U-Ausschuss: „Smoking gun“ nicht gefunden

(c) APA (Robert Jaeger)
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Der Untersuchungs-Ausschuss hat die Haidinger-Vorwürfe abgearbeitet. Eine endgültige Klärung ist aber nicht gelungen. Jetzt geht es um den Fall Zogaj.

Wien. Die Regierungskrise überlagert im Moment alles – auch den Untersuchungsausschuss zum Thema Machtmissbrauch im Innenministerium. Der hat in den vergangenen Wochen zwar des Öfteren getagt, meist aber unbemerkt von der Öffentlichkeit. Zeitweise war die Kollegin von der Austria Presseagentur die einzige Journalistin, die die Zeugeneinvernahmen verfolgte.

Das liegt auch daran, dass sich die Brisanz des U-Ausschusses in letzter Zeit eher in Grenzen hielt. Da wurden teilweise Befragungen wiederholt, die schon vor einem Jahr im Banken-Untersuchungsausschuss zu keinem nennenswerten Ergebnis geführt hatten. Auch, dass Zeugen reihenweise absagten, sowie der häufige Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Vernehmung von Beamten dämpften das Interesse an der Berichterstattung.

Dabei ist in diesen ersten vier Monaten das Kernthema des U-Ausschusses abgehandelt worden: Die Vorwürfe des ehemaligen Leiters des Bundeskriminalamtes, Herwig Haidinger, gegen frühere Mitarbeiter von Ministerkabinetten. Haidinger hatte drei Vorwürfe erhoben: Kabinettsmitarbeiter hätten in der Causa Bawag gezielt Wahlkampfmunition gegen die SPÖ gesammelt; er sei beauftragt worden, Akten für den Banken-U-Ausschuss vorab an den ÖVP-Klub zu schicken. Und schließlich: Eine Evaluierung der Polizeiermittlungen im Entführungsfall Kampusch sei verhindert worden, weil man im Wahlkampf keinen Wirbel haben wollte.

„Die smoking gun ist nicht gefunden worden“, gibt Ausschuss-Vorsitzender Peter Fichtenbauer (FPÖ) zu. Aber: Haidinger sei auch nicht widerlegt worden. Es habe „durchaus schlüssige“ Behauptungen von Haidinger gegeben, aber auch Gegenbehauptungen der angegriffenen Kabinettsmitarbeiter, „die auch nicht unschlüssig waren. Das Ganze ist jetzt eine Frage der Beweiswürdigung“, so Fichtenbauer.

In puncto Weitergabe der Akten an den ÖVP-Parlamentsklub dürfte der Nachweis, dass Haidinger Recht hatte, nicht gelingen. Hier steht Aussage gegen Aussage, klärende Akten stehen nicht zur Verfügung. Anders sieht es im Komplex Bawag-SPÖ aus: Dass kurz vor der Nationalratswahl noch Beamte nach Liechtenstein und Frankreich geschickt wurden, um dort rasch Dokumente zu sichten, deutet eindeutig auf einen politischen Auftrag hin.

Reform der Ministerkabinette

Ein Ergebnis hat der U-Ausschuss als Nebenprodukt aber gebracht: Das System der Ministerkabinette gehört dringend reformiert. Die Kernfrage lautet dabei: Welche Position haben Kabinettsmitarbeiter gegenüber den Beamten des Ministeriums? Weisungsbefugt sind sie nur, wenn sie Weisungen ihres Ministers weitergeben, so weit ist die rechtliche Lage klar. Aber wann genau ist das der Fall? Offenbar hat sich zumindest im Innenressort die Praxis eingebürgert, dass Ministersekretäre Wünsche äußern – die dann von den Beamten als Weisung interpretiert wurden. „Da hat sich ein Eigenleben entwickelt, die Kabinette machen aktiv Politik“, meint der grüne Abgeordnete Albert Steinhauser dazu. Man müsse die Kompetenzen der Mitarbeiter regeln, damit sie nicht kleine Ersatzminister werden.

Fall Zogaj im Ausschuss

Im Sommer dürfte der U-Ausschuss gegenüber ursprünglichen Plänen nun doch nicht durcharbeiten. Derzeit sieht es nicht danach aus, dass eine Mehrheit dafür zustande kommt. Damit stehen im Juli nur noch zwei Sitzungen am Terminkalender – die aber mit brisantem Inhalt: Es geht darum, ob es in den Fällen der Flüchtlingsfamilien Zogaj und Zeqai zu Abfragen aus dem Polizei-Datensystem Ekis gekommen ist, die dann an die Medien weitergespielt wurden. Die Grünen beschuldigen Ex-Innenminister Günther Platter (im Fall Zogaj) und den niederösterreichischen Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) im Fall Zeqai der Datenweitergabe.

MONSTERPROGRAMM

Der U-Ausschuss zum Thema Machtmissbrauch im Innenministerium hat sich ein wahres Monsterprogramm vorgenommen. 100 Auskunftspersonen sollen befragt werden, die Themenpalette reicht von einer möglichen Finanzierung der SPÖ durch die Bawag über die Briefbomben-Affäre bis zu politischen Besetzungen im Innenressort. Dauern dürfte der Ausschuss mindestens noch ein Jahr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.07.2008)

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