Sozialpartner: Einigung beim Nichtraucherschutz

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Wahlfreiheit für Wirte – Personal darf problemlos den Job wechseln. Ein Teil der Ärzteschaft revoltiert gegen die Wahlfreiheit.

WIEN. Das knifflige Rätsel um einen verbesserten Nichtraucherschutz in der Gastronomie ist gelöst: Dienstleistungsgewerkschaft Vida und Wirtschaftskammer haben sich nun auf einen gemeinsamen Vorschlag geeinigt. Dieser wird am Montag präsentiert und der Bundesregierung übergeben.

Details des Maßnahmen-Pakets der Sozialpartner liegen der „Presse“ vor:
•Jedes Lokal muss in Raucher- und Nichtraucherzone gesplittet werden – es sei denn, die räumliche Trennung ist aus bau- oder feuerpolizeilichen Gründen nicht möglich. Dann soll der Wirt selbst entscheiden dürfen, ob er seinen Gästen das Rauchen gestatten will.
•Ein Raucher-Lokal muss jedenfalls auch als solches gekennzeichnet sein – mit Warnhinweisen beim Eingang, die jenen auf Zigarettenpackungen entsprechen.

„Es gibt genug Arbeitsplätze“

•Gleichzeitig soll das Personal so gut wie möglich vor dem Passivrauchen geschützt werden. Und zwar so: Es gilt die freie Wahl. Wer rauchbedingt das Lokal und also auch den Arbeitsplatz wechseln will, dem darf kein Stein in den Weg gelegt werden. Sprich: In diesem Fall bleiben die Abfertigungsansprüche erhalten.

Anton Herzmaier, Präsident des Österreichischen Gastwirte-Verbandes, hält diesen Ansatz für „absolut gerechtfertigt“, wenn er im Gespräch mit der „Presse“ auch einräumt, „dass die meisten Mitarbeiter im Gastgewerbe ohnehin selber rauchen“. Insofern dürfte die Praxis auch keine gröberen Probleme bereiten: Es gebe „jedenfalls genug Arbeitsplätze für Raucher und Nichtraucher“.
•Besonders schützenswert sind nach Ansicht der Verhandlungspartner die Lehrlinge. Sie sollen zumindest in Nichtraucherbereichen ausgebildet werden – wenn möglich, dann überhaupt gleich in rauchfreien Lokalen. Unabhängig davon, ob sie selbst am Glimmstängel hängen.
•Nebenher wird auch ein regelmäßiger Gesundheits-Check für die Arbeitnehmer angeregt. Vor allem die Gewerkschaft pocht auf eine Lungen-Untersuchung, um potenziellen Erkrankungen vorbeugen zu können.

Die Verhandlungen zwischen dem Vorsitzenden der Vida, Rudolf Kaske, und dem Gastronomen-Obmann in der Wirtschaftskammer, Helmut Hinterleitner, seien „teils sehr intensiv“ geführt worden, hieß es von beiden Seiten. Auch und vor allem, weil Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (ÖVP) ordentlich auf dem Gaspedal steht: Sie hat die Arbeitnehmerschutz-Expertise zwar an die Sozialpartner ausgelagert, aber ein Ergebnis bis spätestens Ende April gefordert.

Nicht ohne Grund: Denn Kdolsky hat ihrerseits den Auftrag, die Vorlage noch im Mai dem Ministerrat zu unterbreiten, damit das neue Gesetz per 1. Jänner 2009 in Kraft treten kann. Zuvor aber muss sie sich noch koalitionsintern mit Sozialminister Erwin Buchinger einigen, dem Rauch-Beauftragten auf Seiten der SPÖ.

Revolte in der Ärzteschaft

Während die finalen Gespräche in den nächsten Tagen auf Regierungsebene starten, revoltiert ein Teil der Ärzteschaft gegen die Wahlfreiheit. Vor allem Vertreter der Med-Universität Wien setzen alle Hebel in Bewegung, um die Politik von der Notwendigkeit eines generellen Rauchverbots zu überzeugen. Ihr Argument: Von 100 Lungenkrebs-Patienten würden gerade einmal 15 überleben.

Pikantes Detail am Rande: Ärztekammer-Präsident Walter Dorner hat sich zuletzt persönlich für die Wahlfreiheit kleiner Wirte ausgesprochen.

AUF EINEN BLICK

Gewerkschaft und Wirtschaftskammer haben jetzt für den Nichtraucherschutz einen gemeinsamen Vorschlag erarbeitet: Kleine Wirte sollen frei wählen dürfen zwischen Raucher- und Nichtraucher-Betrieb, das Personal soll mit verschiedenen Maßnahmen vor dem Passivrauchen geschützt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2008)

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