Erwin Pröll: „Ich war nicht gegen Reinhold Mitterlehner“

Erwin Pröll
Erwin Pröll(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Erwin Pröll (ÖVP) ist für ein generelles Rauchverbot in Lokalen, plädiert für eine Steuerreform in zwei Etappen, sorgt sich wegen Pegida und will von Parteien bedruckte Stimmzettel bei Gemeinderatswahlen überdenken.

Die Presse: Denken Sie nicht manchmal: Wäre ich 2010 nicht gegen Reinhold Mitterlehner gewesen, hätten wir uns einiges erspart und die ÖVP würde möglicherweise den Kanzler stellen?

Erwin Pröll: Das ist falsch. Ich war nicht gegen Reinhold Mitterlehner. Die Situation 2010 war eine andere: Es war von einer Stunde auf die andere notwendig, eine wichtige Personalentscheidung zu treffen. Mein Neffe hat mich um sieben Uhr früh gebeten, die Landesparteiobmänner durchzurufen. Das habe ich getan. Und da wurde ziemlich deutlich, dass Michael Spindelegger die Parteiführung übernehmen soll.

Wie zufrieden sind Sie mit Mitterlehners Performance?

Sie ist eine sehr, sehr gute. Er geht sehr unkonventionell an die Aufgaben heran. Er schafft damit ein Gemeinschaftsgefühl in der Partei. Das wirkt auch zwischen Persönlichkeiten, bei denen es dort und da größere inhaltliche Differenzen gibt.

Mitterlehner ist nun etwa für ein generelles Rauchverbot in Lokalen, der ÖVP-Wirtschaftsflügel ist dagegen. Wo stehen Sie da?

Ich bin überzeugter Nichtraucher. Ich kann Mitterlehners Ziel daher viel abgewinnen. Allerdings sollte die Gesundheitsministerin mit den Gastronomen in Verhandlungen treten, denn die Vorgaben des letzten Tabakgesetzes waren für diese ja auch mit Kosten verbunden.

Diese sollten ihnen also abgegolten werden?

Das ist eine mögliche Variante.

Würden Sie es befürworten, Irmgard Griss als gemeinsame Kandidatin von SPÖ und ÖVP für die Hofburg aufzustellen.

Das kann ich nicht beantworten. Weil ich nicht derjenige bin, der in dem entsprechenden Entscheidungsprozess das letzte Wort hat. Ich habe Frau Griss jedenfalls als charmante Gesprächspartnerin bei gesellschaftlichen Veranstaltungen kennengelernt.

Sie wollen ja nach wie vor nicht?

Ich habe meinen Standpunkt schon erklärt.

Der amtierende Bundespräsident hat nun einen möglichen Steuerkompromiss angedeutet: Keine Vermögensteuern, dafür aber Vermögenszuwachssteuern, worunter Erbschaft oder eine höhere KESt fallen könnte. Was halten Sie davon?

Ich gehe davon aus, dass der amtierende Bundespräsident nicht im luftleeren Raum agiert hat und vorher eine Reihe von Gesprächen geführt hat. Ich bin zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht bereit, zu Detailfragen Festlegungen zu treffen. Weil ich aus Erfahrung weiß: Dies würde ein kompromissfähiges Steuerreformergebnis gefährden.

Aber ohne neue Steuern wird es wohl nicht gehen.

Es sind mehrere Schritte nötig. Auch die Gebietskörperschaften müssen wissen, dass auch sie einen Obolus leisten müssen.

Auch die Länder?

Selbstverständlich. Wobei außer Streit stehen sollte, dass sich die Anteile der Gebietskörperschaften beim Finanzausgleich in Relation kaum verändern sollten. Und es wird sicher auch auf der Einnahmenseite dort und da am Rädchen gedreht werden müssen.

Man könnte auch die Förderungen von Bund und Ländern durchforsten.

Wir werfen nicht das Geld beim Fenster hinaus. Keine Gebietskörperschaft hat so viel Geld, um großzügig damit umzugehen. Wir leben im ständigen Hinterfragen der vorhandenen Strukturen. Man sollte sich meiner Meinung nach aber auch fragen, ob es wirklich nötig ist, in einem einzigen Schritt die Entlastung vorzunehmen. Oder ob es nicht klüger wäre, in zwei Schritten eine mittelfristige Entlastung anzugehen, die auch das Budget schont.

Die Bundesländer haben sich dazu verpflichtet, ihre Asylquoten bis Ende Jänner zu erfüllen. Wird das halten?

Alle sind intensiv bemüht, ihre Quote zu erfüllen. Im einen oder anderen Fall ist es schwieriger. Wobei der Strom der Flüchtlinge sicher noch zunehmen wird.

Sollen Asylwerber arbeiten dürfen?

Man darf einerseits den Arbeitsmarkt in Österreich nicht aus dem Auge verlieren, aber man sollte schon das eine oder andere Mal kurzfristige Arbeitsmöglichkeiten für Flüchtlinge schaffen. Gerade in Niederösterreich haben wir trotz erhöhter Arbeitslosigkeit eine Größenordnung von freien Stellen, die doch erklecklich ist. Insbesondere Kommunen würden gern auch Flüchtlinge beschäftigen. Das sollte im Einvernehmen mit ÖGB und Wirtschaft gehandhabt werden.

Was halten Sie von Pegida?

Das macht mir ein wenig Sorgen. Weil Bewegungen aus Deutschland mit Zeitverzögerung dann auch in Österreich spürbar werden. Derartige Bewegungen führen zu einer Polarisierung. Das ist schlecht.

Ist die Sorge vor einer Islamisierung der Gesellschaft berechtigt?

Berechtigt hin oder her – manche empfinden es so. Die Mehrheit der Muslime gliedert sich aber sehr gut in die neue Gesellschaft ein. In Niederösterreich versuchen wir, Menschen mit Migrationshintergrund so intensiv wie möglich ins Vereinsleben einzubinden.

Bei der niederösterreichischen Gemeinderatswahl gibt es eine recht skurrile Auslegung des Wahlrechts. Neben dem amtlichen Stimmzettel kann man auch einen von den Parteien vorgefertigten Stimmzettel einwerfen. Finden Sie das nicht seltsam?

Das Gemeindewahlrecht sollte nach der Wahl renoviert werden. Vor allem, weil sich in der Vorwahlzeit Auswüchse gezeigt haben, die mir überhaupt nicht gefallen: Wenn es möglich ist, dass sich in Häusern zwanzig, dreißig Leute anmelden, um sich so das Wahlrecht zu sichern. Ich bin aber ein begeisterter Anhänger des Persönlichkeitswahlrechts, da gehören Persönlichkeitswahl-Stimmzettel dazu.

Das könnte man auch auf den amtlichen Zettel schreiben.

Genau. Diese Frage der Novellierung des Wahlrechts ist deswegen auf der Agenda ganz oben, weil Wahlbetrug lückenlos zu verhindern ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2015)

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