Josef Kalina: „Ich bin jetzt mutig und sage: 91 Prozent“

Josef Kalina
Josef Kalina(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Josef Kalina, ehemaliger sozialdemokratischer Bundesgeschäftsführer, erklärt die SPÖ: Warum Werner Faymann sich an der Macht halten kann. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Alfred Gusenbauer.

Die Presse: Wie viel Prozent bekommt Werner Faymann auf dem SPÖ-Parteitag?

Josef Kalina: Ich bin jetzt mutig und sage: 91 Prozent.

Tickt die SPÖ noch immer so, dass sich dann, wenn es ernst wird, alle hinter ihrem Vorsitzenden versammeln? Unter Gusenbauer war das ja ein wenig anders.

Das lag daran, dass sich Gusenbauer nicht um den inhaltlichen Konsens bemüht hat. In Sachen Pensionsautomatik etwa – ein Thema, das nun wieder am Tisch liegt. Gusenbauer war bereit, auf dieses Thema einzusteigen. Weil er der Überzeugung war, dass das richtig ist. Außer ihm war in der SPÖ aber niemand dieser Überzeugung. So etwas würde Faymann nie machen. Auf dieses Eis würde er sich nicht begeben.

Mutig wäre es allerdings.

Die Frage des Mutes ist eine des Betrachtungswinkels. Für einen, der die Position inhaltlich für falsch hält, wäre es nicht mutig, sondern falsch. Und das ist eben die Position der Gewerkschafter und großer Teile der SPÖ. Ich habe das damals ja hautnah miterlebt. Die Pensionsautomatik war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Als sie gemerkt haben, dass es Gusenbauer ernst damit ist, haben sie die Notbremse gezogen. Faymann würde so etwas nie machen. Und es ist ja auch die Frage, ob das von einem Chef einer sozialdemokratischen Partei überhaupt zu verlangen ist.

Aber er ist ja auch Kanzler. Da geht es um das Gesamtwohl des Staates.

Wer definiert denn das Interesse des Staates? Der Staat sind alle.

Könnte es Franz Voves – die SPÖ bei der Pensionsautomatik auf eine neue Linie bringen?

Das glaube ich nicht. Denn das Pensionsthema ist eines, wo der Turnaround in der SPÖ am schwierigsten ist. Kürzungen, die Schmälerung von Anpassungen – das geht mit der Seele der Partei nicht zusammen.

Aber es geht ja vor allem um eine Erhöhung des Antrittsalters.

Da hast du dann aber wieder die Thematik der Altersarbeitslosigkeit.

Noch einmal zurück zum Parteitag: Die Juso-Chefin hat angekündigt, Faymann nicht zu wählen. Ist das vernachlässigbar?

Vernachlässigbar ist nichts. Und Faymann ist ja einer, der sich seit Langem um alle bemüht, dass er ihre Stimmen bekommt. Es war keinem Parteichef jemals egal, wie viel Stimmen er am Parteitag kriegt. Vranitzky ist da vielleicht etwas leichter drübergestanden.

Die Frauen hat Faymann nun befriedet?

Ich glaube, ja. Wobei ich denke, dass dieses Reißverschlusssystem in Zukunft noch viel Sprengkraft haben wird. Fällt ein Mann aus, müsste ein Frau nachfolgen – und umgekehrt. Und viele große Bezirke haben nur ein Mandat. Und jetzt sollen diese dann aus übergeordneter Räson jemand anderen schicken, als sie eigentlich schicken wollten?

Die Genossin Ablinger war ja nie Ihr Fall.

Aus inhaltlichen Gründen. Eine Partei muss geschlossen auftreten. Wenn man in einer zentralen Frage wie dem Fiskalpakt nach intensivsten Debatten einen Mehrheitsbeschluss nicht mittragen kann, kann man meiner Meinung nach nicht Mandatar sein.

Wie groß ist der Einfluss der Gewerkschaft in der Faymann-SPÖ?

Er ist wieder sehr stark. Sie haben auch inhaltlich mit der ganzen Umverteilungsdebatte eine Führungsrolle übernommen. Faymann hat das übernommen. Und sie sind – wie man nun beim Unterschriftensammeln gesehen hat – in der Lage zu mobilisieren.

Sind Sie als Unternehmer für Vermögenssteuern?

Absolut. Ich bin da wirklich der Meinung, dass das ausnahmsweise richtig ist. Ich sehe da schon eine Schieflage: Wenn ich meinen Mitarbeitern zu ihrem Gehalt etwas dazu gebe, nimmt der Staat schon mehr als die Hälfte weg. Das ist nicht okay. Und auch nicht leistungsfördernd. Daher muss hier was getan werden. Und dazu braucht es eben eine Gegenfinanzierung. Ich bin als Unternehmer aber auch für deutliche Effizienzsteigerung beim Staat: schlankere Strukturen in den Verwaltungseinheiten. Das bedingt natürlich auch Personalabbau im Beamtenbereich. Mit dem Sparen beim Staat tut sich die SPÖ aber immer noch schwer.

Wann kommt Christian Kern?

Diese Frage kann man beantworten, wenn der jetzige Kanzler bei der nächsten Wahl nicht mehr gewählt wird. Vorher passiert nichts. Es sei denn, im Landtagswahljahr 2015 gibt es eine eindeutig negative Richtung, dann kann sich noch was verändern. Es wird diese eindeutige Richtung aber nicht geben.

ZUR PERSON

Josef Kalina, geboren am 19. Jänner 1958 in Wien, war von 2007 bis 2008 SPÖ-Bundesgeschäftsführer unter Kanzler und Parteichef Alfred Gusenbauer. Zuvor war er Kommunikationschef der Bundespartei gewesen. Unter Kanzler Viktor Klima war er dessen Pressesprecher. Seine politische Karriere hatte er in der Sozialistischen Jugend begonnen, zwischenzeitlich war er auch Journalist, unter anderem bei der „AZ“ und der „Krone“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2014)

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