Stronach: Ein Mann kauft sich ein ganzes Land

In zehn Jahren hat sich der steirische Werkzeugmacher Franz Strohsack mit Milliardeninvestitionen unvergleichlichen Einfluß in Österreich gesichert. Ein Land kniet vor Frank Stronach.

Lets be Frank - laßt uns ehrlich sein." Mit diesem Wahlkampfslogan mußte Frank Stronach vor 14 Jahren in Kanada seine wohl bitterste Niederlage einstecken. Als Kandidat der "Liberal Party" in der Provinz Ontario konnte er die Wähler partout nicht von sich und seinem segensreichen Wirken für Land und Leute überzeugen. Sein konservativer Kontrahent, ein kleiner Optiker, gewann deutlich.

Bei Wahlen geht es eben anders zu, als im Magna-Konzern, über den Stronach bis heute relativ absolutistisch gebieten kann - dank einer Mehrheit der Stimmrechte, wiewohl er nicht die Aktienmehrheit hält. Denn dort lief und läuft es immer so, wie Stronach es sich vorstellt. Und so soll er vor Jahren seinem Sohn eindeutig erklärt haben, warum er immer mit so großer Mehrheit zum Magna-Präsidenten gekürt wurde: "Weil ich der Beste bin . . ." und nach einer rhetorischen Pause "und weil ich das größte Aktienpaket halte."

Aus seiner bitteren Niederlage des Jahres 1988 zog Stronach seine Lehren - und aus, um fürderhin ein anderes Land, dessen Einwohner und vor allem dessen Politiker von seinen Wohltaten zu überzeugen.

Stronach kehrte noch 1988 nach Österreich zurück, das er 1954 als 22jähriger Werkzeugmacher namens Franz Strohsack verlassen hatte, um in Kanada sein Glück zu machen. Und hier gelang ihm das, was ihm in Kanada verwehrt blieb: Ein ganzes Land tanzt nach seiner Pfeife. "Magnatizing" nennt sich das in der Sprache von Stronachs Konzern. "Magnatizing" nennt sich der gezielte Auf- und Ausbau von Macht und Einfluß, wie ihn Stronach praktiziert - und dafür viel Geld in die Hand nimmt, das er als zwar langfristiges, aber zumeist sehr lohnendes Investment betrachtet.

10.000 Jobs für Österreich

Seit Stronach 1988 nach Österreich zurückkehrte, hat sein Magna-Konzern, der größte Auto-Zulieferer der Welt, immerhin 1,1 Milliarden Euro investiert, 16 Fabriken übernommen oder auf die grüne Wiese gestellt und mehr als 10.000 Arbeitsplätze geschaffen - und der Republik auch latente staatliche Problemfälle, wie den Steyr-Konzern, abgenommen. Vor allem die Steiermark profitiert von der Investitionsfreude des Stronach'schen Konzerns, der in Oberwaltersdorf die Magna-Europazentrale eingerichtet hat.

Wenn Stronach mit den Dollars winkt, dann braucht er auch nicht mehr wirklich gewählt werden, wie etwa in der Fußball-Bundesliga, Motto: "Wer zahlt, schafft an". So ist Stronach nicht nur Präsident der Wiener Austria, die er mit seinen Millionen in die lichten Höhen eines Siegers der Champions League führen will, sondern auch Präsident der Fußball-Bundesliga. Auch hier versorgt er ehemalige Politiker, die ihm nützlich sein könnten. So war es denn auch nur Formsache, daß der ehemalige FPÖ-Generalsekretär Peter Westenthaler in der vergangenen Woche zum Bundesliga-Vorstandsdirektor gekürt wurde. Da reichte es völlig, daß Stronach vorher "den Herren sagte, sie sollen nachdenken", und deponierte: "Wenn ihr meine Vorschläge nicht annehmen wollt, dann braucht ihr mich nicht."

Auch die Millionen, die Stronach als vorgeblicher Wohltäter, dem es "in erster Linie um den österreichischen Fußball geht", in den Breitensport pumpt, will er bestens verzinst wieder verdienen: mit seiner geplanten Sportwetten GmbH. Dafür will er auch Lotterien und ORF ins Boot holen. Beim ORF werden ihm Westenthalers Kontakte noch sehr nützlich sein. Das Beispiel, wie sich Sport rechnen kann, exerziert Stronach, der mit 1500 Pferden der größte Rennstallbesitzer der Welt ist, in Kanada vor, wo Magna Entertainment den Markt der Sportwetten beherrscht.

Auffangnetz für Ex-Politiker

Um die Lotterien und damit den Mehrheitsgesellschafter Casinos Austria ins Boot zu holen, kann Stronach ein anderer Politiker hilfreich sein, für den er ebenfalls ein Auffangnetz gestrickt hat: Finanzminister Karl-Heinz Grasser, der nach seinem ersten Zerwürfnis mit Jörg Haider vom Job des Kärntner Landeshauptmann-Stellvertreters als Kommunikationschef in die österreichische Magna-Zentrale gewechselt war. Grasser hat auch heute eine Job-Zusage von Stronach in der Tasche. Und Grasser hat bereits öffentlich vorgeschlagen, daß die Nationalbank ihre Anteile an den Lotterien verkaufen sollte. Erster Interessent: Magna Entertainment.

Die finanziellen Lasten von Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, die für Millionenverbindlichkeiten aus einer Pleite ihres Mannes, des Tiroler Steuerberaters Michael Passer, haften muß, lindert Stronach, indem das Stronach-Imperium auf Passers Know-how als Beraterin zurückgreift. Die Vizekanzlerin selbst wird für eine Führungsfunktion in Stronachs Sportwetten-Reich gehandelt, auch wenn sie jedes Jobangebot Stronachs bislang vehement in Abrede stellt.

Aber nicht nur mit den Blauen hat Stronach enge Bande geknüpft. Der mit seinem "War Room" im Wahlkampf 1999 und einem Schuldenberg von mehr als 20 Millionen Euro für die Partei als SPÖ-Geschäftsführer spektakulär gescheiterte Andreas Rudas heuerte als Grasser-Nachfolger auf dem Posten des Magna-Kommunikationschefs an. Im Magna-Aufsichtsrat sitzt mit Franz Vranitzky immerhin ein ehemaliger Bundeskanzler und mit Gerhard Randa der Chef der deutlich größten heimischen Bank. Und SP-Pensionistenboß Karl Blecha darf mit seiner Firma Mitropa als wohlbestallter Berater von Magna agieren.

Den Kontakt zur ÖVP decken die Steirer ab. Frau Landeshauptmann Waltraud Klasnic und ihr Wirtschaftslandesrat Herbert Paierl sind stets zur Stelle, wenn es gilt, den Großinvestor gewogen zu machen. Der unkonventionelle steirische VP-Querdenker Gerhard Hirschmann war bereits mehrfach drauf und dran, der Politik ade zu sagen und bei Stronach anzuheuern.

Selbst wenn Projekte, wie Stronachs berühmt berüchtigte Kugel in Ebreichsdorf scheitern und sich niederösterreichische Landespolitiker, wie einst Innenminister Ernst Strasser, als er noch Klubobmann im Landtag war, darob stolz auf die Brust klopfen, wie wenig man sich von Stronachs Milliarden beeinflussen lasse, werden hinter den Kulissen die Wogen rasch geglättet. Und so bekommt Stronach eben mit Beteiligung der niederösterreichischen Landesinvestgesellschaft Eco-Plus einen Gewerbepark in Marchegg, direkt am Rande des Naturschutzgebietes, um von dort aus die Slowakische Fahrzeugindustrie zu beliefern.

"Schutzgeld an die Mafia"

Auch die Gewerkschaft hat mit Stronach inzwischen nolens volens Frieden geschlossen, obwohl dieser bis heute von Betriebsräten in seinem Imperium nicht viel wissen will. Vor drei Jahren noch hatte Stronach Gewerkschaftsbeiträge als "Schutzgeldzahlungen an die Mafia" bezeichnet. Der Anlaß: Magna hatte eine steirische Mitarbeiterin auf die Straße gesetzt, weil sie offen Betriebsräte gefordert hatte. Nach Protesten ließ Stronach im betroffenen Magna-Werk abstimmen, ob die Mitarbeiterin wieder eingestellt werden solle, und nannte dies gelebte Demokratie.

Denn gut hat auch für Mitarbeiter zu sein, was Stronach als gut empfindet, und das ist in der "Magna Charta" festgeschrieben, die für alle 67.000 Mitarbeiter weltweit gilt, die in 173 Werken einen Jahresumsatz von 11,2 Milliarden Euro erwirtschaften. Darin steht unter anderem, daß Unternehmer und Arbeitnehmer die gleichen Interessen haben. In einem solchen Umfeld wirken Klassenkämpfer wie Gewerkschafter nur störend. Denn was sollen diese noch wollen, wenn ohnehin zehn Prozent des Gewinns an die Mitarbeiter verteilt werden, ist die simple Philosophie des Auswanderers Strohsack, der in einer Garage begonnen hat, Zulieferteile für Autohersteller zu basteln. Einklagbare Rechte, wie sie heimischen Arbeitnehmern zustehen, sind das nicht. Es muß reichen, daß es heißt: Laß uns ehrlich sein - Let's be Frank.


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