Die Regierungsparteien intensivieren ihre Bemühungen für eine Steuerreform-Einigung. Die SPÖ rückt von der klassischen Vermögensteuer ab. Die ÖVP könnte bei der Erbschaftssteuer einlenken.
Die Österreicher müssen sich wohl auf eine Wiedereinführung der 2008 abgeschafften Erbschafts- und Schenkungssteuer einstellen. Noch bevor SPÖ und ÖVP am Samstag die Verhandlungen über eine Steuerreform intensivieren, zeichnet sich – nach übereinstimmenden Informationen aus beiden Regierungsparteien – bereits ab, dass die Erbschaftssteuer der Kompromiss in der umstrittenen Vermögensteuerfrage sein könnte.
Die Details sind zwar noch offen. Aber in SPÖ- wie in ÖVP-Kreisen wurde der „Presse“ erklärt, dass mit dieser Erbschaftssteuer neu ein Teil der Steuerreform – das Volumen soll zumindest fünf Milliarden Euro betragen, der Eingangssteuersatz auf 25 Prozent gesenkt werden – finanziert werden könnte.
Überlebensnotwendig für die Koalition
Der Hintergrund? Beide Parteien betrachten eine Einigung als überlebensnotwendig für die Koalition. Daher sind sie nun bereit, von einigen Forderungen abzurücken. Die SPÖ könnte sich von der klassischen Vermögensteuer verabschieden, die ab einer Million Euro fällig würde. Entsprechende Signale hat Kanzler Werner Faymann am Montagabend in der „ZiB 2“ ausgesandt. Er sprach sich zwar erneut für eine höhere Besteuerung von Reichen aus, ließ aber das Modell offen. Und zu einer SPÖ-Bedingung wollte Faymann die Vermögensteuer explizit nicht erheben.
In der Kanzlerpartei hieß es am Dienstag, dass man sich nun auf die Erbschaftssteuer konzentriere, um die Basis für einen Kompromiss mit der ÖVP bis zum vereinbarten Termin, dem 17.?März, zu schaffen. Als Freigrenze wünscht man sich bei den Sozialdemokraten nach wie vor eine Million Euro.
Eine rückwirkende Lösung wird es allerdings nicht geben. Das SPÖ-Modell sieht nämlich vor, dass alle Erbschaften und Schenkungen über 10.000 Euro in einem Zeitraum von 30?Jahren zusammengerechnet werden. Übersteigt die Summe eine Million Euro, wird jener Betrag, der darüber liegt, mit Tarifen zwischen 25 und 35 Prozent besteuert. Doch dagegen hat der Koalitionspartner große Vorbehalte. Außerdem wird die ÖVP einer Erbschaftssteuer wohl nicht ohne Ausnahmen für Unternehmen zustimmen.
Sind diese Punkte erst einmal außer Streit gestellt, könnte Parteiobmann Reinhold Mitterlehner die Wiedereinführung mit dem Hinweis argumentieren, es handle sich um keine völlig neue Abgabe. Außerdem müsste sich niemand vor einer Steuerflucht fürchten, weil es die Erbschaftssteuer in vielen europäischen Staaten gebe, unter anderem in Deutschland.
Wie sein Vorgänger, Michael Spindelegger, hat Mitterlehner mehrfach bekräftigt, dass Vermögensteuern für die ÖVP nicht infrage kommen. Das gilt jedenfalls für die Besteuerung von Vermögenssubstanzen – und hat mit dem Leistungsgedanken zu tun, der in bürgerlichen Kreisen hochgehalten wird. Bei einer Erbschaft oder Schenkung hätte der Begünstigte allerdings nichts für das Vermögen geleistet.
Umsetzung voraussichtlich in Etappen
Ähnlich formulierte es Bundespräsident Heinz Fischer, als er in seiner Neujahrsansprache auf Distanz zur SPÖ-„Millionärssteuer“ ging. Das Staatsoberhaupt sprach sich für eine höhere Steuerbelastung aus, wenn mit dem Zusatzeinkommen keine eigene Leistung verbunden war. Subtil empfahl Fischer damit eine Erbschaftssteuer.
Als weitgehend gesichert scheint, dass die Steuerreform angesichts der Budgetnöte und der schlechten Konjunkturprognosen in Etappen umgesetzt wird. Starttermin wäre demnach erst Anfang 2016.
(''Die Presse'', Print-Ausgabe, 14.01.2015)