Parlament: Bures bekommt aufgewertetes Präsidentenamt

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Vorarlbergs Parteichef, Michael Ritsch, bestätigt als Erster die Personalrochaden in der SPÖ. Die Präsidentin des Nationalrats wird künftig auch Untersuchungsausschüsse leiten und damit eine deutlich wichtigere Rolle spielen.

Wien. Eine Pressekonferenz zum Thema Technologieförderung sorgt normalerweise nicht für großen Medienrummel. Das war am Montag anders, trat doch Infrastrukturministerin Doris Bures erstmals an die Öffentlichkeit, seit ihr möglicher Wechsel an die Spitze des Parlaments bekannt geworden war. Da wurde das ursprüngliche Thema („Österreichs Stärken in der Produktionstechnologie“) rasch zur Nebensache, eine Stellungnahme der Ministerin zur geplanten Rochade war gefordert.

Bures hielt sich sichtlich zurück und verwies auf den SPÖ-Parteivorstand: „Sie wissen, dass in einer Woche eine Gruppe von Menschen in den Gremien eine Entscheidung treffen wird. Ich bin der Auffassung, dass es einer Einzelnen nicht zusteht, solchen Entscheidungen vorzugreifen und die zu kommentieren.“ Mehr wolle sie dazu nicht sagen. Nicht einmal die Frage, ob sie gern Nationalratspräsidentin werden würde, wollte Bures beantworten: „Ich mache vielleicht nächste Woche am Montag eine Pressekonferenz.“

Erste Programmänderungen

Für führende SPÖ-Politiker ist dagegen schon längst klar, dass die Infrastrukturministerin die Nachfolge von Barbara Prammer antreten wird. Am deutlichsten wurde der Vorarlberger Parteichef, Michael Ritsch, der sämtliche Rochaden – Nachfolger von Bures soll Gesundheitsminister Alois Stöger werden, dem wiederum soll die Gewerkschafterin Sabine Oberhauser folgen – bestätigte: Er sei bereits vergangene Woche über die Pläne der Parteispitze informiert worden. Auch sei das Besuchsprogramm des künftigen Infrastrukturministers Stöger bereits angepasst worden. Der hätte eigentlich Landeskrankenhäuser besuchen sollen, was nun nicht mehr sinnvoll sei.

Bures wechselt von einem der wichtigsten Ministerien, dem nicht nur die ÖBB und die Autobahngesellschaft Asfinag unterstehen, sondern das auch bedeutende Mittel zu verteilen hat, an eine repräsentative Funktion. Diese wird in Zukunft aber deutlich an Bedeutung gewinnen, denn bei der von den Parteien akkordierten, aber noch nicht beschlossenen Reform der Untersuchungsausschüsse wird die Parlamentspräsidentin eine Schlüsselrolle einnehmen: Sie wird künftig auch Vorsitzende der U-Ausschüsse und kann damit diesem Gremium ihren Stempel aufdrücken – auch wenn viele Entscheidungen zum Minderheitsrecht werden sollen. Wie die Befragungen von Auskunftspersonen ablaufen, hängt aber zu einem guten Teil von der Vorsitzführung ab.

Wichtig ist auch die Rolle der Präsidentin beim Umbau des Parlaments, wo sie eine Managementaufgabe hat und letztverantwortlich ist für die Auftragsvergabe an Architekten und Baufirmen.

Aus der SPÖ bekam Bures am Montag bereits Vorschusslorbeeren: Gleich mehrere Landesparteichefs äußerten sich positiv zu den vorgesehenen Personalentscheidungen. Der Salzburger Parteichef, Walter Steidl, zeigte sich „zu hundert Prozent einverstanden“, Siegfried Schrittwieser aus der Steiermark und Matthias Stadler aus Niederösterreich äußerten ebenfalls ihr Wohlwollen. Auch der Kärntner Landeshauptmann, Peter Kaiser, bezeichnete Bures als „ausgezeichnete Ministerin“, dürfte mit dem SPÖ-Personalpaket aber nicht ganz einverstanden sein. „Ich hoffe, dass wir eine nähere Begründung für die kolportierten Rochaden erhalten“, erklärte Kaiser der Austria Presse Agentur. Die Kärntner SPÖ wünscht sich schon länger eine stärkere Verankerung in der Bundespolitik und hält die Nationalratsabgeordnete Christine Muttonen für ministrabel.

Glawischnig fordert „Rollenwechsel“

Zurückhaltend, aber auch eher positiv reagierten die anderen Parteien. Für ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka ist Bures, wie sein Sprecher sagte, eine „Kämpferin in der Sache“. In der FPÖ wollte man die Entscheidungen der SPÖ-Gremien abwarten. Für Grünen-Chefin Eva Glawischnig muss Bures für die Aufgabe als Nationalratspräsidentin noch einen „Rollenwechsel“ in Richtung Unabhängigkeit vollziehen. Team-Stronach-Klubobfrau Kathrin Nachbaur hofft auf die Weiterführung von Barbara Prammers Stil.

Zur Person

Doris Bures (52) ist eine langjährige Weggefährtin von Bundeskanzler und SPÖ-Parteichef Werner Faymann. Beide kommen aus Wien-Liesing und waren in der Sozialistischen Jugend aktiv, Bures folgte Faymann später an der Spitze der Mietervereinigung.
1990 kam sie erstmals ins Parlament, von 2000 bis 2007 war sie SPÖ-Bundesgeschäftsführerin und damit für den erfolgreichen Wahlkampf 2006 verantwortlich. Alfred Gusenbauer machte sie zur Frauenministerin, Nachfolger Werner Faymann holte sie für die Wahl 2008 wieder in die Parteizentrale zurück. Seit Dezember 2008 leitete Bures das Verkehrs- und Infrastrukturministerium.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2014)

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