Pensionsalter: Versteckte Fouls bei Frühpensionen

Versteckte Fouls bei Frühpensionen
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Die Österreicher sollen länger arbeiten. Aber vorerst ist die geplante Gesetzesbasis für die Kontrollen blockiert. Gezerre gibt es um Statistiktricks, Quoten für Ältere und Beamte.

Wien. Alle paar Monate wieder spitzt sich in der Regierung mit den Sozialpartnern im Hintergrund der Konflikt um das Eindämmen der Frühpensionen zu. Bei den Koalitionsverhandlungen verzögerte der von der ÖVP durchgeboxte fixe Zeitplan zur Anhebung des durchschnittlichen Pensionsalters von 58,4 auf 60,1 Jahre bis 2018 den Abschluss. Jetzt geht es darum, wie per Gesetz mit einem sogenannten Monitoring überwacht wird, ob das Pensionsantrittsalter tatsächlich nach und nach steigt. Die erste Kontrolle ist bereits zur Jahresmitte 2014 fällig, noch existiert aber nicht einmal die gesetzliche Basis dafür.

Am Dienstag wurde daher unter Federführung des Sozialministeriums fieberhaft, aber vorerst erfolglos an dem Gesetzesentwurf gebastelt. Ein Beschluss vor der Sommerpause des Parlaments ist damit nun fraglich. Was nach staubtrockener Legistik klingt, ist politisch hochbrisant. Denn es geht darum, ob etwa beim Pensionsalter allein durch die Statistik getrickst werden kann und ob die Beamten, wie geplant, einbezogen werden.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) musste im Vorfeld hinter den Kulissen versteckte Fouls der Sozialpartner, der Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter einstecken. Er sah sich aber auch mit dem Vorwurf, die Umsetzung nicht im Geiste des Koalitionspakts vorzunehmen, konfrontiert.

► Kontrolle des Pensionsalters („Monitoring"): Halbjährlich muss geprüft werden, wie sich das tatsächliche Pensionsantrittsalter im Schnitt entwickelt. Erstmals erfolgt das mit Stichtag 30. Juni 2014, die Ergebnisse dieser Überwachung müssen bis 30. September 2014 vorgelegt werden. Zeigt sich bis Ende 2015 keine entscheidende Trendwende, muss die Koalition laut Regierungspakt weitere Maßnahmen verpflichtend vornehmen.

► Statistischer Trick: Ausgangsbasis sind 58,4 Jahre. Für Zündstoff sorgte schon in vergangenen Wochen, welche Daten einbezogen werden. Denn bisher wurden Invaliditätspensionen unter 50 Jahren eingerechnet, was automatisch den Durchschnitt drückte. Seit 1. Jänner 2014 gibt es zwar formal für Unter-50-Jährige keine Invaliditätspension mehr, aber dafür ein sogenanntes Reha-Geld. Fallen diese rund 6000 Personen pro Jahr aus der Statistik hinaus, ergibt sich naturgemäß allein so ein deutlicher Anstieg des Pensionsantrittsalters.

► Einbeziehen der Beamten: Für Hundstorfer und die Pensionskommission war der Fokus bisher ganz auf die gesetzliche Pensionsversicherung (ASVG-Versicherte, Gewerbetreibende, Bauern) gerichtet. Pensionen der Beamten in Bund und Ländern blieben bei dieser Betrachtung ausgeklammert. Das soll sich mit dem Monitoring ändern, führte aber zu Widerständen. Denn dann würde etwa prompt offenkundig, wie früh - mit rund 56 Jahren - beispielweise Wiens Gemeindebeamte nach wie vor in Pension gehen. Hundstorfer selbst kommt aus dem Wiener Rathaus und war früher Vorsitzender der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten.

► Kontrolle nach Branchen und Regionen: Für Streit sorgte weiters, wie genau nach Branchen und Regionen die Gründe für (vorzeitige) Pensionierungen aufgeschlüsselt werden. So könnte sich etwa zeigen, dass schwer arbeitende Bauarbeiter im Schnitt später in Pension gehen als andere Berufsgruppen, oder dass etwa in Wien nicht Krankenschwestern oder Feuerwehrleute, sondern Bürobedienstete der Hauptgrund für das niedrige Pensionsantrittsalter sind.

► Bonus-Malus-System: Im Regierungspakt ist fixiert, dass Betriebe, die überproportional Ältere über 50 Jahren beschäftigen, ab 2016 einen Bonus erhalten. Umgekehrt würde ab 2017 ein Malus für Firmen fällig, die die Quote nicht erfüllen. Zwischen Wirtschaftskammer, Arbeiterkammer und ÖGB gab es seit Monaten ein Feilschen um diese Termine, aber auch darüber, ab welcher Mitarbeiterzahl (laut Koalitionspakt 25) die Quote für Ältere als Basis für Bonus bzw. Malus gilt.

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