Heinisch-Hosek: "Kopftuchtragen ist eine persönliche Entscheidung"

Gabriele Heinisch-Hosek
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Gabriele Heinisch-Hosek, die neue Frauenministerin, stellte sich im DiePresse.com-Chat Ihren Fragen zum Thema Gleichbehandlung und Frauenförderung. Die Nachlese.

  • 11:59 DiePresse.com.ModeratorWir begrüßen Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek herzlich im Chat.
  • 12:00 Gabriele Heinisch-HosekHerzlich willkommen allen Userinnen und Usern. Ich freue mich auf eine spannende Stunde mit Ihnen!
  • 12:03 Trixi KaufS.g. Frau Minister, aufgrund der Wirtschaftslage verschlechtern sich die Perspektiven für "ältere" Arbeitnehmerinnen (ab 40!) und für Wiedereinsteigerinnen noch mehr. Welche Fördermaßnahmen sind seitens der Regierung als Hilfestellung für die Arbeitnehmerinnen geplant? Hat die sozialdemokratische Frauenorganisation realisierbare Visionen für die Zukunft anzubieten bzw. wie sieht hier die Unterstützung der Männerfraktion in Ihrer Partei aus? Vielen Dank für Ihre Antwort! Mit freundlichen Grüßen Trixi Kauf
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Mir sind Arbeitnehmerinnen jeden Alters wichtig, was in Zeiten der schwierigen wirtschaftlichen Situation eine besondere Herausforderung darstellt. Unsere Maßnahmen: Die Hälfte der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik wird den Frauen zugute kommen. Spezielle Programme für Wiedereinsteigerinnen sind selbstverständlich so wie in der Vergangenheit weiter zu führen. Die SPÖ insgesamt sieht die Themen Arbeitsplätze erhalten und Vereinbarkeit von Beruf und Familie für die beiden zentralsten Herausforderungen.
  • 12:09 annenonymdie einkommensschere zwischen frauen und männern geht immer weiter auseinander. jede einzelne frauenministerin der letzten jahre hat groß den kampf dagegen angekündigt. doch wie wollen sie diesem trend wirklich entgegenwirken? es kann doch nicht sein, dass für gleiche arbeit frauen bis zu 20 prozent weniger verdienen! warum gibt es da immer noch keine strenge gesetzgebung?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Der Einkommensbericht des Rechnungshofes bestätigt leider ihre Aussage. Ich als Frauenministerin sehe darin einen klaren Handlungsauftrag, Frauen gut zu informieren, mich mit Ressortkolleginnen inhaltlich zu verknüpfen. Mädchen sollen motiviert werden, auch technische Berufe zu ergreifen Frauen sollen gut über ihre Kollektivverträge Bescheid wissen. Auch bei Berufsumstiegen ist es wichtig, klare Gehaltsforderungen zu stellen. Zum ersten Mal bekennt sich die gesamte Bundesregierung zur Gleichstellung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt. Dieser nationale Aktionsplan wird von mir koordiniert und beinhaltet Themen wie Verringerung der Einkommensschere und Beisserqualifizierung etc.
  • 12:11 BrunhildeSie sind für Frauenquoten in Aufsichtsräten, Wirtschaftsminister Mitterlehner dagegen. Wer wird sich durchsetzen?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Im Regierungsprogramm verankert ist, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöht werden soll. Jetzt haben wir nur neun Prozent Frauen in Aufsichtsräten. Das ist zu wenig. Ich bin überzeugt, gemeinsam mit Wirtschaftsminister Mitterlehner wird es gelingen, dass dieser Anteil erhöht wird.
  • 12:14 yarvisGlauben Sie, dass durch die Wirtschaftskrise Themen, die in erster Linie Frauen betreffen (Kinderbetreuung etc.) wieder verstärkt in den Hintergrund rücken? Wenn ja, haben Sie schon Gegenkonzepte?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    In der Tat ist es so, dass Frauen zu den ersten gehören, die in dieser Krise betroffen sind. Frauen arbeiten oft in schlecht bezahlten Branchen, oft in Teilzeit und haben nicht immer die Kinderbetreuung vor Ort, die sie bräuchten. Daher hat die Bundesregierung ein Bündel an Maßnahmen beschlossen, damit möglichst viele Frauen ihre Arbeitsplätze erhalten können und Vereinbarkeit von Beruf und Familie leichter wird.
  • 12:15 Laura BergmannWieso braucht es überhaupt ein eigenes Frauenministerium?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Solange Frauen weniger verdienen als Männer, solange Frauenpensionen um bis zu 60 Prozent niedriger sind als Männerpensionen, solange wir sowenig Frauen in Führungspositionen haben, solange Frauen in vielen gesellschaftlichen Bereichen schlechter behandelt werden, solange braucht es eine Frauenministerin.
  • 12:16 DiePresse.com.Moderator
  • 12:17 featurecheckWenn man Politik für Frauen macht, muss sich dann eigentlich immer alles um Gleichbehandlung drehen, oder gibt es auch andere themen?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Politik für Frauen umfasst alle Bereiche der Politik, sei es Innenpolitik, Justizpolitik, Finanzpolitik, Gesundheitspolitik, etc. Als Frauenministerin werde ich Gleichstellung in allen Bereichen einfordern.
  • 12:20 Jack BauerSie sind Frauenministerin. Aber was wollen Sie Männern anbieten? Was wollen Sie etwa konkret tun, damit auch Männer mehr Zeit für die Familie haben können? Damit Männer auch stärker in "Klischee-Frauenrollen" Platz haben...
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Politik für Frauen heißt für mich auch Politik mit Männern machen. Ein gemeinsames Bekenntnis der Bundesregierung ist, dass wir mehr Väter motivieren wollen, in Karenz zu gehen und der "Papa-Monat" ermöglicht wird. Außerdem wird es beim Kindergeld ein zusätzliches Angebot geben.
  • 12:23 pennpatrikSehr geehrte Frau Gabriele Heinich-Hosek, ich war voriges Jahr bei der Sponsion der Informatiker (ja, ja, auch der Innen). von 60 Anwesenden waren 2 Frauen. Woher nehmen sie den Anspruch, gleiches Einkommen zu fordern, wenn sich die Frauen weigern in einer technischen Welt technische Berufe zu ergreifen?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Zum ersten möchte ich Mädchen motivieren, technische Berufe zu ergreifen. Erfolgreiche Projekte laufen bereits. Zum zweiten sollen sich Mädchen in der Welt der Technik auch willkommen fühlen. Ich bin Ihrer Meinung, dass hier mehr Mädchen und Frauen Fuß fassen sollten.
  • 12:26 Laura BergmannWelche Änderung wird es beim Kindergeld geben?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Aufbauend auf den drei bestehenden Varianten (30 plus 6 Monate, 20 plus 4 Monate und 15 plus 3 Monate) wollen wir ein Einkommensabhängiges Kindergeld entwickeln, das eine noch kürzere Dauer mit einem höheren Bezug umfasst. Ziel ist, damit mehr Väter zu motivieren, in Karenz zu gehen.
  • 12:28 yarvisDie französische Ministerin Dati hat fünf Tage nach der Geburt ihres Kindes wieder gearbeitet. Könnte dieses Verhalten ein negatives Vorbild für Frauen sein?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Prinzipiell ist es die persönliche Entscheidung von Ministerin Dati, wann sie wieder arbeiten möchte. In Österreich haben wir mit dem Mutterschutz gute Rahmenbedingungen geschaffen, damit Frauen acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt geschützt sind.
  • 12:34 Bine_SEigentlich wäre ich ja gerne ein Jahr nachdem mein Kind auf die Welt gekommen ist wieder arbeiten gegangen. Aber das war einfach nicht möglich, weil es in meiner Umgebung keine passenden Kinderbetreuungseinrichtungen für Unterdreijährige gibt. Und wenn es sie gibt sind sie entweder zu teuer oder die Öffnungszeiten sind zu gering. Wird sich daran durch diese Regierung was ändern?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Leider finden Frauen in Österreich sehr unterschiedliche Bedingungen vor, was das Angebot an Kinderbertreuungseinrichtungen betrifft. Vor allem für Unter-Drei-Jährige hat schon die letzte Bundesregierung wichtige Akzente gesetzt, damit mehr Kinderbetreuungsplätze geschaffen werden können. Dieses Programm läuft noch bis 2010. Bis zu 6000 Plätze pro Jahr können damit vor allem für Unter Dreijährige geschaffen werden. Jetzt kommt das kostenlose Kindergartenjahr für alle Fünfjährigen, was sicherlich vielen Familien hilft. Ich bin froh, dass in einigen Bundesländern Maßnahmen zum Gratis-Kindergarten gesetzt werden.
  • 12:36 Bine_SEine Frage an Sie als Beamtenministerin: An meinem Arbeitsplatz - bin Beamtin - geht immer wieder die Befürchtung um, dass es bald eine Beamtenagentur gibt, in der viele von uns dann geparkt und aufs Abstellgleis geschoben werden. Was ist an diesem Gerücht dran?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Falls Sie im Bundesdienst tätig sind, für den ich verantwortlich bin, so kann ich Ihnen versichern, dass nicht daran gedacht ist, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in einer Agentur zu "parken".
  • 12:37 DiePresse.com.Moderator
  • 12:40 annenonymwelches frauenbild vertreten sie selbst eigentlich? glauben sie noch an das bild der powerfrau, die kinder, job und ehemann locker schaukelt, oder vertreten auch sie das von ihrem koalitionspartner immer mehr biedermeierisierte frauenbild?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Ich vertrete ein modernes Frauenbild, das Frauen ein selbstbestimmtes, finanziell abgesichertes Leben ermöglicht. Aufgabe der Politik ist es, dafür geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen. Mein Bild von einem modernen Mann ist es, dass Männer selbstverständlich ihren Beitrag in allen Bereichen des Familienlebens leisten.
  • 12:44 Laura BergmannWas sagen Sie zur Kritik, dass die beiden Konjunkturpakete in erster Linie nur für Männer sind?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Diese Kritik teile ich nicht, da beide Konjunkturpakete der Ankurbelung der Wirtschaft dienen. Im zweiten Konjunkturpaket ist eine Qualifizierungsoffensive festgeschrieben, die schwerpunktmäßig Frauen zugute kommen soll. Außerdem wird das Gratis-Kindergartenjahr für Fünfjährige Entlastung für Familien bringen.
  • 12:47 OphicusUngleichbehandlung der Geschlechter gibt es noch immer einige. Neben der viel diskutierten Themen der Gehaltsschere auch so selten beleuchtete Bereiche wie die Wehrpflicht oder das unterschiedliche Pensionsantrittsalter. Wäre es nicht auch hier an der Zeit für Gleichberechtigung zu sorgen? Vor allem da diese Ungleichbehandlung vom Gesetzgeber tatsächlich relativ leicht zu beseitigen wäre.
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Tatsächlich können Frauen auch jetzt schon Karriere beim Bundesheer machen und das Pensionsantrittsalter von Männern und Frauen wird sukzessive angeglichen. Beides ist gesetzlich verankert.
  • 12:52 schwejksind sie für ein kopftuchverbot?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Wenn Frau sich aus religiösen Gründen für das Tragen eines Kopftuches entscheidet, so ist das eine persönliche Entscheidung. Für mich ist wichtig, dass Frauen, unabhängig von ihrer ethnischen oder religiösen oder kulturellen Herkunft ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben führen können.
  • 12:59 OphicusIst das "klassische" Familienbild mit Hausfrauenrolle für Sie prinzipiell Frauenfeindlich oder werden die Hausfrauen nur zu wenig gewürdigt?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Familie heute ist sehr vielschichtig und unterschiedlich. Frauen, ob berufstätig oder nicht, leisten sehr viel an Familienarbeit. Das ist zu würdigen, und Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit mehr Väter sich an der Familienarbeit beteiligen können.
  • 13:01 BrunhildeSie haben gesagt, Frauen sollten sich mehr für technische Berufe interessieren und "klare Gehaltsforderungen stellen" Sind die Frauen also selber schuld an der Einkomensschere?
  • ANTWORT VON Gabriele Heinisch-Hosek:
    Natürlich nicht, die Gründe für die Einkommensunterschiede sind sehr vielschichtig. Hier müssen wir an verschiedenen Hebeln ansetzen.
  • 13:02 DiePresse.com.ModeratorVielen Dank an Frau Minister Heinisch-Hosek, dass sie sich für unseren Chat Zeit genommen hat. Danke wie immer auch an unser Userinnen und User für das rege Interesse und die vielen Fragen. Morgen geht es im Chatroom um 14 Uhr weiter mit dem plästinensischen Botschafter, Zuheir Elwazer, zur Krise in Gaza.
  • 13:05 Gabriele Heinisch-HosekFür mich war das eine sehr interessante Stunde. Vielen herzlichen Dank für Ihre Beiträge!

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