Strafen für Aufdeckerjournalisten?

SITZUNG ARBEITSGRUPPE VERWALTUNGSREFORM: LOPATKA/SCHIEDER
SITZUNG ARBEITSGRUPPE VERWALTUNGSREFORM: LOPATKA/SCHIEDER(c) APA/ROLAND SCHLAGER
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Das geplante „Verwertungsverbot“ für geheime Akten sorgt für Diskussionen. Die ÖVP kündigt „Folgen“ für Medien bei Verstößen an, die Oppositionsparteien sind dagegen.

Wien. Die Reform des U-Ausschusses könnte schon bald weite Kreise ziehen – und mitunter negative Auswirkungen auf die heimischen Medien und ihre Berichterstattung haben. Dafür sorgt die im Rahmen dieser Reform geplante „Geheimschutzordnung“, die für die Koalition eine Voraussetzung für das Minderheitenrecht auf das Einsetzen von U-Ausschüssen ist.

Diese „Geheimschutzordnung“ soll nämlich nicht nur den Umgang mit vertraulichen Unterlagen regeln, sondern könnte auch ein „Verwertungsverbot“ für geheime Unterlagen durch die Medien mit sich bringen. Das bestätigen die Klubchefs von SPÖ und ÖVP, Andreas Schieder und Reinhold Lopatka. Denn: „Man muss sich fragen, wie man damit umgeht, wenn trotz Geheimhaltung doch etwas an die Öffentlichkeit kommt“, sagt Schieder.

Opposition ist verärgert

Während das „Verwertungsverbot“ für Schieder noch mit einem Fragezeichen versehen ist, sprach sich Lopatka ziemlich klar für ein solches aus. Sollten Medien etwa geheime Unterlagen aus einem möglichen Geheimdienst-Untersuchungsausschuss veröffentlichen, dann solle es „natürlich auch Folgen für die Medien haben“, sagt Lopatka.

Die Opposition ist erbost: Das Ganze sei in den Beratungen von den einzelnen Parteien ganz anders vereinbart worden, heißt es bei den Neos. Nach dem derzeitigen Stand der Beratungen soll die Regelung so aussehen: Nicht die mediale Verwertung, sondern das Herauslocken – und natürlich das Herausgeben – der Information soll bestraft werden. Soll heißen: Ein Journalist, der ein geheimes Dokument zugespielt bekommt und veröffentlicht, soll nicht belangt werden. Stiftet der Journalist aber einen Geheimnisträger an, Informationen herauszugeben, dann soll das sehr wohl Konsequenzen haben.

Den Grünen geht aber auch das zu weit, sie sehen durch derartige Einschränkungen die Medienfreiheit und den Aufdeckerjournalismus gefährdet. Für den grünen Verhandler Dieter Brosz sind aber generell die Auswirkungen der Geheimhaltung auf die Arbeit der Untersuchungsausschüsse problematisch. Wenn als geheim klassifizierte Informationen nur noch in vertraulichen Sitzungen besprochen werden dürfen, wären die U-Ausschüsse zum Großteil nicht öffentlich, fürchtet er. „Wenn das so kommen soll, sind die Verhandlungen zur U-Ausschuss-Reform gefährdet“, warnt Brosz.

97 Prozent der Akten öffentlich

Die Klubchefs der beiden Koalitionsparteien versuchen, diese Bedenken zu zerstreuen: „97 Prozent der Akten wären ohnehin nicht eingeschränkt und damit öffentlich“, beteuert Schieder. Das will Brosz nicht glauben: In der Praxis werde es bei den Ministerien die Tendenz geben, einen großen Teil der Akten für geheim zu erklären.

Die Ansicht der Grünen: Eine Verrechtlichung des Themas sei schon möglich, man müsse aber eine Lösung finden, bei der der Status quo erhalten bleibe. Sprich: U-Ausschüsse müssten weiterhin großteils öffentlich ablaufen. Vereinzelte vertrauliche Sitzungen zur Wahrung von Amtsgeheimnissen gab es auch bisher schon. Brosz schlägt vor, das Verfahren umzukehren und ein Transparenzgesetz zu verabschieden, das festlegt, was alles öffentlich bleiben muss.

Der Zeitplan für die Verhandlungen steht schon fest: Am kommenden Dienstag treffen sich die Klubchefs bei einer Sonderpräsidiale. Sollte es dort keine Einigung geben, dann sind auch schon zwei Ersatztermine ins Auge gefasst worden. Dementsprechend könnte am 2. beziehungsweise 8.Juli weiter über U-Ausschuss und Geheimschutz debattiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.06.2014)

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