Wehrpflicht in Ansätzen reformiert

Grundwehrdiener
Grundwehrdiener(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Schöner, attraktiver, interessanter: So sollte der Grundwehrdienst werden. Tatsächlich wurde ein Teil der Reform umgesetzt. Manches scheitert allerdings nach dem Sparpaket am Geld.

Wien. Etwas Schönes. Etwas Attraktives. Etwas Interessantes. Das sind die drei Dinge, die Gerald Klug in seiner Antrittsrede den Grundwehrdienern verspricht. Sie sollen ihre Zeit beim Heer besser nutzen, wenn sie schon zu ihrem Dienst gezwungen werden: Es ist Montag, der 11. März 2013. Es ist sein erster offizieller Tag als Verteidigungsminister. Und es ist nur wenige Wochen her, dass sich am 20. Jänner 2013 gut 60 Prozent der Österreicher für die Beibehaltung der Wehrpflicht ausgesprochen haben.

Rund drei Monate später, Ende Juni 2013, präsentierte Klug zusammen mit Verhandlungspartnerin und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) die Wehrpflichtreform, die den Dienst eben schöner, attraktiver und interessanter machen sollte. 180 Maßnahmen wurden dafür vorgelegt: von kleinen Extras (z.B. WLAN in Kasernen) bis zu großen Veränderungen. Der Ausbildungsdienst wird in vier neue Bereiche gegliedert – von den kleinen Extras (nach der Stellung darf man die Schlapfen behalten) bis hin zu großen Änderungen (die Ausbildung wird in vier Bereiche gegliedert).

Ein halbes Jahr später spricht allerdings kaum jemand davon. Wie es den Grundwehrdienern geht, ist verhältnismäßig unwichtig geworden. Schließlich haben sich SPÖ und ÖVP erst knapp vor Weihnachten auf ein Sparpaket für die gesamte Truppe geeinigt. Auch wenn heute also eher Thema ist, was vom Heer allgemein übrig bleibt, stellt sich dennoch auch die Frage, was aus der Wehrpflichtreform wurde.

Die Antwort ist nicht ganz einfach. Es gibt ihn zwar, den verbesserten Grundwehrdienst. Allerdings nur in Ansätzen. Grund dafür ist – wie so oft beim Heer – das fehlende Geld: Denn obwohl sich die Regierung zu Beginn der Verhandlungen darauf einigte, dass die Umsetzung der Reform „an der einen oder anderen Million nicht scheitern“ werde, strich man dem Verteidigungsressort wenig später mehr als die eine oder andere Million (genauer: 42,5 Millionen Euro). Maßnahmen wie die Renovierung von Sanitäranlagen oder ganzer Liegenschaften sind damit gestrichen – oder, offiziell: verschoben. Auch zusätzliches Schießtraining kostet Geld – wegen der Munition und der Arbeitsstunden für Ausbildner. Geld, das man gerade nicht hat.

120 Maßnahmen umgesetzt

Insgesamt zieht man im Verteidigungsressort allerdings eine positive Bilanz. Immerhin seien von den 180 Maßnahmen rund 120 bereits umgesetzt, wenn auch nicht jeder Punkt endgültig abgeschlossen sei. Weniger positiv ist das Resümee der Bundesheerkommission, die Beschwerden der Grundwehrdiener sammelt. Der Mangel an Ausrüstung und Gerät sei „evident“, das Abziehen von Heereskraftfahrzeugen habe zu Problemen im Ausbildungsbetrieb geführt, die Fahrzeugausstattung sei insgesamt „prekär“, hieß es in einer Aussendung.

Der wohl größte Brocken der Reform, die neuen Ausbildungsschienen, ist jedenfalls flächendeckend umgesetzt – wenn auch erst seit kurzer Zeit: Seit September werden alle vier Schienen angeboten. Jeder Grundwehrdiener kann sich (sofern ein Platz frei ist) für eines von vier Modulen melden: Bei der Ausbildung im Bereich „Schutz und Hilfe“ wird die Grenzüberwachung oder der Schutz kritischer Infrastruktur geübt. Neu ist auch das Modul „Cyber-Sicherheit“, bei dem es um Netzwerksicherheit geht. Wer plant, länger als sechs Monate beim Heer zu bleiben – und später vielleicht im Ausland stationiert werden will –, kann sich für „militärische Spezialisierung“ melden.

Wer bereits eine Ausbildung als Koch oder Fahrer begonnen hat, wird im Rahmen des „militärischen Berufspraktikums“ in diesem Bereich eingesetzt, vorausgesetzt, es ist eine Stelle frei. Da die meisten Rekruten in der Vergangenheit als sogenannte Systemerhalter eingesetzt wurden, hat man die Zahl solcher Stellen massiv eingeschränkt.

Vor seiner Spezialausbildung muss jeder Grundwehrdiener 35 Stunden Ausbildung im Bereich Katastrophenschutz absolvieren, außerdem sollen mindestens zwei der Wahlmodule Sport, (zusätzliches) Schießen, Sprachausbildung und Erste Hilfe ausgewählt werden. Ob sie tatsächlich überall angeboten werden, ist eine Ressourcenfrage.

30 Millionen Euro pro Jahr

Genaue Zahlen, wie viele Grundwehrdiener welche Ausbildungsschiene wählen, gibt es noch nicht. Schließlich würde man alle Module erst seit Kurzem anbieten. Damit der Grundwehrdienst aber tatsächlich „attraktiver“ wird, braucht es vor allem eines: Geld. Immerhin: Ab 2015 werden vom Investitionspaket, das das Finanzressort der Truppe gewährt hat, 30 Millionen pro Jahr für den Grundwehrdienst verwendet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2015)

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