Leitl: "Ein ehrenwerter Rücktritt"

Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl.
Wirtschaftskammerchef Christoph Leitl.(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Für WKO-Chef Christoph Leitl kam der Abgang von Spindelegger überraschend. Eine Aussprache angesichts der Steuerdiskussion hätte er aber erwartet.

Herr Wirtschaftskammerpräsident sind Sie vom Abgang Michael Spindeleggers überrascht?

Ich habe es auch erst heute früh erfahren. Ich habe damit nicht gerechnet. Ich habe mit einer Aussprache bei der nächsten ordentlichen Bundesparteisitzung gerechnet. Diese Aussprache wäre auch notwendig gewesen, weil sich hinsichtlich der Steuerfrage zuletzt eine Verhärtung gezeigt hat. Unter anderem hat die Gewerkschaft angekündigt, sich diese Frage nochmal genau anzuschauen.

Was glauben Sie, war ausschlaggebend für den Abgang?

Für einen Finanzminister der eine klare Linie hat, nämlich keine neuen Staatsschulden zu machen, ist es ehrenwert, dass er daraus die Konsequenzen gezogen hat.

Sie haben Spindelegger selbst immer wieder kritisiert. Haben Sie damit zu seinem Abgang beigetragen?

Ich habe nicht kritisiert, ich habe Wege aufgezeigt wie man rasch – ohne das Budget zu belasten – etwas machen kann. Meine Vorschläge kosten nichts, aber sie hätten Impulse gebracht. Ich bin dem Ziel von Spindelegger, den Staatshaushalt nicht zu belasten, nicht im Wege gestanden

Kritik an Spindelegger ist nicht neu,mehrfach gab es heftige Diskussionen.

Natürlich gab es Kritik. Spindelegger war offensichtlich nicht in der Lage, die Erwartungen zu erfüllen. Meine Vorschläge u.a. die Mitarbeitererfolgsbeteiligung und die Lohnnebenkostensenkung, hätten nichts gekostet. Das hätte ein Prozent Einsparung durch drei Jahre gebracht. Das hat Spindelegger nicht so gesehen.

Obmanndiskussionen sind ja in der ÖVP Tradition. Wer hat sie diesmal vom Zaun gebrochen?

Wir haben keine Obmanndiskussion vom Zaun gebrochen. Es ist als Rücktritt zu sehen, der nicht angenehm ist, aber mit dem wir zurecht kommen werden.

Wollen Sie selbst Obmann werden?

Sie können mich zehnmal fragen, ich werde dazu jetzt nichts sagen. Wir werden uns heute am Abend beraten (im Bundesparteivorstand, Anm.). Vorher nehme ich zu Spekulationen keine Stellung.

Könnten Sie sich vorstellen, dass die Funktion des ÖVP-Obmanns mit der Ministerfunktion und der Funktion als Vizekanzler gesplittet wird?

Wir kommen heute zusammen, es ist für uns eine überraschende Situation. Wir wollen aus dieser Situation keine Hüftschüsse abgeben, sondern kluge Entscheidungen treffen.

Bis wann sollen jetzt die Entscheidungen fallen?

Auch das ist offen.

Das Finanzministerium ist das Schlüsselressort. Das braucht ja wohl einen Fachmann, einen Topmanager und einen Macher. Welche Funktion sehen Sie am wichtigsten?

Sie haben die drei Kriterien schon genannt. Genau das ist es, das unterstütze ich.

In der Partei gibt es einen sehr jungen, hoffnungsvollen Politiker. Ist Kurz ein Kandidat?

Ich wünsche ihm eine hoffnungsvolle und zukunftsorientierte Rolle.

Könnten Sie sich vorstellen, dass es zu einer kompletten Regierungsumbildung kommt?

Ich schließe im jetzigen Moment gar nichts aus. Wir kommen zusammen und werden die Vorgehensweise beraten und dann sehen, wie sich die Dinge entwickeln.

Ein Vorgänger von Spindelegger, nämlich Wilhelm Molterer, hat ja einmal Neuwahlen gefordert. Ist das jetzt eine Option?

Dafür sehe ich momentan absolut keinen Anlass.

Der ehemalige Parteiobmann Karlheinz Kopf hat gemeint, man müsse sich generell die Frage stellen, warum die letzten ÖVP-Chefs immer nur drei Jahre geblieben seien.

Das ist in anderen Parteien auch so. Das Mandat wäre ohnedies 2015 abgelaufen. Da hätte es ohnedies Neuwahlen gegeben.

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