Schwerarbeiterpension wird zur Farce

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Nur 1300 nützen die Sonderregelung für belastende Tätigkeiten zum vorzeitigen Gang in den Ruhestand. Wer kann, nimmt lieber die "Hacklerpension" in Anspruch - die Regierung plant eine Änderung.

WIEN. Die Österreicher gehen viel lieber als „Hackler“ denn als Schwerarbeiter in den Ruhestand. Während allein die Pensionsversicherungsanstalt für Arbeiter und Angestellte (PVA) rund 61.000 Frühpensionisten verzeichnet, die bisher die Sonderregelung für Langzeitversicherte („Hackler“) für den vorzeitigen Gang in den Ruhestand nützten, ist der Zustrom auf die 2007 eingeführte Schwerarbeiterpension gering. Österreichweit wurde diese bis Ende Dezember 2008 von 1299 Personen genützt, davon waren 575 Bauern, wurde der „Presse“ im Hauptverband der Sozialversicherungen und in der PVA erläutert.

1Was ist der Grund für diese völlig unterschiedliche Entwicklung bei den beiden Frühpensionsvarianten?

Bei der Hacklerregelung ist die Dauer der Versicherungszeit (Berufsjahre) ausschlaggebend. Männer müssen 45 Jahren gearbeitet haben, um mit 60 in Frühpension gehen zu können; Frauen können nach 40 Berufsjahren mit 55 in den vorzeitigen Ruhestand gehen. Diese Hacklerregelung kann etwa auch von Sekretärinnen in Anspruch genommen werden.

2Welche Voraussetzung gibt es für die Schwerarbeiterpension?

Die Hürden zur Erlangung einer Schwerarbeiterpension sind wesentlich höher. Die wichtigste Voraussetzung ist: Es muss nachgewiesen werden, dass innerhalb der letzten 20 Jahre vor dem Ruhestand mindestens zehn Jahre Schwerarbeit ausgeübt wurde. Viele Beschäftigte scheitern an dieser Hürde, weil sie zwar Schwerarbeit geleistet haben, allerdings häufig nicht gegen Ende ihres Jobs, sondern in früheren Jahren ihrer Berufslaufbahn.

3Welche Konsequenzen gibt es aufgrund dieser Entwicklung?

Wegen der Unzufriedenheit mit der geltenden Schwerarbeiterregelung sind von der SPÖ-ÖVP-Regierung Änderungen geplant. Die Vorarbeiten dazu sollen wie in anderen Fällen auch gemeinsam mit den Sozialpartnern erfolgen – und das möglichst noch in der ersten Hälfte dieses Jahres. Das Hauptziel ist laut Koalitionspakt „eine faire“ Regelung der Abschläge. Im Klartext: Es soll dabei für Schwerarbeiter eine günstigere Lösung gesucht werden.

4 Warum benachteiligt die Schwerarbeiterpension Frauen?

Die Schwerarbeiterpension wurde im Gegensatz zur Hacklerpension nur von Männern in Anspruch genommen. Der Grund: Anders als bei der Hacklerpension liegt das Antrittsalter für beide Geschlechter bei 60 Jahren. Für Frauen bringt das keinen Vorteil: Sie können ab diesem Alter bis zum Jahr 2024 auch regulär in Pension gehen.

5Was macht die Schwerarbeiterpension so unattraktiv?

Während bei der Hacklerregelung die Frühpension ohne Abschläge, also ohne Einbußen, in Anspruch genommen werden kann, gibt es bei der Schwerarbeiterpension Abschläge bis maximal 4,2 Prozent pro Jahr vor dem regulären Pensionsalter. Das ist laut Experten ein Grund, warum, sofern dies möglich ist, lieber andere Formen des vorzeitigen Ruhestands genützt werden: die Hacklerpension oder auch die Invaliditäts- beziehungsweise Berufsunfähigkeitspension, wenn jemand schon vor dem 60. Lebensjahr wegen Krankheit in den Ruhestand geht.

6Was gilt nun als Schwerarbeitertätigkeit?

Das ist per Verordnung geregelt. Neben der Voraussetzung, dass die Tätigkeit in den letzten 20 Jahren vor der Pension ausgeübt werden muss, ist diese genau definiert: So gilt als Schwerarbeit Schicht- und Wechseldienst (mit Nachtarbeit zumindest sechsmal pro Monat); Jobs unter regelmäßigem Hitzeeinfluss (ab plus 30Grad) oder Kälte (minus 21Grad); Arbeit unter besonderen chemischen/physikalischen Einflüssen (wenn etwa ständig Atemschutzgeräte verwendet werden).

Frauen über 60 vorm Arbeitsgericht S. 3MeinungSeite 27

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2009)

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