„Wir sind extrem unzufrieden“

Der Grazer Migranten-Beirat übt Kritik an Politik und „Nazi-Sprüchen“.

Wien. Am Sonntag wird in Graz der Gemeinderat gewählt – aber auch Ausländer dürfen ihre Stimme abgeben: Sie wählen den „MigrantInnenbeirat“. Diesen gibt es seit zwölf Jahren, und er soll die Politik bezüglich der Probleme von Migranten beraten. Der Vorsitzende des Beirats, Emmanuel Kamdem, übt aber im Vorfeld scharfe Kritik an den Grazer Politikern.

„Wir sind extrem unzufrieden“, sagt Kamdem im Gespräch mit der „Presse“. Es gebe „überhaupt keine Möglichkeit, im Gemeinderat mitzureden“, so der Beiratsvorsitzende. Angesprochene Politiker würden zu den Vorschlägen zwar „Ja, ja, ja“ sagen. „Aber nichts passiert“, ärgert sich der 39-jährige Kameruner. Er fordert mehr Rechte, denn „sonst macht es keinen Sinn, einen Beirat zu haben“. Konkret fordert Kamdem etwa, dass man einmal pro Jahr vor dem Gemeinderat seine Vorschläge präsentieren kann.

Besonders erbost ist er freilich über die Äußerungen von FPÖ-Spitzenkandidatin Susanne Winter. „Das ist dumm“, meint Kamdem und fügt hinzu: „Mich wundert, wie Österreich mit diesen Nazi-Sprüchen umgeht“. So sollte man der FPÖ-Spitzenkandidatin eigentlich keine mediale Bühne bieten. Denn das Kalkül Winters sei aufgegangen: „Vor ein paar Wochen war diese Frau unbekannt. Jetzt ist sie berühmter als mancher Bundes-Politiker. Das wird ihr bei der Wahl nützen“, fürchtet Kamdem.

Nach Kritik „weniger Budget“

Seine Kritik richtet sich freilich nicht nur gegen die FPÖ. Auch mit ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl geht Kamdem scharf ins Gericht. Dieser habe dem Migrantenbeirat das Budget um 70 Prozent gekürzt, nachdem man sich Kritik am Stadtchef erlaubt habe, so Kamdem.

Alles in Graz sei aber nicht schlecht, relativiert der Afrikaner: So sei es gut, dass der Migranten-Beirat eingerichtet wurde. Für Informationen zur Wahl am Sonntag habe die Stadt dann aber wieder kein Geld springen lassen. Trotzdem hofft Kamdem diesmal auf eine höhere Beteiligung der rund 19.000 zum Beirat wahlberechtigten Nicht-EU-Bürger. Bei den letzten Wahlen haben nur 14 Prozent der Grazer Migranten votiert.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2008)

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