Personenschutz für Winter nach islamischem Drohvideo

APA (Wiesner)
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Terrordrohung auf YouTube wegen anti-islamischer Ausfälle. Die Kritik an der Grazer FPÖ-Spitzenkandidatin hält weiter an.

Die Dramaturgie passt perfekt: Heinz-Christian Strache beendet die mit halbstündiger Verspätung gestartete Pressekonferenz am Dienstagvormittag in Graz. Mikrofone und Kameras nähern sich für abschließende Fragen dem FPÖ-Obmann. Der zückt sein silber glitzerndes Handy aus der Tasche. Ein kurzer Blick. "Da ham wir's schon: Die ersten Drohvideos", murmelt er.

"Susanne Winter - des war ein Fehler von dir - insallah wirst du bestraft für des was du gesagt hast." Mit diesen Worten beginnt das knapp fünf Minuten lange Drohvideo gegen die Grazer FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter, das am Dienstag auf dem Online-Videoportal YouTube aufgetaucht ist und inzwischen wieder entfernt wurde. Der Titel: "Anti Susanne Winter und Ungläubige."

Die Video-Botschaft zeigt zunächst einen Mitschnitt von Winters Rede beim Grazer FPÖ-Neujahrstreffen am Sonntag, in der sie die vielfach kritisierte Aussage getätigt hat, dass Mohammed in der heutigen Zeit ein "Kinderschänder" wäre und dass er den Koran "in epileptischen Anfällen" verfasst habe.

Brennendes World Trade Center

"Das war ein Fehler", lautet die Botschaft an die freiheitliche Politikerin. "Und mit solchen Menschen hast du dich angelegt. Diese Menschen sind Allah seine Krieger. Diese Krieger sind wir - die Moslems - mit denen du Susanne jetzt ein Problem hast." Es folgen Maschinengewehrsalven und arabische Musik, kombiniert mit Bildern von Kriegsschauplätzen im Nahen Osten, betenden und bewaffneten Muslimen.

Das rauchende World Trade Center vom 11. September 2001 wird an den Schriftzug gekoppelt: "Schau her Susanne wegen deiner Aussage kann sowas Ähnliches auch in deinem Land passieren - du bist verantwortlich dafür." Die Botschaft richtet sich im Übrigen nicht nur an Winter, "sondern an alle Ungläubigen die kein Respekt vor Allah und dem Islam haben. Insallah kommt der Tag an dem ihr bestraft wird." Die Urheber des Videos sind bisher unbekannt. Am Ende heißt es nur: "Made by Bilal & Jasko."

Das Innenministerium bestätigte Dienstagmittag Ermittlungen zum Droh-Video gegen die Grazer FP-Chefin. Derzeit sei man dabei, die Urheber des auf der Internet-Plattform YouTube veröffentlichten Videos zu ermitteln. Erst dann könne eine endgültige Bewertung und Einschätzung abgegeben werden. "Wir nehmen das natürlich sehr ernst", meinte Ministeriums-Sprecher Rudolf Gollia zur "Presse". Winter hat Personenschutz von der Polizei-Sondereinheit Cobra angeboten erhalten und wird diesen auch in Anspruch nehmen.


Das Video hat möglicherweise einen serbischen Hintergrund. Am Ende des knapp fünfminütigen Clips ist ein Wappen zu sehen, das immer wieder mit der Region Sandschak, in der hauptsächlich Muslime leben, in Verbindung gebracht wird. Über dem Wappen ist der bosnische Schriftzug "Sandzaklije _ smo mi - Oni pred kojim drhtu svi" zu lesen. Übersetzt heißt das: "Sandschaken sind wir, vor denen alle zittern."

Aufruf zur Tötung Winters

Wie Dienstagabend bekannt wurde, hat die "Globale Islamische Medienfront" (GIMF) in e-mails an den "ORF-Report" und die Zeitung "Österreich" zur Tötung Winters aufgerufen. Darin wird zudem der Integrationsbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft Omar Al-Rawi (SPÖ) als "Agent der Ungläubigen" bezeichnet: "Seine Aufgabe wäre es, das islamische Urteil über solche Leute wie Susanne Winter zu erklären, nämlich dass diese Leute getötet werden müssen und ihr Besitz und ihr Blut für die Muslime erlaubt ist." Die Beleidiger des Propheten müssten getötet werden, so die GIMF. Weiters wies sie darauf hin, dass "wir die anderen FPÖ-Politiker genauso wie Susanne Winter ansehen, solange diese sich nicht von diesen Aussagen distanzieren".

Indes bleibt Susanne Winter dabei: "Ich kann mich nicht entschuldigen, weil ich es nicht böse gemeint habe." Sie wollte "nur Umstände aufzeigen, die im Argen liegen." Man hätte das auch anders formulieren können, relativierte der nach Graz geeilte FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache zunächst. Er sprach von einer "überspitzten Formulierung". Es sei aber "unglaublich perfid", wie jetzt versucht werde, Winter für den Terror in London und Madrid verantwortlich zu machen. Das seien "lächerliche Verhetzungsversuche".

Außerdem verwies der FPÖ-Chef auf "tausende Zwangsbeschneidungen in Österreich" und Zwangsverheiratungen, von denen zu 50 Prozent muslimische Mädchen betroffen seien. Strache berief sich auf einen Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien, in dem derartige Zahlen allerdings nicht vorkommen. "Wir lassen uns nicht instrumentalisieren", so Jugendanwältin Monika Pinterits auf "Presse"-Nachfrage.

Die Kritik an Winter hält an. Bundespräsident Heinz Fischer verurteilte die Aussagen als "absolut unakzeptabel": "Das war nicht die Stimme Österreichs, das war eine Stimme, von der wir uns distanzieren." Als "erschreckend" bezeichnete der Tiroler Landeshauptmann Herwig van Staa (ÖVP) die "Ausfälle" Winters. Jörg Haider (BZÖ) meinte, es sei nicht zielführend, "über den 1500 Jahre alten Mohammed zu diskutieren und somit eine Einladung an Bombenleger auszusprechen".

STEIN DES ANSTOSSES

Mit rüden verbalen Ausritten sorgte Susanne Winter am Sonntag beim FPÖ-Neujahrstreffen in Graz für Aufregung. Sie warnte vor einem „islamischen Einwanderungs-Tsunami über Graz“ und forderte, den Islam „dorthin zurückzuwerfen, wo er hergekommen ist: jenseits des Mittelmeeres“. Den Koran habe Mohammed „in epileptischen Anfällen“ geschrieben. Außerdem wäre er heute „ein Kinderschänder, weil er ein sechsjähriges Mädchen geheiratet hat“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2008)

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