Steuerflucht mitsamt der Immobilie

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Hypotheken, Fruchtgenuss- und Nutzungsrechte: Wie man seine Immobilie richtig „entwertet“ und so der drohenden Mittelstands-Millionärssteuer entkommt.

Wien. Für die Fans der Millionärssteuer hat besonders die Besteuerung von Immobilien viel Charme: Die zu rupfenden „Gstopften“ können zwar ihr Geld und ihre Aktien blitzschnell ins Ausland verbringen, so die romantische Vorstellung. Aber die Villa, die kann man nicht einfach unter den Arm nehmen, da gibt es kein Entkommen.

Beides stimmt natürlich nicht. Erstens haben die meisten Länder mit Vermögenssteuern das sogenannte Welteinkommensprinzip: Egal, wo das Vermögen gebunkert wird, es ist am Wohnsitz zu versteuern. Wer also sein Vermögen aus Steuergründen ins Ausland verbringen will, sollte gleich mitziehen und sich tunlichst nicht mehr als ein halbes Jahr im alten Wohnort blicken lassen. Sonst schlägt die Steuer zu.

Auf der anderen Seite sind Immobilien wiederum alles andere als immobil: Man kann sie mit Krediten belasten, man kann sie in Stiftungen einbringen, man kann sie seinem Briefkasten auf den British Virgin Islands verkaufen und dann zurückmieten. Und schon ist es kein versteuerbares Vermögen mehr. Allerdings wird die Sache durch die zunehmend erzwungene Transparenz in den Steueroasen immer schwieriger.

Die Stiftung ist aber immer noch ein guter Tipp. Entweder eine österreichische oder, noch besser, eine Liechtensteiner Familienstiftung. Denn wenn es der Stiftung gehört und nicht mehr einem selbst, schaut die Finanz wohl durch die Finger.

Daran sieht man schon, dass echte Millionäre die eindeutig besseren Karten haben. Denn für den „Keuschler“, dessen vor fünfzig Jahren günstig erworbene Hütte bei Kitzbühel plötzlich einen Millionenwert darstellt, ohne dass er sich davon etwas abbeißen kann, kommen Stiftung und Steueroasen-Briefkasten ja eher weniger in Betracht.

Doch auch abseits der großen Vermögen, im Bereich der Häuselbauer und Eigentumswohnungsbesitzer, zeichnen sich Möglichkeiten ab, vermögensbezogene Steuern auf Immobilien zu reduzieren. So könnte man zum Beispiel eine Immobilie künstlich „entwerten“, indem man sie mit Nutzungsrechten dritter Personen belastet. Damit sinkt klarerweise der Verkehrswert.

Angenommen, Eltern überschreiben dem Nachwuchs eine Wohnung, behalten sich aber selbst dort ein – im Grundbuch eingetragenes – lebenslanges Wohnrecht oder sogar Fruchtgenussrecht vor. Dann ist der Vermögenszuwachs, den der Sprössling erhält, entsprechend geringer, als wenn ihm eine unbelastete Immobilie geschenkt würde. Bei einem Fruchtgenussrecht – das bedeutet, dass die Eltern die Wohnung nicht nur selbst bewohnen, sondern auch vermieten dürfen – wäre die Entwertung noch größer. Faktisch sind solche Liegenschaften kaum veräußerbar, denn wer kauft schon eine Wohnung, mit der man nichts anfangen kann, weil jemand anderer ein Nutzungsrecht auf Lebenszeit hat? Auch das Alter der Nutzungsberechtigten spielt dabei eine Rolle: Je jünger die Eltern in dem Fallbeispiel sind, desto größer ist der Wertverlust der Immobilie.

Es kommt übrigens auch gar nicht darauf an, ob die Eltern ein solches Nutzungsrecht überhaupt brauchen. Man kann es sich klarerweise auch an einer Liegenschaft vorbehalten, die man selbst nie bewohnt hat. Und man verliert es auch nicht, wenn man es über Jahrzehnte nicht nützt.

Beim Vererben kann das übrigens auch funktionieren, wenn auch nicht so effektiv: Einem Angehörigen vererbt man das Haus, einem anderen räumt man ein Nutzungsrecht ein. Dann ist das vererbte Haus entsprechend weniger wert. Auch das müsste bei vermögensbezogenen Steuern wohl berücksichtigt werden. Allerdings würde dann wohl – sollte es wieder eine Erbschaftsteuer geben – auch derjenige, der das Wohnrecht erbt, zur Kasse gebeten. Unterm Strich könnten beide zusammen trotzdem besser fahren, weil ein Wohnrecht per se weniger wert ist als eine unbelastete Immobilie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2014)

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