Nelken und Roma-Hymne zum Abschied

Flag draped casket late Austrian Parliament President Prammer stands outside parliament during state ceremony prior of her funeral in Vienna
Flag draped casket late Austrian Parliament President Prammer stands outside parliament during state ceremony prior of her funeral in Vienna(c) REUTERS (HEINZ-PETER BADER)
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2000 Besucher kamen zur Trauerfeier für Barbara Prammer. Die an Krebs verstorbene Parlamentspräsidentin wurde als große Demokratin und große Tochter Österreichs gewürdigt.

Bundespräsident Heinz Fischer sagte Bedenkenswertes bei der Trauerfeier für die verstorbene Nationalratspräsidentin Barbara Prammer: „Sie hätte sich zu Lebzeiten sehr über einen Bruchteil des Lobes gefreut.“ Man solle daher zeitgerecht Sensibilität im Umgang mit anderen entwickeln. Barbara Prammer war eine allseits geachtete und respektierte Politikerin – breite Wertschätzung wurde ihr aber erst nach ihrem Tod zuteil.

Es war ein würdiger Staatsakt, den das Parlament für seine langjährige Präsidentin organisierte. Österreichs Spitzenpolitik war nahezu geschlossen erschienen, dazu Vertreter anderer Parlamente, Diplomaten und auch zahlreiche ehemalige Abgeordnete. Aus ganz Österreich kamen SPÖ-Delegationen angereist. Die meisten SPÖ-Politiker hatten rote Nelken angesteckt– lediglich Bundeskanzler Werner Faymann entzog sich der Symbolik des sozialdemokratischen Lagers.

Und es fanden sich auch zahlreiche Zaungäste auf der gesperrten Ringstraße ein. „Sie war ein so bodenständiger Mensch“, sagte eine Dame an der Absperrung. „Ich bin heute extra aus Salzburg angereist“, erzählte ein Mann, der anders als viele Gäste nicht am schattigen Straßenrand verweilte. Prammer sei stets für Demokratie und die Rechte der Frauen eingetreten, dafür wolle er sich mit seiner Teilnahme an der Trauerfeier bedanken. Sie sei ein einzigartiger Mensch gewesen. Ein junger Mann nahm ebenfalls die pralle Sonne auf sich und hatte sich direkt an der Absperrung zum Bereich für die Ehrengäste postiert. Eine beeindruckende Frau sei die verstorbene Nationalratspräsidentin gewesen, sagte er. Das fanden auch die offiziellen Trauerredner. Der Zweite Nationalratspräsident, Karlheinz Kopf, ging auf die Rolle Prammers im Parlament ein und würdigte ihre Bemühungen, die Jugend über die „Demokratiewerkstatt“ für die Politik zu begeistern. Bundesratspräsidentin Ana Blatnik sprach über den Einsatz ihrer Parteikollegin für Minderheiten und gegen den Faschismus. Dies fand auch in der musikalischen Gestaltung der Trauerfeier seinen Ausdruck: Harri Stojka spielte die Roma-Hymne, Timna Brauer bot jüdische Musik dar.


Persönliches vom Bundespräsidenten. Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die einst Prammer als SPÖ-Frauenchefin nachgefolgt war und auch jetzt als Favoritin für die Nachfolge im Parlament gilt, hat sich mit der Frauenpolitik der Verstorbenen beschäftigt. Bundeskanzler Werner Faymann würdigte Prammer als „Leitfigur für die Demokratie“, während Bundespräsident Heinz Fischer sehr persönlich wurde, als er in seiner Trauerrede von einer „starken, tapferen, zarten und liebenswerten Frau“ sprach. Fischer erzählte vom Besuch Prammers bei ihm, als sie von ihrer Krebserkrankung berichtete, von ihrem 60.Geburtstag, der eine Kundgebung ihres Lebenswillens gewesen sei, und von den Plänen, die sie für den Herbst hatte.

Zwei Videowalls mit den ORF-Bildern sorgten dafür, dass alle Besucher das Geschehen mitverfolgen konnten. Prammers Sarg wurde zu Beginn die Parlamentsrampe herabgetragen und überdacht vor dem Hohen Haus abgestellt. Internationale Parlamentsvertreter legten Rosen vor dem Sarg ab.

Als dieser dann zu den Klängen des Zapfenstreichs – dargeboten von einem Solisten der Militärmusik vom Balkon des Büros der Präsidentin – im Glaswagen den Parlamentsvorplatz verließ, wurde bei vielen Ehrengästen und Zusehern Ergriffenheit und Trauer offensichtlich. Lange applaudierten die Gäste ein letztes Mal der Nationalratspräsidentin, und nicht wenige hatten Tränen in den Augen. Danach nahmen die engsten Angehörigen Prammers Beileidsbekundungen von Freunden und Weggefährten entgegen.

Von der Beisetzung in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof war die Öffentlichkeit dann wieder ausgeschlossen. Diese fand im engsten Familienkreis statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2014)

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