Die ungewöhnliche Karriere von Harald Waiglein, dem neuen Pressesprecher des Finanzministers.
Seit der Vorwoche ist Harald Waiglein (41) Pressesprecher von Finanzminister Josef Pröll. Er trägt Anzug und Krawatte, das Haar akkurat geschnitten, und sieht eigentlich recht bieder aus. Wenig erinnert an den Harald Waiglein von früher. Anfang der 90er-Jahre war er weltberühmt in Wiens alternativer Musikszene. Waiglein war Leadsänger und Gitarrist der Underground-Band „Bomb Circle“, Genre: Indie-Rock. „Ihr progressiver Rock sitzt schräg genug zwischen allen Stühlen: Punk, Metal, Noise, Psychedelia, sogar Blues – eine Mischung, die so kaputt ist, wie es Gitarrenmusik anno 1991 sein muss“, notierte damals „Die Presse“. Der „Standard“ hob „Waigleins schneidende Stimme, die in Österreich seinesgleichen sucht“ hervor. Der frühere Sängerknabe schrieb auch die Melodien und Texte, er steuerte sogar einen Song für den Soundtrack des Films „Before Sunrise“ mit Ethan Hawke und July Delpy bei.
Waiglein heuerte bei FM4 an, später wechselte der Unternehmersohn ins ernstere Fach: in die Wirtschaftsredaktion des ORF-Radios. Einmal zeigte er sich da noch in Rebellenpose: Als er Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser eine Frage nach dessen Homepage stellte, die dieser nicht beantworten wollte. Waiglein wiederholte die Frage so oft, bis Grasser mitten im Interview aufstand und ging.
Danach war Waiglein Wirtschaftschef und Vizechefredakteur der „Wiener Zeitung“. Ein weiter Weg vom „Linksradikalen“ (ein Bekannter aus Jugendtagen) zum Wirtschaftsliberalen. 2007 holte ihn Wilhelm Molterer als Sprecher für Sachfragen ins Finanzministerium. Nun wechselte Waiglein ins Kabinett des Finanzministers, als zweiter Sprecher neben Daniel Kapp. Ob Josef Pröll ein „Bomb-Circle“-Album besitzt, ist nicht überliefert.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.01.2009)