Erdberg: Quartier für Minderjährige

 Asylwerberquartier in Erdberg
Asylwerberquartier in ErdbergAPA (HANS KLAUS TECHT)
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Das Asylwerberquartier in Erdberg ist mittlerweile voll mit minderjährigen unbegleiteten Flüchtlingen. Am ursprünglichen Plan ändert das nichts. Das Heim wird Ende Jänner aufgelöst.

Wien. Das Haus ist noch dasselbe, aber die Szenen davor haben sich geändert. Waren es vor einem Monat noch vorwiegend Männer im Alter von 20 bis 40 Jahren, die in den Eingang des Asylwerberquartiers in Erdberg strömten, sind es jetzt Teenager, die in kleinen Gruppen in den Eingang des mehrstöckigen Gebäudes schlurfen.

Denn das Asylwerberquartier in Erdberg, das zur Entlastung des Erstaufnahmezentrums in Traiskirchen eröffnet wurde, ist mittlerweile zu einem Quartier für Teenager geworden. Laut Bewohnern sind dort derzeit rund 250 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – vorwiegend aus Afghanistan – untergebracht. Sie kamen in den vergangenen Wochen von Traiskirchen nach Wien, weil sie dort am besten betreut werden können. Damit sind, bei einer Kapazität von 350 Plätzen, fast drei Viertel der Bewohner nicht volljährig. Das Innenministerium wollte die Zahl nicht bestätigen, gab aber an, dass 350 unbegleitete Minderjährige in den drei Unterkünften Erdberg, Wien-Mitte und WU untergebracht sind, bei einer Kapazität von insgesamt rund 600 Plätzen.

An den ursprünglichen Plänen ändert das allerdings nichts. Das Camp in Erdberg soll mit Ende Jänner geschlossen, die Minderjährigen dann in den Ländern untergebracht werden. „Jetzt geht es darum, entsprechende Unterkünfte für die Minderjährigen zu schaffen“, sagt ein Sprecher.

Die Jugendlichen selbst wissen über ihre Lage wenig Bescheid. „Keine Ahnung, wie lange wir bleiben können oder wie es weitergeht“, lautet die Antwort, wenn man sie nach ihrer Zukunft fragt. Die jungen Burschen haben meist die gleiche Geschichte hinter sich wie volljährige Flüchtlinge. Sie schlugen sich über Land, zuletzt auch vermehrt über Wasserwege und mithilfe von Schleppern nach Österreich durch. Aufgrund des Dublin-II–Abkommens ist Österreich ohne Schlepper kaum zu erreichen. Im Heim fühlen sie sich gut betreut, nur der fehlende Deutschkurs (er wurde über Weihnachten ausgesetzt) wird bemängelt. Und dass sie zu wenig über ihre Zukunft informiert werden.

Asyl erhalten

Platz für die Minderjährigen gibt es auch deshalb, weil einige Erdberg-Bewohner – die meisten kamen aus Syrien und dem Irak – mittlerweile das Heim verlassen haben. Sie wurden entweder in Asylwerberquartiere in den Bundesländern gebracht oder haben in Österreich Asyl erhalten. Eine Zahl, wie viele Menschen im vergangenen Jahr Asyl erhalten haben, wollte das Innenministerium nicht nennen. Eine Statistik befände sich derzeit in Arbeit, sagt ein Sprecher.

Die meisten Syrer und Iraker dürften den Flüchtlingsstatus (auf bestimmte oder unbestimmte Zeit) schnell bekommen haben. Circa zwei Wochen, erzählen viele, hätte es bis zu ihrem positiven Bescheid gedauert. Das Innenministerium dementiert das und spricht von einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von vier Monaten.

Schwierige Wohnungsuche

Nun folgt für die anerkannten Flüchtlinge die nächste Aufgabe. Sie müssen eine Wohnung suchen, was sich als schwierig erweist („Die Presse“ berichtete). Einerseits, weil nur wenige Wohnungsbesitzer auf dem privaten Markt ihre Wohnungen an Flüchtlinge vermieten wollen, anderseits, weil die, die vermieten, oft horrende Summen sowohl an Kaution als auch an Miete verlangen. 6000 Euro Kaution, erzählt etwa ein 36-jähriger Syrer, hätten er und seine Kollegen für eine 70-m2-Wohnung zahlen sollen. Die meisten der Flüchtlinge beziehen die Mindestsicherung. Ihnen stehen im Monat 814 Euro zur Verfügung. Doch der Druck, eine Bleibe zu finden, steigt mit jedem Tag. Denn nachdem sie als Flüchtlinge anerkannt wurden, dürfen sie laut Gesetz nur noch 14 Tage im Asylwerberheim bleiben. Auch wenn man im Innenministerium versichert, dass niemand auf die Straße gesetzt werde. Was aber schon passieren könnte, ist, dass Flüchtlinge aus Platzgründen in die Bundesländer gebracht werden. Das, erzählt ein Syrer, wollen die meisten vermeiden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2014)

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