Petzner: „Ich werde Emotion in die Politik zurückbringen“

Petzner
Petzner(c) REUTERS (STRINGER/AUSTRIA)
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Stefan Petzner, neuer Chef des BZÖ, will nicht mehr „bad guy“ sein. Der „Lebensmensch“ Jörg Haiders sieht die Partei als „Familie“, kann sich ein Ministeramt vorstellen und warnt Josef Pröll vor einer Großen Koalition.

Die Presse: Können Sie nachvollziehen, warum Jörg Haider mit 1,8 Promille im Blut seinen Chauffeur heimgeschickt hat?

Stefan Petzner: Ich, seine Familie und seine engsten Freunde können es nachvollziehen. Es ist niemand anderer zu Schaden gekommen, und er hat den höchsten Preis bezahlt, den man bezahlen kann. Ich appelliere auch im Sinne der Familie an die Medien, die Stopptaste zu drücken, weil es nichts mehr ändert.

Er hätte aber überleben können, hätte er seinen Chauffeur genommen.

Petzner: Er ist oft allein gefahren, speziell wenn er nach Hause ins Bärental fuhr. Ich erkläre es mir so, dass er Zeit für sich allein brauchte. Die hatte er nur beim Laufen und beim Autofahren. Er war ständig unter Druck, ständig von Menschen umgeben.

Sie selbst kennt man auch als Arbeitstier. Aber wo stehen Sie eigentlich ideologisch?

Petzner: Ich habe für Haider und für das BZÖ den Satz geprägt, der auch für mich gilt: Ich bin nicht links, nicht rechts, sondern vorn.

Was ist das BZÖ jetzt: Kleine-Mann-Partei, Mittelstandspartei, Haider-Gedenkverein?

Petzner: Die treffendste Bezeichnung wäre „Österreich-Partei“. Wir sind heimatverbunden und verteidigen unsere Leitkultur gegen die schleichende Islamisierung unserer Gesellschaft. Wir wollen Arbeitsplätze schaffen, darauf achten, dass es der Wirtschaft gut geht und sozial handeln.

Es gibt gerade eine riesige Finanzkrise, die auch Arbeitsplätze kosten wird. Welche Antworten hat das BZÖ darauf?

Petzner: Das Finanzpaket ist notwendig und europaweit akkordiert. Ein Ja auch zur Einlagensicherung. Aber wir sagen auch Ja zu Konsequenzen: Schluss mit der Spekulation, Schluss mit dem russischen Roulette. Eine Spekulationssteuer habe ich unter Zustimmung Jörg Haiders, aber gegen anfängliche heftigste Widerstände in meiner Partei durchgesetzt. Wir waren die Ersten, die das im Programm hatten.

Braucht es jetzt nicht eine starke EU?

Petzner: Es gibt Situationen, die Nationalstaaten nicht mehr allein steuern können. Wir sind nicht gegen Europa, nicht für den Austritt wie Strache, aber wir sind für ein anderes Europa. Der vorliegende Reformvertrag ist das Gegenteil dessen, was wir wollen, er darf nicht in Kraft treten. Daher: neuer Vertrag, neue Verhandlungen, und dann Volksabstimmungen in den Nationalstaaten.

Haider gilt als Ikone der rechten bis rechtsextremen Szene. Stört Sie das eigentlich?

Petzner: Das stört mich sehr. Jeder, der ihn so beschreibt, hat ihn völlig verkannt.

Er hatte problematische Sager und Auftritte, etwa vor SS-Veteranen. Haben Sie denn dafür Verständnis?

Petzner: Ich maße mir da keine Beurteilung an. Ich habe alles mitgetragen – seine Schwächen, seine Siege und Niederlagen.

Sie haben ihn sogar als Lebensmenschen bezeichnet. Was kann man sich darunter vorstellen? Das ist in der Politik doch ungewöhnlich!

Petzner: Unsere Beziehung war auch sehr ungewöhnlich.

Das klingt aber mehr privat als politisch.

Petzner: Was dieser wunderschöne Begriff konkret beinhaltet, ist eine Sache zwischen uns beiden, die für immer so bleiben wird.

Sie sind sehr jung, werden Sie politisch überhaupt ernst genommen?

Petzner: Ich habe alle meine Funktionen sehr jung wahrgenommen und bin es gewohnt, mit Skepsis beäugt zu werden. Ich bin immer mit der Aufgabe gewachsen, das wird auch jetzt so sein.

Wie werden Sie zum Beispiel einen Ewald Stadler in die Schranken weisen?

Petzner: Ich verstehe mich mit Stadler sehr gut, er ist für mich eine wichtige Stütze. Das gilt u. a. auch für den Peter Westenthaler und für die ganze Familie des BZÖ.

Sie sprechen mehr von Familie als von Partei. Ist das BZÖ emotionaler als andere Parteien?

Petzner: Ich bin es. Ich werde Emotion und Gefühl in die Politik zurückbringen. Das glaubt man nicht, weil ich schon andere Rollen wahrnehmen musste, etwa als Geschäftsführer. Da war ich „bad guy“, Angreifer. Jetzt bin ich selbst die Parteispitze. Die Politik ist unmenschlich und hart geworden! Deswegen wenden sich die Wähler auch ab. Das will ich korrigieren, da werde ich noch einige überraschen.

Würden Sie sich ein Regierungsamt zutrauen?

Petzner: Natürlich. Wenn Josef Pröll jetzt eine Große Koalition bildet, macht er seinen schwersten politischen Fehler. Das BZÖ ist bereit und fähig zu einer Regierungszusammenarbeit. So hart es klingt: Daran hat sich nichts geändert. Jörg Haider selbst wäre ja ohnehin nicht in einer Bundesregierung gesessen, das hat er auch immer gesagt.

Die ÖVP sorgt sich, dass Ihnen die Funktionäre in Scharen Richtung FPÖ davonlaufen.

Petzner: Es gab bisher keinen einzigen Austritt, sondern hunderte Eintritte. Wir hatten noch nie so große Unterstützung.

ZUR PERSON

Stefan Petzner (27) ist seit Sonntag neuer Parteichef des BZÖ. Das gab er in einer tränenreichen Pressekonferenz bekannt. Bisher war der gebürtige Steirer Generalsekretär, Obmannstellvertreter, als Sprecher aber vor allem eines: his masters voice. Mit den Medien pflegte er einen unkomplizierten Umgang. Zuletzt war er Kampagnenleiter des für Haider äußerst erfolgreichen Wahlkampfs. Sein Publizistikstudium blieb bisher unvollendet, detto seine Diplomarbeit über Udo Jürgens.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.10.2008)

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