Gertrude Brinek: Die streitbare Volksanwältin

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Mit ihrer Forderung nach einer neuen Bundeshymne zog Gertrude Brinek viel Ärger auf sich. Damit brachte sie auch ihre Partei, die ÖVP, in Verlegenheit - und das nicht zum ersten Mal.

Wien. Ganz kann Volksanwältin Gertrude Brinek nicht verstehen, warum ihr Vorschlag für eine neue Bundeshymne so viel Staub aufgewirbelt hat. Sie habe auf Anfrage eines Journalisten nur ihre alte Idee wiederholt. Und tatsächlich zeigt ein Blick ins Archiv: Bereits 1999 wollte Brinek Studenten der Musikhochschulen ermuntern, über eine neue Hymne nachzudenken.

Für ÖVP-Chef Michael Spindelegger ist das alles nur ein „nettes Sommerthema“. Insgesamt fielen die Reaktionen sehr geteilt aus, sagt Brinek zur „Presse“. Die negativen Reaktionen (rund 60 Prozent) seien vor allem von Männern gekommen, die positiven von Frauen. Brinek will eine neue Hymne, in der beide Geschlechter vorkommen. Dass man die „Töchter“ in die bisherige Hymne hineinschrieb, stört sie: Wenn bei einem alten Bild ein Kleidungsstück nicht zeitgemäß ist, könne man ja auch nicht sagen: „Dann übermale ich den Hut.“ Es müsse alles stimmig sein.

Auch Kritik, wonach eine Volksanwältin nicht für Hymnen zuständig ist, lässt Brinek nicht gelten. Es gehe um Gerechtigkeit und darum, nicht diskriminiert zu werden, sagt sie. Damit sei man „mittendrin im Geschäft der Volksanwaltschaft“.

Streitbar war Brinek immer. Vor ihrer Wahl zur Volksanwältin 2008 wollte die ÖVP-Spitze den Oberösterreicher Peter Sonnberger als Volksanwalt nominieren. „Ich wurde ermuntert zu kandidieren – und ihm wurde versprochen, gewählt zu werden“, erinnert sich Brinek.

Aufstand gegen Parteiführung

Als sie das durchschaute, startete sie mit Hilfe der Frauen in der ÖVP eine Kampagne – und gewann die Stichwahl hauchdünn. 2013 wurde die heute 62-Jährige ohne Gegenstimme erneut nominiert. Als Volksanwältin fordert sie auch gerne ihre Rechte ein: Schul-Ombudsstellen? Unnötig, die Volksanwälte könnten diese Aufgabe übernehmen, meinte sie etwa kürzlich.

Brinek ist – wenngleich nicht stets auf Parteilinie – eine echte Schwarze: Sie wuchs auf einem Bauernhof in Niederösterreich auf, trat mit Anfang 20 dem ÖVP-Arbeitnehmerbund ÖAAB bei, gehört einer katholischen Mädchenverbindung an und ist mit dem langjährigen ÖVP-Sprecher Karl Brinek verheiratet. Die Politikerin studierte Pädagogik, Psychologie und Kunstgeschichte und arbeitete als Lehrerin, bevor sie am Institut für Erziehungswissenschaften der Uni Wien die wissenschaftliche Karriere einschlug. Die Wissenschaft blieb das politische Kernthema Brineks, die über die Wiener Kommunalpolitik 1988 erstmals in den Nationalrat kam. Scharfe Kritik erntete die ÖVP-Mandatarin, als sie erst für die Abschaffung der Pragmatisierung an Unis stimmte, aber sich 2003 noch schnell selbst pragmatisieren ließ. Dabei hatte sich ihre Fakultät wegen mangelnder wissenschaftlicher Leistungen gegen die Definitivstellung Brineks ausgesprochen. Das sei eine „Intrige“ gewesen, sagt Brinek. Sie habe das neue Universitätsgesetz als Politikerin forciert und sich so den Zorn der Hochschulen zugezogen. Und sie habe stets gemeint, dass die Abschaffung der Pragmatisierung nicht jene betreffe, die schon kurz davor stehen.

Gegen „engen“ Juristenblick

Dass Brinek keine Juristin ist, sieht sie nicht als Nachteil: „Juristen haben oft einen engen Blick.“ So habe es bei Sachwalterschaften geheißen, da sei die Justiz zuständig, da könne man als Volksanwalt nichts machen. Sie aber habe das Thema aufgegriffen, und nun sei die Politik aufgesprungen. Auch als Justizminsterin wurde Brinek schon gehandelt. Würde sie das Amt reizen? „Reizen ja, aber ich würde es nicht wollen“, sagt sie. Wolfgang Brandstetter mache das Amt gut. Wichtig sei stets, dass man „nicht mit der Nase im Paragrafen hängen bleibt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.07.2014)

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