Asylquartiere: Bald bleiben nur mehr Zelte für die Flüchtlinge

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Nach Appell der Innenministerin an Kardinal Schönborn nehmen nun Hilfsorganisationen umgekehrt die Politiker in die Pflicht.

Wien. Bei der Suche nach zusätzlichen Plätzen werden die betroffenen rund 1000 Asylwerber, für die bis Montag keine festen Quartiere gesichert waren, praktisch im Kreis geschickt. Nachdem Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) sich via „Presse am Sonntag“ mit einer Bitte um Unterstützung direkt an Wiens Erzbischof, Kardinal Christoph Schönborn, gewandt hatte, wurde dort auf Anfrage an die Caritas verwiesen. Diese hat heuer insgesamt bereits mehr als 11.000 Flüchtlinge in ihren Einrichtungen selbst versorgt oder mobil betreut.

Zugleich drehten mehrere Hilfsorganisationen den Spieß um und forderten in einer gemeinsamen Aussendung einen „Schulterschluss aller politischen Entscheidungsträger“. Damit sollte gewährleistet werden, dass alle Asylwerber über die Weihnachtsfeiertage untergebracht werden.

Fischer-Besuch bei Kardinal Schönborn

Die Situation hat sich zugespitzt, da rund 900 Plätze in der Martinek-Kaserne in Baden mangels Heizung nicht genützt werden können. Finden sich bis Weihnachten in den Bundesländern oder in Kasernen nicht genug weitere Quartiere, bleibt die Möglichkeit, einen Teil der Flüchtlinge zumindest vorübergehend in Zeltstädten auf Flächen der Polizei einzuquartieren. Notfalls werden dafür Zelte des Roten Kreuzes vom Innenministerium geordert.

Die Probleme wegen der fehlenden Plätze für Flüchtlinge waren am Montag auch Thema beim traditionellen Besuch von Bundespräsident Heinz Fischer bei Kardinal Schönborn im Wiener Erzbischöflichen Palais. Danach sagte Fischer laut Aussendung der Katholischen Presseagentur, er hoffe auf eine gemeinsame Anstrengung von staatlichen und anderen Institutionen, zu denen auch die Kirchen gehören, um alle Flüchtlinge unterzubringen. Sonst hoffen Fischer wie Schönborn vor allem, dass Papst Franziskus nach Österreich kommen werde. 2015 werde das aufgrund der weltweiten Verpflichtungen des Papstes noch nicht der Fall sein.

Bei der Caritas sieht man viele Gemeinden bei der Unterbringung von Asylwerbern am Zug. Drei Viertel der Gemeinden würden keine Flüchtlinge beherbergen, beklagte Martin Gantner von der Caritas im Gespräch mit der „Presse“. Die Caritas betreue heuer rund 3000 Flüchtlinge mehr als 2013. Er nahm auch die Kirche in Schutz: So würden etwa im Kloster St. Gabriel in Maria Enzersdorf bei Wien allein 260 Asylwerber betreut. Gantner reagierte damit auf Ministerin Mikl-Leitner, die sich mehr Plätze für Flüchtlinge in Pfarrhöfen und Stiften wünscht.

Schon im heurigen Herbst gab es einen Aufruf in der Erzdiözese Wien, die auch Teile Niederösterreichs umfasst. Es habe rund hundert Rückmeldungen gegeben, wurde dazu der „Presse“ erklärt. Freilich waren nicht alle Räumlichkeiten geeignet. Im Innenministerium appellierte man jetzt vor Weihnachten wegen weiterer Quartiere nochmals an die Kirche. (ett)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.12.2014)

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