Die Milliardensteuerpläne der Koalition

Die Koalition stellt erste Weichen für das Steuerpaket.
Die Koalition stellt erste Weichen für das Steuerpaket.(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Exklusiv. Der „Presse am Sonntag“ liegen Papier und Berechnungen der Expertenkommission vor: Die SPÖ will auch Familien entlasten, Einsparungen sollen zumindest eine Milliarde ausmachen.

Ein Adventkranz in der Mitte durfte nicht fehlen. Gastgeber in Linz war Oberösterreichs Landeshauptmann, ÖVP-Chef Josef Pühringer. Elf Personen waren um den Tisch versammelt, um das Steuerkonzept abzustimmen, mit dem die ÖVP am 17. Dezember in die Verhandlungen mit dem Regierungspartner SPÖ geht. Für etliche schwarze Spitzenpolitiker war Linz an dem trüben Samstagvormittag der ideale Treffpunkt. Schließlich kommt nicht nur Vizekanzler ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner aus Oberösterreich, sondern etwa auch Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl und ÖVP-Bauernbundchef Jakob Auer. Das auferlegte Schweigegelübde zum ÖVP-Steuerpaket endet am kommenden Mittwoch.

Spannung um Gegenfinanzierung. Wohin die Steuerreise mit der ÖVP gehen wird, lässt sich schon jetzt aus dem rund 240 Seiten umfassenden Papier der Expertenkommission zur Steuerreform herauslesen. Der „Presse am Sonntag“ liegen die zentralen Berechnungen dazu vor. Darunter sind einige öffentlich nicht bekannte Punkte. So sind von SPÖ und ÖVP zur Gegenfinanzierung auch 50 Millionen Euro fix geplant, die etwa aus steuerlichen Verschärfungen bei Dienstwägen hereingebracht werden müssen. Das größte Loch auf ÖVP-Seite klafft bei der Gegenfinanzierung, weil das Steuerkonzept bis Mittwoch fehlt. Mitterlehners mittwöchiger Offenbarungseid wird an seinem 59. Geburtstag erwartet.

Fix vorgesehen (aber nicht Teil der Steuerkommission) sind für SPÖ wie ÖVP Einsparungen. Die SPÖ beziffert diese mit einer Milliarde Euro (Streichung von Förderungen; Sparen in der Verwaltung; Änderungen im Finanzausgleich). Bei der ÖVP wird mit einer noch größeren Summe gerechnet. Mitterlehner hat in seinem Ressort schon Erleichterungen im zweistelligen Millionenbereich für Firmen eingeleitet.

Für Aufsehen sorgt das von ÖVP-Vertretern an die Expertenkommission gemeldete Entlastungsvolumen: Denn bei der Regierungsklausur Ende September in Schladming sind fünf Milliarden Euro vereinbart worden. Gleich danach hat dies die SPÖ als „Unterkante“ bezeichnet und die Gewerkschaftspläne mit 5,9 Milliarden Steuererleichterung für Arbeitnehmer übernommen. Neu ist nun laut Papier: Die SPÖ plant zusätzlich eine Entlastung von 150 Millionen Euro für Familien. Das ist zwar deutlich weniger als die ÖVP bisher ins Auge gefasst hat, signalisiert aber vor Beginn der politischen Runde am 17. Dezember in diesem Punkt Entgegenkommen und Kompromissbereitschaft gegenüber dem Koalitionspartner. Für die ÖVP steht fest, dass die Familien profitieren müssten.

ÖVP-Pläne kosten 6,6 Milliarden. Nach den Expertendaten über die der Kommission gemeldeten Wünsche der ÖVP belaufen sich diese insgesamt auf 6,6 Milliarden Euro: je nach Senkung der Steuertarife 3,2 bis 3,9 Milliarden Euro; dazu 1,1 Milliarden Euro für Familien sowie zwei Milliarden jährlich ab 2018 für Firmen. Die ÖVP wollte sich vor der Präsentation ihres Modells auf Anfrage nicht zu Details äußern. Als Gegenfinanzierung sind laut Expertenpapier von der SPÖ knapp vier Milliarden Euro zu erwarten: 1,5 Milliarden aus der von der ÖVP bekämpften Millionärssteuer; 825 Millionen Euro aus der Streichung von Steuerausnahmen (dazu zählt der Wegfall von Ausnahmen bei Körperschafts- und Mehrwertsteuer); 500 Millionen Euro soll eine Erbschafts- und Schenkungssteuer ab einer Million Euro dem Staat bringen; der Kampf gegen Steuerbetrug eine Milliarde Euro.

Was tatsächlich kommt, soll in drei Monaten feststehen. Am 17. März 2015 endet die Frist der Regierung für den Beschluss zur Steuerreform.

Auf einen Blick

SPÖ-Vorschläge zur Entlastung: 5,9 Mrd. Euro für Arbeitnehmer; 150 Millionen für Familien;

ÖVP-Vorschläge zur Entlastung bis 6,5 Mrd. Euro laut Vorschlag an Experten: davon 3,2 bis 3,9 Mrd. für Arbeitnehmer; 1,1 Mrd. für Familien; zwei Milliarden für Betriebe;

Gegenfinanzierung: SPÖ-Plan knapp sechs Mrd. Euro, davon je eine Milliarde aus Mehrkonsum sowie Betrugsbekämpfung; 1,5 Mrd. Millionärssteuer; Ausnahmen um 825 Millionen weg; ÖVP: fix 50 Millionen, alle weiteren Details im ÖVP-Konzept.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2014)

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