Bures wird Nationalratspräsidentin, Stöger Verkehrsminister, Oberhauser Gesundheitsministerin. Gegenstimmen gab es für Gewerkschafter Schopf.
Das SP-Präsidium hat heute den Wechsel von Verkehrsministerin Doris Bures an die Spitze des Nationalrats und die damit nötige Regierungsumbildung abgesegnet. Der bisherige Gesundheitsminister Alois Stöger steigt in das politisch gewichtige Verkehrsministerium auf. Sein Ressort übernimmt die Gewerkschafterin Sabine Oberhauser.
Die Nominierung von Bures, Stöger und Oberhauser erfolgte einstimmig. Fünf Gegenstimmen gab es gegen die Vergabe des Mandats der verstorbenen Nationalratspräsidentin Barbara Prammer an den Gewerkschafter Walter Schopf. SP-Frauen und -Jugend hatten darauf gedrängt, dass das Mandat an eine Frau geht, wie es das Parteistatut vorsieht. Schopf war auf der oberösterreichischen Landesliste nach Prammer und vor der nächsten Frau, Sonja Ablinger, gereiht, womit ihm das Mandat laut Wahlordnung zufiel. Die oberösterreichische Landespartei bestätigte das.
Parteijugend und Frauen hätten sich die nach Schopf auf Nummer drei der Landesliste gereihte oberösterreichische Frauenchefin Sonja Ablinger gewünscht. Im (bei Vollbesetzung 70-köpfigen) Parteivorstand stimmten schließlich fünf Mitglieder gegen Schopf. Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek war allerdings nicht darunter.
Arbeitsgruppe zum Umgang mit Frauenquote
Zur Beratung über den künftigen Umgang mit der Frauenquote hat die SPÖ eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Die oberösterreichische SP-Frauenchfin Sonja Ablinger - sie wäre im Fall der Vergabe des Prammer-Mandats an eine Frau zum Zug gekommen - übte Kritik an dem Beschluss. Aus ihrer Sicht wären die Regeln für die Situation auch so klar genug gewesen. Die Quote sei nicht kompliziert, sie müsse nur vollzogen werden.
Die künftige Vorgehensweise soll laut SP-Vorsitzenden Werner Faymann bis zum Parteitag im November geklärt werden. Vorgesehen ist laut SP-Statut, ein Frauenanteil von zumindest 40 Prozent sowie ein Reißverschlussprinzip auf den Kandidatenlisten - und dass im Fall des Ausscheidens einer Mandatarin auch eine Frau nachfolgt, um die Quote nicht zu gefährden. Gelebt wird die Quote aber nicht: Der Frauenanteil im SP-Nationalratsklub liegt künftig bei 31 Prozent.
Endgültig fixiert wird der Wechsel von Bures an die Spitze des Nationalrats in einer Sondersitzung am 2. September. Bei dieser Gelegenheit könnte Kanzler Werner Faymann auch sein neues Regierungsteam vorstellen. Zuvor müsste allerdings noch die Angelobung durch Bundespräsident Heinz Fischer erfolgen.
Opposition beäugt Regierungsumbildung kritisch
FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete die Rochade als "Verlagerung der Inkompetenzen". Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig sieht eine versäumte Chance. In die designierte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) setzen beide Parteien Hoffnung.
Auch Interessensverbände kommentierten die SPÖ-Personalia. Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl (ÖVP) gratulierte Stöger und Oberhauser: "Beide Persönlichkeiten sind versiert in der politischen Welt und bringen viel Erfahrung mit." Alexander Klacska, Obmann der Bundessparte Transport und Verkehr in der WKÖ, erwartet sich von Stöger, "dass der von seiner Vorgängerin Bures eingeschlagene Weg des Dialogs mit uns von ihm aufgegriffen und ausgebaut wird". Für Wiens Ärztekammerpräsidenten Thomas Szekeres steht mit Oberhauser in Zukunft eine "kompetente, erfahrene und kluge Persönlichkeit" an der Spitze des Gesundheitsressorts.
Doris Bures hat den nächsten Karriereschritt gemacht: Die langjährige Organisatorin der SPÖ ist der verstorbenen Barbara Prammer als Nationalratspräsidentin in das protokollarisch zweithöchste Amt im Staat nachgefolgt. Ein nicht unlogischer Schritt, galt die Vertraute von SPÖ-Chef Werner Faymann doch schon länger als Kandidatin für höhere Ämter. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
Während die Mutter einer erwachsenen Tochter in ihrer ersten Periode als Bundesgeschäftsführerin der SPÖ Anfang der Nuller-Jahrer eher noch als Schwachstelle galt, wurde sie schon in den vergangenen Jahren für die höchsten Ämter im Staat gehandelt. Das zu schwarz-blauen Zeiten als Schleudersitz bekannte Infrastruktur-Ressort hatte sie stets fest im Griff. Berichtet wurden von Ambitionen als Wiener Bürgermeisterin, selbst als Hofburg-Kandidatin soll sie im Gespräch gewesen sein. Dass sie nun in das Amt der Nationalratspräsidentin schlüpft, kommt daher nicht gänzlich überraschend. (c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
Bures hat sich ihre Stellung innerhalb der SPÖ hart erarbeitet. Bedingungslose Parteitreue und Loyalität gegenüber ihren jeweiligen Vorsitzenden gehören ebenso zu den Markenzeichen der begeisterten Wanderin wie ihr Fleiß aber auch ihr Humor. Ausschließlich Freunde in der Partei dürfte Bures aber auch nicht haben. Sie kann durchaus hart sein und pflegt intern nicht immer den freundlichsten Ton. Andererseits gilt sie als durchsetzungsstark. (c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Die ehemalige Ministerin steht für eine Art sozialdemokratische Traumkarriere. Als sie sechs Jahre alt war, verließ der Vater die Familie, Bures wuchs mit der alleinerziehenden Mutter und fünf Geschwistern in Wien-Liesing auf. Früh musste sie selbst für ein Einkommen sorgen, sie begann als Zahnarzt-Gehilfin. (c) APA (GINDL Barbara)
Über die Anti-Atom-Bewegung fand Bures zur SPÖ, genauer gesagt zur Sozialistischen Jugend, wo sie Werner Faymann kennenlernte, der schon in seinen kommunalpolitischen Zeiten über sie ins Schwärmen geriet. "Sie war schon damals ein sehr herzlicher und pragmatischer Mensch", meinte der damalige Wohnbaustadtrat 2005 im "profil". Zunächst war es aber Alfred Gusenbauer, der zu Bures' Mentor wurde. Insidern war sie als Vorsitzende der Wiener Mietervereinigung und junge Nationalratsabgeordnete zwar bekannt, jedoch war Bures doch für viele ein Neuling, als Gusenbauer sie nach seiner Kür zum Parteichef im Jahr 2000 zur Bundesgeschäftsführerin machte - an der Seite der sanften Andrea Kuntzl, mit der die ruppigere Bures deutlich schlechter auskam als später mit Norbert Darabos. (c) APA (Georg Hochmuth)
Als es Gusenbauer zur Kanzlerschaft brachte, war klar, dass Bures nun auch Regierungsluft schnuppern werde dürfen. Es wurde das Frauen- und Beamtenministerium, das Bures gekonnt lenkte, ehe sie nach Gusenbauers Demontage zurück in die Parteizentrale musste, um bei der Wahl 2008 als Managerin zu retten, was zu retten war. Immerhin wurde es trotz Verlusten wieder Platz eins und für Bures ging es zurück in die Regierung und da gleich ins Minenfeld des Infrastrukturressorts. (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
Zwar gelangen ihr dort keine publikumswirksamen Coups, ihre ersten fünf Jahre überstand sie aber ohne gröbere Kratzer zwischen Tunneln, Eisenbahner-Pensionen und der Rettungsgasse. Immerhin brachte sie ein paar Tunnel-Projekte auf den Weg, führte die Fahrradhelmpflicht für Kinder ein und verordnete einen Frühpensionsstopp bei den ÖBB. Dass es bei der Bahn einigermaßen reibungslos verlief, verdankt Bures auch dem Schachzug, Christian Kern zum ÖBB-Chef zu machen. Seit er im Amt ist, ist die ÖBB-Baustelle im Wesentlichen befriedet. (c) APA (GUENTER R. ARTINGER)
Faymanns Vertraute erhält das zweithöchste Amt im Staat
Die Rochaden in der SPÖ haben vor allem ein Ziel: ein gutes Ergebnis für Werner Faymann beim Parteitag. Doch dafür wird mehr nötig sein, als sich mit Gewerkschaftern und engen Vertrauten zu umgeben.
Das Mandat von Barbara Prammer geht nicht an Doris Bures, wie inzwischen ganz Österreich wegen des Wirbels in der SPÖ weiß. Auf welches die künftige Nationalratspräsidentin aber angelobt werden wird, erfahren die Genossinnen und Genossen von der SPÖ-Zentrale nicht.
Die Regierungsumbildung hat gezeigt, dass man als Frau doch Karriere in der SPÖ machen kann. Man darf sich nur nicht dem Parteichef in den Weg stellen.