Steuerreform: Nulldefizit nicht so wichtig?

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Der ÖGB plädiert für eine rasche Entlastung der Arbeitnehmer – auch wenn dafür höhere Schulden notwendig sein sollten.

Wien. Ein starkes Zeichen für die geforderte Steuersenkung wollte der Gewerkschaftsbund mit seiner Unterschriftenaktion setzen. Ob es das geworden ist? 882.184 Unterstützungserklärungen sind nicht ganz wenig – aber doch deutlich unter der symbolträchtigen Marke von einer Million gelegen, die die Gewerkschaft angepeilt hat.

Für ÖGB-Präsident Erich Foglar, der am Donnerstag gemeinsam mit seinen Stellvertretern, Renate Anderl und Norbert Schnedl von den Christgewerkschaftern, das Ergebnis präsentierte, war die leise Enttäuschung natürlich kein Thema. Im Gegenteil: Für Foglar sind die 880.000 Unterschriften eine „ganz klare Botschaft an die Bundesregierung“, dass es höchste Zeit für eine Steuerentlastung sei.

Jetzt sind Arbeitnehmer dran

Und die zweite Botschaft sei: „Jetzt sind die Arbeitnehmer und die Pensionisten dran, und zwar zu 100 Prozent.“ Die Arbeitnehmer dürften sich die Lohnsteuersenkung auch nicht selbst bezahlen, deshalb lehnt der ÖGB eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge als Gegenfinanzierung ebenso wie eine Streichung von Begünstigungen bei der Besteuerung von Überstunden oder Urlaubs- und Weihnachtsgeld ab.

Wann welche Teile der Steuerreform in Kraft treten sollen, sei „Teil der politischen Verhandlungen“, betonte der ÖGB-Präsident. Er schloss ein Inkrafttreten weder in Etappen noch in seiner Gesamtheit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt aus. Er selbst würde sich ein Wirksamwerden zumindest eines Teils mit 1. Jänner 2015 wünschen, „weil es die Menschen brauchen“. Foglar verwies aber auf den Zeitplan der Regierung, nach dem bis Jahresende die Experten am Wort sind, dann ab Anfang kommenden Jahres die politischen Verhandlungen stattfinden und vor dem Sommer 2015 ein Nationalratsbeschluss erfolgen soll.

Gegenüber dem angestrebten Nulldefizit hat für den ÖGB die Entlastung der Arbeitnehmer Priorität. Ob der Abbau des strukturellen Defizits ein oder zwei Jahre früher oder später erreicht werde, sei nicht entscheidend, meinte Foglar. Seiner Auffassung nach könne es gar nicht erreicht werden, wenn die Wirtschaft schrumpfe. Als Argument für eine rasche Lohnsteuersenkung führte Foglar auch die für heuer zu erwartende Steigerung der Steuereinnahmen um 3,9 Prozent ins Treffen. Während die Lohn- und Gehaltssumme im Vergleich zum Vorjahr bisher um lediglich 3,2 Prozent gestiegen sei, rechne das Finanzministerium bis Jahresende mit einem Plus von 5,7 Prozent bei der Lohnsteuer.

Pensionisten machen weiter

Während der ÖGB seine Unterschriftenaktion beendet hat, macht der SPÖ-Pensionistenverband so lange weiter, bis der Antrag auf Steuerreform im Parlament behandelt wird. „Gemeinsam knacken wir die Million“, kündigte Pensionistenverband-Präsident Karl Blecha an. Er will vor allem erreichen, dass Bezieher von niedrigen Pensionen künftig eine Steuergutschrift erhalten. (APA/maf)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2014)

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