeitslosenheer werde marschieren?

Rudolf Kaske: Die Situation 2000 bis 2006 ist sicher nicht mit der heutigen vergleichbar.

Weil es damals eine schwarz-blaue Regierung gegeben hat?

Zum Ersten war das eine andere Regierungskonstellation. Zum Zweiten waren die Belastungen für die Arbeitnehmer dramatisch.

Aber die Rekordarbeitslosigkeit in der Zweiten Republik gibt es jetzt.

Wichtig sind die richtigen Maßnahmen. Seit der Finanzkrise sind wir halbwegs gut durchgekommen. Kleine Werbeeinschaltung – es waren die Sozialpartner, die maßgeblich zur Bewältigung beigetragen haben. Stichworte sind Jugendausbildungsgarantie oder Kurzarbeit in Betrieben statt Entlassungen. Wichtig ist: Arbeit sichern und schaffen.

Wie?

350 Millionen Euro bei der Kinderbetreuung für neue Arbeitsplätze und als Win-win-Situation für Eltern; Weiterentwicklung ganztägiger Schulformen; Pflege und Betreuung; Investitionen in den Wohnbau. Hier stehen 276 Millionen Euro zur Verfügung. Aber die Länder müssen das Geld auch abholen.

Die Länder blockieren de facto das Geld, indem keine Kofinanzierung erfolgt.

So ist es.

Dafür haben Sie kein Verständnis.

Ich stelle da die Rute ins Fenster. Arbeitgeber und Arbeitnehmer tragen zur Wohnbauförderung Geld mit 0,5 Prozent des Bruttolohns bei. Das macht in Summe 900 Millionen Euro. Wenn das Geld nicht abgeholt und nicht in den Wohnbau investiert wird, muss man überlegen, ob es nicht zu einer Lohnnebenkostensenkung kommen soll.

Indem dieser Beitrag zur Wohnbauförderung gestrichen wird?

Genau. Es kann nicht so sein, dass sich die Länder zieren, das Geld abzuholen.

Wie lang lassen Sie die Rute im Fenster?

Auf Bundesebene gibt es noch aus der Zeit von Justizministerin Karl einen Arbeitskreis zur Reform des Mietrechts. Im Grunde herrscht hier Stillstand. Wir wollen, dass Justizminister Brandstetter rasch handelt und mieterfreundliche Regelungen vorlegt.

Bis wann?

Es wurde berichtet, dass der Arbeitskreis bis Ende des Jahres tagen soll. Ich werde die Gelegenheit bei einem Gespräch mit dem Justizminister am 26. März nützen, unsere Vorschläge auf den Tisch zu legen. Das muss auch rascher gehen als bis zum Jahresende.

Was werden Sie dabei verlangen?

Mieten im privaten Altbau müssen gesenkt werden. Es geht um die Zweckbindung der Wohnbauförderung. Nach Befristungen darf es keine exorbitanten Aufschläge geben. Betriebskosten müssen gesenkt werden, durch Streichen der Grundsteuer und Versicherungskosten. Bei Maklergebühren muss gelten, was in anderen europäischen Ländern möglich ist: dass Vermieter die Gebühren zahlen. Und wir wollen eine klare gesetzliche Regelung für die Erhaltungspflicht der Vermieter.

Zurück zum Arbeitsmarkt. Reichen die Maßnahmen der Regierung aus?

Positiv sind die Zusatzmittel für Integration auf dem Arbeitsmarkt. Angedacht waren aber 350 Millionen Euro pro Jahr, geworden sind es für 2014, 2015 und 2016 zweimal 100 und einmal 150 Millionen Euro. Das Problem ist außerdem, dass 60 Prozent für Lohnsubventionen und nur 40 Prozent für andere Maßnahmen verwendet werden.

Gibt es noch andere Kritikpunkte?

Es ist im Regierungsprogramm gelungen, ein Bonus-Malus-System für Betriebe zu verankern. Aber bei Älteren steigt die Arbeitslosigkeit überproportional. Daher ist es sinnvoll, nicht bis 2017 zu warten, sondern das Bonus-Malus-System viel früher umzusetzen.

Bei Sozialminister Hundstorfer stoßen Sie da auf taube Ohren.

Politik ist das Bohren von harten Brettern. Wir bohren jeden Tag. Man kann auch gescheiter werden.

Auch noch der Sozialminister?

Ich lasse das offen, das gilt für die Wirtschaft und für die Politik im Generellen.

Sie fordern im Wahlkampf: „Gerechtigkeit wählen“. Das bedeutet für Sie und die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) Vermögensteuern.

Einkommens- und soziale Gerechtigkeit.

Die Regierung hat nicht einmal ein genaues Datum für die Steuerreform fixiert . . .

Der Eingangssteuersatz bei 1200 Euro liegt bei 36,5 Prozent, das ist dramatisch. Sie werden von mir keinen Zeitpunkt hören. Aber verlieren wir keine Zeit, was die Senkung der Lohnsteuer betrifft. Wir schlagen vor, das über Vermögensteuern zu finanzieren.

Gegen diese Steuer ist aber die ÖVP.

Die ÖVP im Generellen sagt, wir wollen nicht den Mittelstand stärker zur Kasse bitten. Ich frage immer: Sind Euromillionäre der Mittelstand? Wir brauchen kein Schutzprogramm für Millionäre, wir brauchen ein Entlastungsprogramm für Arbeitnehmer.

Der Staat muss Milliarden für die Hypo zuschießen. Da können Sie sich salopp gesagt, die Steuerreform aufmalen.

Das glaube ich so nicht, weil die Regierung, ich zitiere diese, für die Hypo vorgesorgt hat.

Es gibt Kritik, dass bei Ihrer Wahlwerbung nicht sauber getrennt wird zwischen Kaske als FSG-Spitzenkandidat in Wien und der Werbung für die Arbeiterkammer.

Zur Unterstützung der AK-Wahlen erhalten die elf in Wien gewählten Fraktionen eine Sonderdotation von insgesamt einer Million Euro, aufgeteilt nach dem Stärkeverhältnis. Die Kosten für die Wahlorganisation bestreitet die Kammer – etwa für 1200 Betriebssprengel, Briefwahl, Gebühren, TV-Spots für die Beteiligung –, das sind insgesamt sieben Millionen Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2014)

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