Asylreform: Warum die SPÖ zögert

INNENMINISTERIN JOHANNA MIKL-LEITNER  BESUCHT ASYL-ERSTAUFNAHMEZENTRUM TRAISKIRCHEN
INNENMINISTERIN JOHANNA MIKL-LEITNER BESUCHT ASYL-ERSTAUFNAHMEZENTRUM TRAISKIRCHEN(c) APA/ROBERT JAEGER
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Mikl-Leitners Pläne polarisieren beim Koalitionspartner. Die Landeshauptleute reagieren ablehnend. Die Bundespartei will verhandeln, sieht aber ein „Ablenkungsmanöver“.

Wien. Offiziell hält sich die SPÖ zurück. Die Bundespartei will die Pläne von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Sachen Asylreform lieber nicht kommentieren – und verweist auf Gerald Klug: Als Verteidigungsminister und Spiegelminister von Mikl-Leitner ist er dafür zuständig, in diesem Bereich mit ihr zu verhandeln. Doch wie so oft meldet sich Klug nur sehr vorsichtig zu Wort: Sobald ein „geeignetes Konzept“ auf dem Tisch liege, „sind wir gern zu Gesprächen bereit“. „Eine Neuregelung muss selbstverständlich auch mit den Bundesländern abgestimmt werden“, fügt er hinzu. Ziel solle jedenfalls „eine gerechte Verteilung der Asylwerber sein“. Mehr wolle er nicht sagen.

Inoffiziell sind einige SPÖ-Politiker gesprächiger. Dabei zeigten sich zwei Dinge: Prinzipiell ist die Bundes-SPÖ mit Mikl-Leitners Konzept einverstanden. Es habe Sinn, die Erstaufnahmezentren in Traiskirchen und Thalham (siehe Infobox) aufzulösen und die Erstprüfung dem jeweiligen Bundesland zu überlassen, heißt es. Doch dann hört der Zuspruch bereits auf. Denn Mikl-Leitner habe noch kein fertiges Konzept vorgestellt. Vielmehr habe ihr Ressort bisher nur Überschriften verbreitet – samt der Ankündigung, im September Details nachzureichen.

„Es ist ein Ablenkungsmanöver“, meint daher ein SPÖ-Mitglied, das namentlich nicht genannt werden will. Die Ministerin wolle von der Säumigkeit mancher ÖVP-regierter Länder ablenken. Bis Ende Juli müssen – so ein Ultimatum von Mikl-Leitner – die Bundesländer ihre Mindestquote bei der Betreuung von Flüchtlingen erfüllt haben: 88Prozent der eigentlichen Quote sollen zumindest erreicht werden. Ist dies nicht der Fall, will der Bund Quartiere im jeweiligen Land einrichten. Das wird aller Voraussicht nach in Tirol, Oberösterreich, Vorarlberg, Salzburg und der Steiermark der Fall sein – die ersten vier Länder werden von der ÖVP regiert. „Anstatt die Einhaltung dieser Regeln einzumahnen, will Mikl-Leitner einfach die Regeln ändern“, kritisiert ein anderer Sozialdemokrat. Denn durch die Reform falle der Druck auf die Parteikollegen nicht zu groß aus.

Doch auch die Bundes-SPÖ scheint mit ihrer Zurückhaltung bei dem Thema, die Parteigenossen in den Ländern nicht verärgern zu wollen. Denn die roten Landeshauptleute zeigten sich bisher wenig begeistert von Mikl-Leitners Plänen. Peter Kaiser, Landeshauptmann von Kärnten und aktueller Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, meinte zwar, er werde sich die Vorschläge ansehen. „Faktum ist aber, es gibt eine aufrechte 15a-Vereinbarung.“

(C) DiePresse

Häupl: „Verantwortung abschieben“

Der steirische Landeshauptmann Franz Voves wollte sich öffentlich überhaupt nicht dazu äußern. In Wien meinte wiederum ein Sprecher von Bürgermeister Michael Häupl, es „dränge sich der Verdacht auf, dass hier Verantwortung auf die Bundesländer abgeschoben werden soll“.

Aus dem Büro von Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl hieß es sogar, das Vorhaben sei „ungerecht“ gegenüber den östlichen Bundesländern. Das Burgenland etwa müsse in Krisenfällen eine nicht zu bewältigende Anzahl an Asylwerbern versorgen. Hier versucht das Innenressort zu beschwichtigen: Auch bei der Erstversorgung würden Flüchtlinge nach einem Betreuungsschlüssel unter den Ländern verteilt.

Schwarze Landeshauptleute schweigen

Überzeugungsarbeit muss die Innenministerin aber auch in der eigenen Partei leisten: Außer Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll wollte sich bisher kein ÖVP-Landeshauptmann zu den Plänen äußern.

Vorsichtig bis skeptisch reagierten auch die Experten: Während die Diakonie bemängelt, dass die Reformpläne möglicherweise noch mehr Kosten und Aufwand verursachen würden, hält die Volkshilfe das Konzept zumindest für „diskussionswürdig“ – und wünscht sich einen Runden Tisch.

AUF EINEN BLICK

Asylreform. Das Konzept von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner sieht vor, dass die Erstaufnahmezentren in Traiskirchen und Thalham in ihrer jetzigen Form aufgelöst werden. Statt der beiden großen Zentren sollen in jedem Bundesland kleinere Quartiere zur Erstversorgung eingerichtet werden. Asylquoten für die Länder (sie orientieren sich an der Bevölkerungszahl) wird es weiterhin geben. Details zum neuen Betreuungsschlüssel blieb die Ministerin bisher schuldig. Bis September will die ÖVP-Politikerin ihre Pläne konkretisieren, danach mit den Ländern verhandeln. Eine Umsetzung peilt Mikl-Leitner ab Sommer 2015 an.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2014)

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