Kärntner SPÖ geht in eine ungewisse Zukunft

(c) APA (Gert Eggenberger)
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Anfangs bejubelt, bald umstritten: Gaby Schaunig verlässt die Politik. Sie will sich von Haider nicht mehr beleidigen lassen.

Klagenfurt. Auch am Mittwoch noch stand die gesamte Kärntner SPÖ unter einem veritablen Schock. Vorsitzende Gaby Schaunig hatte all ihre Parteifreunde mit dem unerwarteten Rücktritt von allen politischen Ämtern vor den Kopf gestoßen. Selbst engste Mitarbeiter versicherten, erst wenige Stunden vor der Öffentlichkeit von der Entscheidung der Chefin erfahren zu haben. Schaunig selbst hatte bei einer Pressekonferenz am Dienstagabend das schlechte politische Klima in Kärnten als Grund für ihren Rückzug angegeben. Sie wolle sich, so die „rote Gaby“, nicht mehr länger von Landeshauptmann Jörg Haider beleidigen lassen.

Doch Haiders Stil ist nichts Neues. So trieben die Gerüchte, woran Schaunigs Entschluss tatsächlich gereift sei, während des gestrigen Tages üppige Blüten. Während die einen zu wissen glaubten, dass familiäre Schwierigkeiten für den Rückzug aus der Politik verantwortlich seien, gaben andere zum Besten, Schaunig sei in den Konkurs des Kärntner Arbö verwickelt. Aus dem BZÖ war schließlich zu hören, dass neueste Umfrageergebnisse die SP-Chefin dazu veranlasst hätten, das Handtuch zu werfen. Schaunig hätte, so der geschäftsführende BZÖ-Chef Stefan Petzner, erkannt, dass sie ihr Ziel, Haider vom Landeshauptmann-Thron zu stürzen, nicht mehr erreichen werde können.

Auch aus der SPÖ werden Widerstände gegen die frühere Parteichefin berichtet. Nicht nur der mächtige Villacher Bürgermeister Helmut Manzenreiter habe ihr die Unterstützung entzogen, auch ihr Heimatbezirk Klagenfurt habe Schaunig und den von ihr geholten Landesrat Wolfgang Schantl nicht auf die Kandidatenliste für die Landtagswahl gesetzt. Lediglich die Plätze 15 und 16 habe man für die beiden noch offen gelassen. Schaunig hätte dann zwar immer noch über die Landesliste kandidieren können – die Rückreihung im Bezirk wäre aber eine ziemliche Peinlichkeit gewesen.

Aus Schaunigs Umfeld wurden all diese Spekulationen zurückgewiesen. Nach Angaben eines ihrer engsten Mitarbeiter habe die Parteichefin die Angriffe des BZÖ auf ihren Ehemann Hans nicht mehr in Kauf nehmen wollen. Das BZÖ hat immer wieder in der Öffentlichkeit behauptet, dass Hans Schaunigs Unternehmen dank der politischen Funktion seiner Ehefrau an öffentliche Aufträge herangekommen sei und die überdies mangelhaft ausgeführt habe. Das betraf unter anderem die Beschallungs-Anlage für die Klagenfurter Seebühne.

Zwei neue Landesräte

Jedenfalls geht die Kärntner SPÖ nach dem Ausscheiden ihrer Parteichefin in eine ungewisse Zukunft. Der designierte Parteichef Reinhart Rohr (48) hat am Mittwoch sein Regierungsteam präsentiert: Landtags-Klubchef Peter Kaiser und dessen Stellvertreterin Nicole Cernic folgen Schaunig und Schantl in der Landesregierung nach. Neuer Klubchef wird Herwig Seiser.

Bei einem außerordentlichen Parteitag im August müssen die Personalrochaden bestätigt und ein Beschluss gefasst werden, wer die Kärntner SPÖ in den beinahe aussichtslosen Wahlkampf gegen Haiders BZÖ führt. Es wird bereits darüber diskutiert, die Funktionen des Parteiobmannes und des Listenführers zu trennen. Dann könnte der als bieder geltende Rohr die aufgebrachte Partei beruhigen und ein charismatischer Kandidat die Partei in die Wahl führen. Ein solcher wird allerdings nur sehr schwer zu finden sein.

Alle vorliegenden Umfragen deuten derzeit auf einen triumphalen Wahlsieg Haiders hin. Die Personalrochaden in der SPÖ erhöhen Haiders Erfolgschancen obendrein. Deshalb wurde gestern in Parteikreisen folgendes Szenario kolportiert: Man schickt Rohr und sein neues Team in die Wahlschlacht, die aus heutiger Sicht nicht zu gewinnen ist. Nach der zu erwartenden Niederlage wird die Kärntner SPÖ unter einem der mächtigen Bürgermeister der Bezirksstädte Wolfsberg, St.Veit oder Spittal an der Drau neu aufgestellt.

Keine Wahl-Zusammenlegung

Nach dem Revirement in der SPÖ war kurzfristig das Gerücht aufgetaucht, die für März 2009 geplante Landtagswahl könnte mit den Nationalratswahlen am 28. September zusammengelegt werden. Diese Variante wurde vor allem von der ÖVP forciert. Deren Chef Josef Martinz, der nach einem Autounfall noch das Spitalsbett hütet, argumentierte: „Es wäre ein kurzer Wahlkampf, der Kosten sparen würde. Doch sowohl das BZÖ als auch die SPÖ sprachen sich dagegen aus. Und für eine Auflösung des Landtages hätte man eine Zweidrittel-Mehrheit und damit beide Parteien gebraucht.

Meinung, Im Sucher: Reinhart Rohr S. 35

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2008)

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