Arbeitszeit und Urlaub liegen auf Eis

BAD ISCHLER DIALOG 2010/PRESSEKONFERENZ
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Die Sozialpartner beißen sich an der Ausweitung des Zwölf-Stunden-Tages und der sechsten Urlaubswoche die Zähne aus – auch zum Leidwesen der Bundesregierung.

Wien. Knapp vor Schulschluss stehen Wirtschafts- und Arbeiterkammervertreter zwar Schulter an Schulter bei der Forderung nach verstärkten Aktivitäten für Schulabbrecher – so geschehen am Freitag. Sonst blockieren sich die Sozialpartner, also die Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter, derzeit allerdings bewusst gegenseitig. Das gilt nicht nur für die geplante Kontrolle der Pensionsantritte („Monitoring“), die wegen Differenzen um das Bonus-Malus-System feststeckt. Betroffen sind vor allem die geplanten flexibleren Arbeitszeiten samt häufigerer Möglichkeit für die Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden.

Die Bemühungen um ein Arbeitszeitpaket, in das der Gewerkschaftsbund als Bedingung die Ausweitung der sechsten Urlaubswoche nach 25 Arbeitsjahren hineinreklamiert, und die entsprechenden Gesetzesänderungen sind damit vor der Sommerpause des Nationalrats gescheitert.

Die beiden Minister Reinhold Mitterlehner (Wirtschaft, ÖVP) und Rudolf Hundstorfer (Soziales, SPÖ) sind Ende März im Zuge der Regierungstour in Oberösterreich mit dem Konzept für flexiblere Arbeitszeiten vorgeprescht. Nachdem die „Presse“ Anfang April berichtete, dass ein Gesetzespaket dazu noch vor dem Sommer beschlossen werden soll, stellten Gewerkschaftsvertreter prompt Bedingungen.

Gegenforderung unerfüllt

Das führte zu neuen Differenzen zwischen den Sozialpartnerorganisationen. Denn die Hauptforderung der Gewerkschaft zielte darauf, dass im Gegenzug die langjährige ÖGB-Forderung nach einer sechsten Urlaubswoche nach 25 Arbeitsjahren für alle Arbeitnehmer umgesetzt werden müsse. Derzeit ist das nur bei Berufstätigkeit von 25 Jahren im selben Betrieb möglich.

Der Wunsch nach einer Ausdehnung des Urlaubsanspruchs auf sechs Wochen stieß jedoch auf Widerstand bei Wirtschafts- und Industrievertretern. Diese argumentieren, mit den vorgesehenen Regeln zur Anhebung der Tageshöchstarbeitszeit auf zwölf Stunden würden ohnehin Forderungen der Unternehmen nur in einem beschränkten Ausmaß erfüllt. Die Ausweitung ist nämlich an Gleitzeitlösungen gebunden, bei denen Dienstnehmer im Ausgleich von längeren Freizeitblöcken profitieren. Lockerungen waren weiters bei Dienstreisen, Montagen sowie für Lehrlinge in Vorbereitung.

Die ÖGB-Pläne für eine sechste Urlaubswoche hätten, so die Befürchtung auf Wirtschaftsseite, Vorteile durch flexiblere Arbeitszeiten zunichtegemacht. Derartiges sei dem Vernehmen nach vor der Wirtschaftskammerwahl 2015 nicht verhandelbar gewesen.

Thema bei Kollektivverträgen

Gespräche der Sozialpartner auf Expertenebene, bei denen diverse Vorschläge aufs Tapet kamen, führten zu keiner Lösung. Zuletzt hieß es, dass die Präsidenten, Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl, ÖGB-Chef Erich Foglar und Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske, am Zug seien. Ein öffentliches Machtwort steht bisher aus.

Einer der Arbeitszeitexperten auf Gewerkschaftsseite, Karl Proyer von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-DJP), bekräftigt nicht nur, dass die sechste Urlaubswoche Bedingung bleibt, sondern etwa auch Verbesserungen bei All-in-Verträgen oder die Anrechnung der elften und zwölften Arbeitsstunde pro Tag als Überstunden. Im Gespräch mit der „Presse“ kündigt Proyer an, dass die sechste Urlaubswoche ungeachtet der Wirtschaftskammerwahl auch ohne gesetzliches Arbeitszeitpaket bei den Verhandlungen der Kollektivverträge für 2015 Thema sein werde.

In der rot-schwarzen Bundesregierung wird der Stillstand beim Arbeitszeitpaket mit einigem Unmut zur Kenntnis genommen. Schließlich werde in der Öffentlichkeit dafür die Regierung verantwortlich gemacht, während das Versagen in Wahrheit bei den Sozialpartnern liege.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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