Der zweite Frühling des Jörg Haider

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Das BZÖ umwirbt die FPÖ – um gemeinsam in eine Regierung zu gehen. Die Koalitions-Spekulationen sind in vollem Gange.

WIEN. Er lacht beim Hereinkommen der Journalistencrew zu, er lächelt bei den Einführungsworten seines Generalsekretärs, ehe er über das „konstruktive Gespräch“ und die „positive, gute Atmosphäre“ zwischen ihm und FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache spricht. Und als er dann an diesem Mittwoch ankündigt, „für die Menschen in unserem Land das Bestmögliche zu tun“, erscheint eine Sorgenfalte auf der Stirn. Jetzt wechselte der BZÖ-Chef zu einem bemüht-ernsten Tonfall.

Jörg Haider ist wieder da. Wie in früheren Jahren. Sicher nicht mehr ganz so jung, wie er seinerzeit, am 23. November 1986 – unmittelbar nach Vorliegen des vorläufigen Endergebnisses der Nationalratswahl – vor den TV-Kameras den sichtlich angeschlagenen ÖVP-Chef Alois Mock von einer Seite auf die andere geschoben hat. Aber ebenso in Siegerlaune, ebenso Optimismus ausstrahlend. Damals, 1986 verdoppelte er die FPÖ von 5,0 Prozent (1983) auf 9,7. Vor zwei Wochen schaffte er mit dem BZÖ einen noch imposanteren Sprung: von 4,1 auf 10,7 Prozent.

Und der heute 57-Jährige genießt seine neue Rolle. Mit dem wilden Angreifer und Phrasendrescher früherer Jahre hat er nun wenig gemeinsam. Seine Attacken gegen Werner Faymann und Josef Pröll sind verhalten und regelrecht zahm. Die Grünen erwähnt er nicht mehr. Für die Freiheitlichen findet der BZÖ-Obmann versöhnliche Worte. Dafür will er eine weitere SPÖ-ÖVP-Koalition verhindern, was dem Bedürfnis der Mehrheit der Österreicher entsprechen dürfte. Er baut auf Zusammenarbeit, er grenzt niemanden aus. Auch das sind Phrasen, aber solche, die im Repertoire der Politiker aller Couleurs zu finden sind.

Auf seinem Revers zeigt Haider ein Lions-Abzeichen, womit er bürgerliche Identität zur Schau stellen will. Als Landeshauptmann fühlt er sich gleichberechtigt neben dem Wiener Michael Häupl und dem Niederösterreicher Erwin Pröll. Kraft dieser Funktion ist er zum 70er von Heinz Fischer eingeladen, kraft seiner Funktion als BZÖ-Chef empfängt ihn der Bundespräsident zur Unterredung. Und die Parteichefs von SPÖ und ÖVP ebenfalls.

BZÖ&FPÖ bereit für Regierung

In seiner neuen Rolle (und mit dem Wahlerfolg im Rücken) kann sich Jörg Haider auch leisten, von sich aus auf Heinz-Christian Strache zuzugehen. „Wir sind keine feindlichen Brüder mehr“, sagt er am Mittwoch nach dem Treffen. Was dann, um in der Familiendiktion zu bleiben? „Wir sind selbstbewusste Verwandte“, so Haider. Also kein Vater-Sohn-Verhältnis wie früher? „Nein, sonst müsste ich noch Alimente zahlen.“ Scherzchen kann sich Haider weiterhin nicht versagen. Sie kommen auch stets gut an.

Aber es wäre nicht Haider, würde nicht eine beinharte Strategie dahinterstecken: Er hat nun Strache umstimmen können, mit dem BZÖ gemeinsame Politik zu machen. Zwei Parteien, aber „eine verbesserte Gemeinsamkeit im Parlament“. Jetzt soll ein FPÖ- BZÖ-Papier zur Arbeitsplatzsituation und zur Mittelstandspolitik erarbeitet werden. Beide Parteien wollen sich anschauen, wie die Regierungsverhandlungen laufen, beide sind zu einem Regierungseintritt bereit. „Wie schauen uns jetzt an, wohin sich die ÖVP bewegt, sagt Haider. Und die SPÖ? „Faymann ist, wie man kärntnerisch sagt, ein Brenntler, einer, der ständig auf Liebeswerben zur ÖVP unterwegs ist.“

Zwei für Faymann wichtige Punkte haben Haider und Strache noch vereinbart: Sie unterstützen keine Minderheitsregierung. Und bevor die SPÖ überhaupt konkrete Anliegen an sie richtet, muss sie die Ausgrenzung beenden.

Strache: „Keine Animositäten“

Strache stritt nach dem Treffen ab, dass es zwischen ihm und Haider Animositäten gebe: „Das ist Unsinn, den wir mit diesem Gespräch auch widerlegt haben.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2008)

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