Irmgard Griss: Über die Pleitebank in die Hofburg?

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Nach ihrem Bericht wird Irmgard Griss gar für die Hofburg gehandelt. Zuvor schlug ihr Misstrauen entgegen.

Wien. Präsidentin, das war Irmgard Griss schon einmal. Nämlich Präsidentin des Obersten Gerichtshofs. Nun wird in sozialen Netzwerken wie Twitter aber von mehreren Seiten gefordert, die Juristin solle gleich für die Hofburg kandidieren. Sie sehe das als Kompliment, sagte Griss am Mittwoch zur „Presse“. Ernst nehme sie Gerüchte über eine solche Kandidatur aber freilich nicht.

Die 68-jährige Steirerin ist zum Star geworden. Als Vorsitzende der Hypo-Kommission deckte sie die Vorgänge schonungslos auf. Ihr Auftritt in der „ZiB 2“ verschaffte der Juristin Sympathiepunkte in der breiten Bevölkerung. Dass eine von der rot-schwarzen Regierung eingesetzte Kommission es wagt, tatsächlich Kritik an Entscheidungen rot-schwarzer Regierungen zu üben, das gilt in einem Land wie Österreich noch immer als Sensation. Wohl auch deswegen war die Einsetzung der Griss-Kommission im März noch höchst skeptisch beäugt worden. Selbst namhafte Juristenkollegen bezeichneten die Kommission als „Alibiaktion“ oder „Beruhigungspille“. Die Opposition war erst recht empört. Eine „reine Vertuschungsaktion“ ortete etwa FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. „Ein völlig untauglicher Fluchtversuch“ sei das, meinte damals Grünen-Vizechef Werner Kogler.

Und tatsächlich mag so mancher in der Bundesregierung die Griss-Kommission als Chance gesehen haben, um das Volk von der geforderten Einsetzung eines U-Ausschusses abzulenken. Schließlich hatte die nun eingesetzte Griss-Kommission kaum Rechte: Wer nicht aussagen wollte, musste nicht. Wer aussagte, konnte lügen wie gedruckt, eine Wahrheitspflicht gab es nicht. Griss machte das von Anfang an keine Sorgen. Als erfahrene Richterin werde sie schon merken, wenn jemand nicht die Wahrheit sage, erklärte sie.

Freundlich im Ton, hart in der Sache

An Selbstvertrauen mangelte es Griss noch nie. Grundsätzlich freundlich, aber im Ton sehr bestimmt, wenn es sein muss – so tritt sie auf. Auch wenn es um den Vorwurf geht, sie hätte Michael Spindelegger geschont. Dieser hatte als Finanzminister die Kommission eingesetzt. Es sei aber schon aus Zeitgründen klar gewesen, dass nur die Zeit vor Spindeleggers Amtsantritt (Ende 2013) Untersuchungsgegenstand gewesen sei, sagt Griss. Auch wenn das im Ministerratsbeschluss so nicht steht. Eine „völlig böswillige Interpretation“ wäre der Vorwurf, sie wollte Spindelegger schonen, sagte Griss in der „ZiB 2“.

Diskussionen scheut Griss nie. Als Chefin des Höchstgerichts etwa führte sie mit Richterkollegen Debatten über die Frage, wie man Urteile kürzer besser abfasst. Das kam bei manchen Kollegen, die ihre Urteile gern ausführlich wissenschaftlich begründen, nicht so gut an. „Wenn man ein Problem wirklich verstanden hat, dann kann man es auch einfach ausdrücken“, lautete aber das Credo von Griss.

Geboren ist Griss im weststeirischen Bösenbach. Es folgen Matura und Jus-Stadium in Graz. Griss werkt zunächst als Assistentin für Zivilgerichtliches Verfahren an der Uni Graz. Dann schlägt sie die Anwaltslaufbahn ein, entscheidet sich aber ein Jahr nach der Anwaltsprüfung doch für die Richterkarriere. 2007 wird Griss die erste Präsidentin dieses Höchstgerichts. Nach Erreichen des Ruhestandsalters im Jahr 2011 übernimmt Griss neue Aufgaben: So leitet sie etwa nun die Schlichtungsstelle für Verbrauchergeschäfte.

„Fehler, es allen recht machen zu wollen“

Ratschläge an die Politik hatte Griss schon als Richterin gern parat. So sei es ein Fehler, es immer allen recht machen zu wollen und – wie etwa im Mietrecht – lange untätig zu bleiben. „Es ist ein völlig falsches Verständnis von Politik, wenn man meint, der Gesetzgeber dürfe nur Regelungen treffen, die ohnedies alle wollen“, sagte die Juristin. Die Politik müsse versuchen, eine gute Lösung zu finden und dann die Menschen dafür zu gewinnen.

Immer wieder kursierte der Name Griss, wenn die ÖVP eine Justizministerin suchte. Insbesondere, als es um die Ablöse von Claudia Bandion-Ortner ging, war die als bürgerlich geltende OGH-Chefin im Gespräch. Sie betonte aber, damals keine Ambitionen auf das politische Amt gehabt zu haben.

Noch bliebe Zeit für Ambitionen: Die Bundespräsidentenwahl findet 2016 statt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2014)

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