Oberösterreich: Pühringers "Powerregion"

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Der Landeshauptmann beginnt ein Jahr vor dem TagX den Wahlkampf. Vizekanzler Mitterlehner wird als "Atout" eingesetzt.

Wien. Auch 65-Jährige unterliegen einem sehr strengen, großteils fremdgesteuerten Zeitkorsett. Nicht nur als Großvater, sondern auch als in einer Spitzenfunktion Tätiger. Erst recht in der Politik. Josef Pühringer, heute, Donnerstag, wird er 65, ist ein gehetzter Mann. Gehetzt von Terminen, gehetzt von politischen Mitbewerbern. Kaum hat der oberösterreichische Landeshauptmann am Mittwoch den Großteil seines Tafelspitzes in Hübners Kursalon in Wien verzehrt, muss (oder darf?) er wieder zurück ins Heimatland.

Der Halbtages-Wien-Ausflug des Oberösterreichers nimmt bei einem Mittagstreff mit Journalisten sein abruptes Ende. Ungefragt meinte Pühringer noch wenige Minuten vorher: „Ich habe keinen Wien-Komplex. Ich fühle mich ganz wohl in Wien.“ Ganz wohl. Sagt er.

Den Grund für Pühringers Visite liefert diesmal keine dieser „Routinesitzungen“, zu denen Bundeschefs der ÖVP dann und wann rufen, sondern eine Plakatkampagne der ÖVP Oberösterreich, die Oberösterreicher in deren Stolz bestärken soll – auf Oberösterreich, natürlich. Oder so. Mit anderen Worten: Pühringer beginnt, gestärkt durch fast verdächtig hohe 99,4-prozentige Unterstützung der Delegierten, als Spitzenkandidat der ÖVP das Werben für ein Ereignis, das planmäßig im September 2015 stattfinden wird: die oberösterreichische Landtagswahl.

Schwarze „Powerregion“

Erstmals sind Plakate der oberösterreichischen ÖVP auch in Wien zu sehen. Als Entwicklungshilfe für die schwächelnde Landespartei der Bundeshauptstadt? Nie würde ein Mann wie Josef Pühringer Derartiges sagen. Nein, 70.000 gebürtige Landsleute wohnen hier, in Wien, die Pühringer als zweitgrößte Stadt Oberösterreichs tituliert.

Sein Bundesland will er aus dem „oberen Mittelfeld“ in die „Champions League“ der industriellen Topregionen Europas führen. „Wir wollen an die Spitze“, meint Pühringer. Die Regionen München, Prag, Stuttgart, selbst London nennt er da als Konkurrenten. Oberösterreich sei eben eine „Powerregion“. Zwei Mal verwendet Josef Pühringer diesen Begriff. Wir werden ihn während des nächsten Jahres von ihm noch sehr viel öfter zu hören bekommen. Genauso wie die Forderung nach Deregulierung. „Es gibt keine Alternative“, sagt er in Maggie-Thatcher-Manier.

Tatsächlich ist Oberösterreich jedenfalls politisch eine „Powerregion“, eine schwarze „Powerregion“. Nicht frei von belehrendem Unterton erlaubt sich Pühringer darauf hinzuweisen, dass die oberösterreichische ÖVP seit einigen Wahlgängen mehr Stimmen auf sich vereinigen kann als selbst die SPÖ im ach so roten Wien.

Leicht wird er es dennoch nicht haben, im nächsten Jahr. 46,8Prozent gilt es zu verteidigen, derartige Werte übertrifft heute vielleicht lediglich ein Mann Marke Erwin Pröll. Wie Landesgeschäftsführer Wolfgang Hattmannsdorfer assistiert, rutscht die ÖVP Oberösterreich in Umfragen auf 41 bis 42 Prozent, die SPÖ auf 21 bis 22, FPÖ (18 bis 19) und der grüne Koalitionspartner (10 bis 11) legen zu, Neos kommen auf 5 bis 6Prozent.

Zu hören wird im Wahlkampf auch Landsmann Reinhold Mitterlehner sein, der in einer Woche zum ÖVP-Bundeschef gewählt werden soll. Pühringer: „Mitterlehner ist ein Atout für uns. Wir verstecken ihn sicher nicht.“ Das war nicht bei jedem ÖVP-Chef so, draußen in der schwarzen „Powerregion“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.10.2014)

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