Burschenschaften: „Das waren die wilderen Hund'“

(c) AP (Hans Punz)
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Aus den Unis wurden sie verbannt, doch in der Politik haben sie ihre Funktionen. Zumindest elf von 21 Mandataren sind einschlägig zuordenbar.

WIEN. FPÖ-Wissenschaftssprecher Martin Graf ahnte Böses: „Wer im Verdacht steht, Freiheitlicher zu sein, wurde kurzerhand eliminiert.“ Die Bundesregierung hatte eben jene Kandidaten präsentiert, die sie demnächst in die Universitätsräte entsenden wird. Mit dem Ergebnis, dass ein halbes Dutzend Burschenschafter, die 2002 unter schwarz-blauer Herrschaft in die Unis eingezogen waren, rausflogen – und durch rote oder schwarze Gewährsleute ersetzt wurden. Ein Umstand, der die Hochschülerschaft zum „tief Durchatmen“ veranlasste, gilt doch das Gros der Männerbünde als deutschnational.

In der Politik hingegen ist der Einfluss der Burschenschafter ungebrochen. Ein Blick in die FPÖ-Reihen ist ein Streifzug durch Österreichs Verbindungs-Landschaft: Zumindest elf von 21 Mandataren sind einschlägig zuordenbar. Parteichef Heinz-Christian Strache gehört der pennalen Mittelschulverbindung Vandalia an. Martin Graf ist Mitglied der Olympia – einer Burschenschaft, die schon Holocaust-Leugner David Irving als Festredner eingeladen hat.

Lutz Weinzinger nennt die Bruna Sudetia seine geistige Heimat, wo noch im Jahre 1971 vom „großen Reiche aller Deutschen“ geträumt wurde. Reinhard Bösch ist „Alter Herr“ bei der Burschenschaft Teutonia Wien, Robert Aspöck bei der Alten Gymnasialverbindung Rugia Salzburg, Manfred Haimbuchner beim Linzer Ableger des Corps Alemannia Wien. Die akademische Sängerschaft Skalden zählt Ewald Stadler zu ihren Mitbrüdern, während Werner Neubauer bei der Teutonia Linz eingeschrieben und, ganz nebenbei, auch als Autor für das Burschenschafter-Zentralorgan „Aula“ tätig ist.

Wolfgang Zanger gehört dem Grazer Corps Vandalia und dem Knittelfelder Corps Austria an, Alois Gradauer ist schlagender Pennäler. Und dann wäre noch Peter Fichtenbauer: Mitglied der Ferialverbindung deutscher Hochschüler, Gmünd. Im Jahr 2003 fungierte der Anwalt zwischenzeitlich als Vizeobmann des Vereines „Zur Pflege des Grabes von Walter Nowotny“. Der machte sich das Gedenken an den 1944 verstorbenen NS-Fliegerhelden zur Aufgabe, das Grab avancierte zum Treffpunkt der rechten Szene.

Der FP-Parlamentarierin und niederösterreichische Spitzenkandidatin Barbara Rosenkranz werden zumindest familiäre Verstrickungen in diese Kreise nachgesagt, ihr Mann war Aktivist der verbotenen NDP. Seit 1991 ist Horst Jakob Rosenkranz Vorsitzender der „Kritischen Demokraten“, diese gelten als rechtsextrem.

Auch der junge Häupl dabei

Und in den anderen Parteien? ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein ist „Alter Herr“ des deutschnationalen Akademischen Turnvereins in Graz. Der einstige FPÖ- und heutige BZÖ-Primgeiger Jörg Haider kommt aus der Silvania Wien und Albia Bad Ischl.

Und selbst der derzeitige Wiener SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl gehörte in seinen Jugendjahren der Rugia Krems an. Warum sich ausgerechnet der katholische Internatsschüler dem blauen Lager angeschlossen hatte und sogar zum Sprecher der Rugia aufgestiegen war, beantwortete dieser einmal so: „Das waren einfach die wilderen Hund'.“ In seiner Universitäts-Zeit wechselte der jetzige Vizechef der Bundes-SPÖ dann das politische Lager.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.02.2008)

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