Steuerreform: Experten finden viel Trennendes

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Symbolbild(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
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´Der Bericht über die Vorschläge von SPÖ und ÖVP wird am Dienstag der Regierung übergeben. Am Mittwoch starten die politischen Verhandlungen.

Die Experten der Steuerreform-Kommission haben ihre Arbeit abgeschlossen - in ihrem Bericht legen sie einige Vorschläge im Konsens vor, in zahlreichen Fragen sind sich die von SPÖ und ÖVP nominierten Fachleute jedoch uneinig. Übergeben wird der Bericht am Dienstag an Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Er soll als Basis für die politischen Verhandlungen dienen, die am Mittwoch starten. Ziel ist ein Beschluss im Ministerrat am 17. März und im Parlament bis Mitte 2015.

Einig sind sich die Koalitionsparteien in der Absicht, den Eingangssteuersatz von 36,5 auf 25 Prozent zu senken. Unterschiede gibt es aber bei den Tarifstufen. Die SPÖ will den Spitzensteuersatz statt derzeit ab 60.000 künftig ab 80.000 Euro greifen lassen, die ÖVP ab 100.000 Euro. Das Volumen der Tarifreform setzt die SPÖ mit 5,9 Milliarden, die ÖVP mit 3,6 Milliarden Euro an.

Dazu wollen beide Seiten die Familien steuerlich entlasten, wobei alle von ÖVP-Seite eingelangten Vorschläge sich auf 1,1 Milliarden Euro summieren, die SPÖ-Vorschläge machen 150 Millionen Euro aus. Die ÖVP-Experten wollen die Familienbeihilfe, den Kinderabsetzbetrag und den Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag in einer "Familienbeihilfe neu" zusammenführen. Der Kinderfreibetrag soll von 220 auf 2200 Euro pro Jahr erhöht werden. Die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten soll bis zum Ende der Schulpflicht ausgedehnt werden. Die SPÖ-Experten schlagen einen "Kinderbildungsbonus" vor. Eltern sollen bis zu 1600 Euro pro Jahr und Kind absetzen können bzw. als Negativsteuer ausbezahlt bekommen.

Einig ist man sich darin, dass Steuer-Ausnahmen gestrichen werden sollen, etwa die steuerliche Begünstigung der ersten zehn Überstunden, der Landarbeiterfreibetrag und die Mietzinsbeihilfe. Für Pendler schlagen die Experten eine Zusammenfassung von großem und kleinem Pendlerpauschale sowie des Pendlereuro vor. Zur Attraktivierung des Jobticket wird eine "Öko/Öffi-Prämie" vorgeschlagen, mit der der Arbeitgeber ähnlich wie bei der Forschungsprämie 10 Prozent der Kosten für das Jobticket als Prämie bekommen könnte. Die private Nutzung von Firmen-Pkw soll verteuert werden - die Höhe des Sachbezuges soll von 1,5 Prozent des Anschaffungswertes auf zumindest 2 Prozent erhöht werden. Schadstoffarme Autos sollen aber begünstigt werden.

Zur Förderung der Wirtschaft schlagen die ÖVP-Experten der Steuerreform-Kommission eine Senkung der Lohnnebenkosten vor. Konkret treten sie dafür ein, den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) von 4,5 in zwei Etappen bis 2018 auf 3 Prozent der Lohnsumme zu senken. Den Dienstgeberbeitrag zur Unfallversicherung will die ÖVP von 1,3 auf 1,0 Prozent reduzieren. Für die SPÖ-Experten kommt das nur in Frage, wenn in die Berechnungsbasis beim FLAF neben der Lohn- und Gehaltssumme auch Gewinne, Zinserträge sowie Mieten einbezogen werden. Eine solche Wertschöpfungsabgabe wird aber von ÖVP-Seite abgelehnt. Abschaffen will die ÖVP zudem ab 2018 Bagatell-Steuern wie die Flugabgabe (110 Millionen Euro), die Schaumweinsteuer (35 Millionen Euro) und die Werbeabgabe (110 Millionen Euro).

Bei der Mehrwertsteuer stellen die SPÖ-Experten die Anhebung des ermäßigten Steuersatzes von 10 bzw. 12 Prozent für zahlreiche Güter zur Diskussion. Die ÖVP-Experten halten das jedoch für "nicht sinnvoll". Um die Schattenwirtschaft und den Steuerbetrug zu bekämpfen empfehlen die SPÖ-Experten eine Belegpflicht für alle Transaktionen – die ÖVP lehnt ab.

Keine Einigkeit besteht auch in Sachen Vermögenssteuern. Die SPÖ hat in die Kommission ihr bekanntes Konzept für eine Erbschafts- und Schenkungssteuer (Volumen 500 Millionen Euro) und für eine Millionärsabgabe (1,5 Milliarden Euro) eingebracht. Alle erhaltenen Schenkungen und Erbschaften über 10.000 Euro sollen demnach über 30 Jahre zusammengerechnet werden - erreicht man in diesem Zeitraum eine Million Euro (abzüglich Schulden), wird alles über dieser Million besteuert. Der Steuersatz wäre ansteigend von 25 bis 35 Prozent (über 10 Millionen Euro). Für Privatstiftungen soll es eine ähnliche Regelung geben. Bei der Millionärsabgabe sieht die SPÖ über einem Freibetrag von einer Million Euro Nettovermögen einen progressiven Steuersatz von 0,5 bis 1 Prozent (über 10 Millionen Euro) für den die Million Euro übersteigenden Teil vor. Betroffen wären natürliche Personen und Privatstiftungen. Die Veranlagung würde durch Eigendeklaration erfolgen, ausgenommen wären Hausrat, öffentliches, privates und betriebliches Pensionsvermögen. Von den ÖVP-Experten werden diese Vorschläge "strikt abgelehnt".

Die Gremien

Die Expertenkommission hat einen Bericht mit mehr als 200 Seiten erstellt. Neben Berechnungen finden sich darin auch internationale Vergleiche zu bestimmten Steuermaßnahmen. Den Vorsitz hatte Gunther Mayr, Sektionschef im Finanzministerium. Dazu kamen Experten und Vertreter der Regierungsparteien, etwa Arbeiterkammerdirektor Werner Muhm, ein Berater von Kanzler Werner Faymann oder ÖVP-Finanzsprecher Andreas Zakostelsky.

Die politische Runde wird von Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner geleitet. Diese werden von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) und SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder unterstützt. Hinzu kommen die Ländervertreter: Wiens Bürgermeister Michael Häupl und der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl für die SPÖ – sowie die Landeshauptleute aus Nieder- und Oberösterreich, Erwin Pröll und Josef Pühringer, für die ÖVP.

(APA/Red.)

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