Spindelegger: „Josef Pröll ist eine geniale Figur“

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Zum Homo-Pakt am Standesamt sagt Michael Spindelegger im Interview mit der "Presse" dennoch Nein.

Die Presse: Die ÖVP leistet sich den Luxus, über die Frage Homo-Partnerschaft am Standesamt zu streiten. Auf welcher Seite stehen Sie?

Michael Spindelegger: Entscheidend ist, dass Diskriminierungen nicht mehr bestehen. Die Frage der Zeremonie sollte man pragmatisch sehen. Ich glaube, dass die Vorschläge abseits des Standesamts, die Bezirkshauptmannschaft oder das Bezirksgericht, sehr vernünftig sind. Und ich glaube, dass die Betroffenen selbst ein Interesse daran haben, dass sie nicht der Spielball der Öffentlichkeit werden.

Also Standesamt ja oder nein?

Spindelegger: Nein. Mir wäre eine andere Variante lieber. Weil am Standesamt der Eindruck erweckt wird, es sei eine Ehe. Es ist aber keine Ehe. Und es ist ja so, dass am Standesamt zur schönen Jahreszeit besonders gerne geheiratet wird – das führt automatisch zum Kontakt zwischen heterosexuellen und homosexuellen Paaren. Ob das so gut ist, sei dahingestellt.

Wäre es nicht besser zu sagen: Erledigen wir das anständig, dann haben wir das leidige Thema aus der Welt.

Spindelegger: Ich glaube auch, dass es jetzt einmal erledigt gehört. Darum erwarte ich mir, dass es in der nächsten Klubsitzung bei uns eine Diskussion darüber gibt – und auch eine Entscheidung.

Der Umgang mit der Homo-Partnerschaft gilt als Gradmesser der Liberalität in der ÖVP.

Spindelegger: Ich halte das nicht für den geeigneten Gradmesser. Denn es handelt sich hierbei um Menschen, die den Eindruck haben, dass sie offenbar diskriminiert werden. Das soll man auch abstellen. Aber ich glaube, dass ganz andere Fragen für die Liberalität wichtig sind. Etwa die der Globalisierung. Hier muss man da und dort jedoch auch Schranken definieren, dass es nicht zu weit geht.

Ist Josef Pröll seiner Partei einen Schritt voraus?

Spindelegger: Ich halte Pröll für eine geniale Figur in unserer Volkspartei, weil er mit der Perspektivengruppe Themen angerissen hat, die für unsere Fortentwicklung wichtig sind. Er wurde jetzt auch nicht abgekanzelt. Es ist nur so, dass er seine Richtung da oder dort nicht durchgesetzt hat. Er ist aber ein Ideenbringer, den wir brauchen.

Sind Sie für eine Vermögenszuwachssteuer?

Spindelegger: Ich kann mir vorstellen, die bestehende Spekulationssteuer – wenn ich innerhalb eines Jahres Aktien verkaufe – auf drei Jahre zu erweitern.

„Gott schütze die ÖVP, wenn sie das nicht einhält“, sagt Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl.

Spindelegger: Ich weise es aufs Schärfste zurück, dass man mit den religiösen Gefühlen anderer spielt. Vereinbart wurde lediglich, dass man an eine solche Steuer denkt, wenn die internen Sparmaßnahmen für die Gesundheitsreform nicht ausreichen.

Wird da nicht bereits versteuertes Geld noch einmal besteuert?

Spindelegger: Das ist aber auch beim Sparbuch so.

Die ÖVP will also kein Volk von Aktionären?

Spindelegger: Ganz im Gegenteil. Viele Leute, die nicht zu den Reichsten zählen, haben heute Aktien. Auch die Pensionssicherung haben wir zum Teil auf diesen Sektor abgestellt. Das wollen wir jetzt nicht wieder einschränken. Daher: Erhöhung der Spekulationsfrist Ja, aber keine Vermögenszuwachssteuer von der Linke träumen, indem jedes Vermögen zusätzlich eine Steuer bekommt.

Fürchten Sie die Rache der EU-Vertrags-Volksabstimmungs-Befürworter bei der Europa-Wahl 2009?

Spindelegger: Durch die Polarisierung ist das Thema wieder stärker am Stammtisch präsent. Das müssen wir nützen, um die Information über die EU zu verstärken. Ich plane im Herbst etwa die Veranstaltung „Europa der Generationen“ – da laden wir Schüler mit ihren Großeltern ein.

Soll Wolfgang Schüssel ÖVP-Klubobmann bleiben?

Spindelegger: Er ist es. Und er soll es bleiben.

ZUR PERSON

Michael Spindelegger (48) ist seit Oktober 2006 Zweiter Nationalratspräsident. Zuvor war der Niederösterreicher stellvertretender Klubobmann der ÖVP im Parlament. Der Jurist war auch außenpolitischer Sprecher seiner Partei. Er kommt vom Arbeitnehmerflügel ÖAAB und ist auch dessen NÖ-Landesobmann, sein Mentor war Robert Lichal. Zwei Jahre lang war der zweifache Familienvater Abgeordneter im EU-Parlament – als Mitglied der ersten österreichischen Abordnung in Brüssel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2008)

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