Ermittlungen gegen ÖVP-Gemeinderäte im Nazi-Keller

"Im Keller" - (c) Stadtkino Filmverleih"Im Keller" - (c) Stadtkino Filmverleih
  • Drucken

Zwei bisherige ÖVP-Gemeinderäte sind in dem neuen Film von Ulrich Seidl in einem Keller mit Hitler-Bildern und Hakenkreuzfahnen zu sehen. Sie traten aus der Partei aus.

Fünf Männer grölen ein Trinklied, im Hintergrund Hitler-Bilder und Hakenkreuz-Fahne. Diese Szene aus Ulrich Seidls neuem Dokumentarfilm "Im Keller" sorgt seit Donnerstagabend innerhalb der Volkspartei für Aufregung. Denn zwei der Männer, die in einem Haus im Burgenland vor NS-Devotionalien feiern, sind VP-Gemeinderäte - bzw. waren das zumindest bis Freitagfrüh. Da kündigten die beiden Betroffenen in einer Aussendung der Ortspartei an, "mit sofortiger Wirkung von unserem Gemeinderatsmandat zurückzutreten."

"Aus tiefster Überzeugung distanzieren wir uns hiermit inhaltlich von jeglichem NS-Gedankengut und Gräueltaten. Um weiteren Schaden für die Gemeinde und die Partei zu verhindern, haben wir uns aus freien Stücken entschlossen mit sofortiger Wirkung von unserem Gemeinderatsmandat zurückzutreten. Es war ein Fehler an so einem Dreh teilzunehmen", so die beiden betroffenen Gemeinderäte unisono. "Zum Zeitpunkt der Filmaufnahmen im Jahr 2009 waren wir nicht Mitglieder des Gemeinderates", erklärten sie.

Wenige Stunden später teilte ÖVP-Bezirksparteiobmann Christian Sagartz dann mit, dass die beiden Männer auch aus der Partei ausgetreten seien. Für die Landesorganisation ist die Angelegenheit damit beendet, wie Landesparteiobmann Franz Steindl sagte.

"Verheerende Schlüsse"

Der ÖVP-Bürgermeister der Gemeinde Marz (Bezirk Mattersburg), Gerald Hüller, räumte ein, dass die Filmszene "verheerende Schlüsse zulässt und dass die Verantwortung für dieses Fehlverhalten übernommen werden muss." Allerdings handle es sich um eine "verzerrte Darstellung in diesem Dreh. Die Musiker haben sich bedauerlicherweise für eine Filmszene, die vor dem Hintergrund von NS-Devotionalien spielt zur Verfügung gestellt."

ÖVP-Generalsekretär Gernot Blümel hatte bereits am Donnerstagabend unmittelbar nach Bekanntwerden des Falls durch eine Sendung des TV-Senders Puls 4 den Rücktritt der beiden gefordert.

Bundesparteichef Reinhold Mitterlehner nannte die Causa am Freitag "sehr, sehr problematisch". Die ÖVP habe "mit derartigem Gedankengut nichts, aber auch gar nichts am Hut".

Staatsanwaltschaft ermittelt

Die Staatsanwaltschaft Eisenstadt hat ein "umfassendes Ermittlungsverfahren" gegen alle fünf im Film agierenden Personen eingeleitet. Ermittelt wird wegen des Verdachts nach Paragraf 3g Verbotsgesetz (landläufig als Wiederbetätigung bekannt).

Anzeige wurde bereits vor eineinhalb Wochen erstattet, wie Behördensprecherin Magdalena Wehofer am Freitag mitteilte. Nach Prüfung dieser Anzeige sei nun das Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Kritik von anderen Parteien

Scharfe Kritik kam von den anderen Parteien. "Es ist wirklich bedenklich, wenn PolitikerInnen Männerrunden in Kellern voll mit Devotionalien aus der Zeit des Nationalismus als 'feucht fröhliche Musikerprobe' abtun", hieß es von der Sozialistischen Jugend.

Die Grüne Landessprecherin Regina Petrik kritisierte in einer Aussendung u.a. auch Steindl, weil dieser im Interview erklärte "Wenn es sich um nationalsozialistische Wiederbetätigung handelt, dann müssen Konsequenzen gezogen werden.". Für Petrik ist das "zu wenig". "Das finde ich als Abgrenzung erschreckend bedürftig und es überrascht mich sehr unangenehm."

>> "Puls-4"-Bericht

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

ULRICH-SEIDL-FILM: 'IM KELLER'
Politik

Seidl: VP-Gemeinderäte im Nazikeller "natürlich keine Statisten"

Regisseur Seidl widerspricht der Darstellung der Männer, wonach sie bezahlte Statisten gewesen seien und nicht gewusst hätten, was auf sie zukommt.
ULRICH-SEIDL-FILM: 'IM KELLER'
Politik

Wende im Nazi-Keller-Skandal?

Die burgenländischen ÖVP-Mandatare in Seidls Film "Im Keller" waren angeblich von dem Regisseur bezahlte Statisten.
"Im Keller" - (c) Stadtkino Filmverleih
Politik

ÖVP-Gemeinderäte im Nazi-Keller: "Sie wussten, was sie tun"

Regisseur Ulrich Seidl weist den Vorwurf zurück, die Szene in einem Keller voll mit NS-Devotionalien sei verzerrt dargestellt worden.
Film

Erwartete Abgründe in Ulrich Seidls Keller

Filmfestival Venedig. Modelleisenbahn und Hitlerbild, Domina und Opernsänger: Ulrich Seidl findet in seinem Dokumentarfilm „Im Keller“ wieder einmal diverse skurrile Obsessionen. Amüsant, aber etwas flau.
Blümel fordert Rücktritte
Politik

ÖVP-Gemeinderäte im Nazi-Keller

Zwei der Protagonisten des neuen Films von Ulrich Seidl sind ÖVP-Gemeinderäte. Sie sangen Lieder unter einem Hitler-Porträt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.