Koalitionskonflikt: 5000 Euro Steuer für eine Million

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NATIONALRAT: FAYMANN/OSTERMAYER(c) APA/ROBERT JAEGER (ROBERT JAEGER)
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Die SPÖ legt sich bei der Reichensteuer fest: Sie soll nach Schweizer Vorbild zwischen 0,1 und 0,9 Prozent betragen. Die höchste Steuerlast trägt schon jetzt der Mittelstand.

Wien. Wenn in der SPÖ Not am Mann ist, muss Regierungskoordinator Josef Ostermayer her. Nach dem hilflosen Auftritt von Finanzstaatssekretärin Sonja Steßl am Dienstagabend in der „ZiB2“ zur Vermögenssteuer, rückte am Mittwoch Ostermayer als rechte Hand von Bundeskanzler Werner Faymann aus. Der Kanzleramtsminister legte erstmals seit der Wahl die Linie der SPÖ bei der Reichensteuer fest. Für Vermögen über einer Freigrenze von einer Million Euro sollen demnach gestaffelt 0,1 bis maximal 0,9 Prozent Steuer fällig werden. Die ÖVP-Spitze lehnt Millionärssteuern weiterhin strikt ab.


• Strategie gegen ÖVP. Mit dieser Festlegung antwortet die SPÖ auf die seit Monaten von der ÖVP vorgebrachte Kritik, die Reichensteuerpläne der SPÖ würden den Mittelstand in Österreich treffen. Nach dem SPÖ-Modell würden Vermögen bis zu einer Million Euro nicht unter die angestrebte neue Steuer fallen. Bei einem Vermögen von zwei Millionen Euro wäre die Steuer für die zweite Million zu bezahlen. In der Praxis wäre dafür eine Steuer ab 0,1 Prozent zu entrichten, also 1000 Euro. Im Durchschnitt rechnen die Sozialdemokraten mit einem Steuersatz von 0,5 Prozent, also 5000 Euro pro Million Euro Vermögen.


• Was gilt als Vermögen? Nach dem SPÖ-Modell würde die neue Steuer für das gesamte Vermögen einer Einzelperson ab einer Million Euro fällig: Zusammengerechnet werden also das Barvermögen, der Wert des Hauses/der Wohnung, der Aktienbesitz, der Wert der Autos, Bilder und kostbarer Schmuck. Ausdrücklich ausgenommen bleibt laut Ostermayer Betriebsvermögen.

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• Wie erfolgt die Umsetzung? Nach dem SPÖ-Konzept soll der Steuerpflichtige selbst sein Vermögen ausrechnen und bei der Finanz bekannt geben. Unehrlichkeit fürchtet Ostermayer nicht, in der Schweiz funktioniere die Selbstdeklaration sehr gut. Eine Abwanderung reicher Inländer, wie dies in Frankreich nach Einführung der Reichensteuer passiert ist, erwartet er nicht.

• Wie ist die Steuer gestaffelt? Die SPÖ plant ihre Steuer nach dem Vorbild der Schweiz. Dort gibt es eine Bandbreite von 0,1 Prozent bis 0,9 Prozent. Die genaue Ausformung sei nicht fixiert, sondern Teil der Verhandlungen der Steuerreformkommission, ebenso wie etwa die Frage, ob Hauptwohnsitze in die Berechnung einbezogen werden.

Die SPÖ kommt – abzüglich des Freibetrags – auf 80.000 Österreicher, die unter die geplante Steuer fallen. Diese Millionäre besitzen laut einer Studie der Uni Linz im Auftrag der Arbeiterkammer etwa 390 zu besteuernde Milliarden Euro. Damit käme man auf knapp zwei Milliarden Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen (die SPÖ kalkuliert mit 1,5 Milliarden Euro). Die Mittel sollen teilweise die Lohnsteuerentlastung der Arbeitnehmer ab 2015 finanzieren.

Im Büro von Finanzminister Spindelegger zweifelt man an der Glaubwürdigkeit der AK-Studie und bezeichnete sie als „SPÖ-Bluff“. Zugleich wurde das Nein zu Vermögensteuern bekräftigt: „Der Weg zu einer ehrlichen Steuerentlastung führt über Reformen und nicht über neue Steuern.“

Derzeit trägt der Mittelstand die Hauptlast am Steueraufkommen. Daten der Statistik Austria belegen, dass Einkommen zwischen einer Bemessungsgrundlage zwischen 25.000 und 60.000 Euro brutto pro Jahr etwa 50 Prozent der jährlichen Lohnsteuer ausmachen. Dabei fallen nur 21 Prozent aller in Österreich unselbstständig Beschäftigten in diese Gruppe (siehe Grafik). Doch diese Gruppe, für die ein Steuersatz von 43,2 Prozent gilt, ist in den vergangenen Jahren ständig größer geworden: von 18 Prozent 2009 auf 21 Prozent 2012.

Die Spitzenverdiener in Österreich (Bemessungsgrundlage 60.000 Euro brutto, Einkommen etwa 73.000 Euro brutto) kamen für fast ein Viertel der Lohnsteuer auf (24,6Prozent). 2,5Millionen Österreicher bezahlten 2012 überhaupt keine Lohnsteuer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2014)

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