Fischer gegen Faymann: Streit um Abdullah-Zentrum eskaliert

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ARCHIVBILD: K�NIG ABDULLAH DIALOG-ZENTRUM(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Kanzler Faymann deutet raschen Ausstieg aus dem saudisch finanzierten Dialogzentrum der Religionen in Wien an. Bundespräsident Fischer und Kardinal Schönborn stellen sich dem ungewohnt einträchtig entgegen.

Der innenpolitische Streit um das im wesentlichen von Saudiarabien finanzierte „König-Abdullah-Zentrum“ (KAICIID), das sich seit seiner Gründung 2012 in Wien um den Dialog zwischen den Religionen unter besonderer Berücksichtigung des Islam bemühen soll, ist am Mittwoch eskaliert und hat eine neue, besonders brisante Front eröffnet: Nämlich zwischen der Regierung einerseits und dem Bundespräsidenten sowie der katholischen Kirche andererseits.

Zunächst hatte mit Kanzleramts- und Kulturminister Josef Ostermayer (SP) erstmals ein Mitglied der Regierung die Schließung der Einrichtung, die an der Wiener Ringstraße situiert ist, gefordert: Trotz drei Jahren „Dialog“ habe sich nichts geändert in Saudiarabien, sagte Kanzleramtsminister Josef Ostermayer. Man solle das ganze so bald als möglich beenden. Auslöser für die harsche Stellungnahme war zuletzt der Fall des saudischen Journalisten und Bloggers Raif Badawi, der zu 1000 öffentlichen Peitschenhieben, verteilt zu je 50 über 20 Wochen, verurteilt wurde – und der, sollte er das überleben, noch zehn Jahre Haft absitzen muss. Sein „Verbrechen“: Er hatte seit Jahren für Religionsfreiheit plädiert und gegen die saudische Religions- und Moralpolizei und die teils bizarren religiös fundierten Regeln in seinem Land angeschrieben.

„Keine Brücken abbrechen“

Nachdem sich das KAICIID geweigert hatte, die Auspeitschungen in Saudiarabien, die dort üblich sind, zu verurteilen, war bei Bundeskanzler Werner Faymann am Mittwoch eine rote Linie überschritten: Er fordert vom Außenamt noch vor dem Sommer einen Bericht, um unter Umständen einen Ausstieg zu ermöglichen. „Eine österreichische Beteiligung an einem Zentrum, das sich nicht von Menschenrechtsverletzungen distanziert, ist mit aller gebotener Kritik zu hinterfragen“, erklärt Faymann. So einen Bericht hatte zuvor Außenminister Sebastian Kurz zur Jahresmitte hin abliefern wollen.

Allerdings traten am selben Tag plötzlich sozusagen Hofburg und Stephansdom gegen die Schließungsabsichten auf: Bundespräsident Heinz Fischer (SP) und Kardinal Christoph Schönborn sagten, man solle die „Brücken des Dialogs“ nicht voreilig abbrechen. Gerade jetzt seien diese nötiger denn je, und Brücken würden „rascher abgebrochen als wieder aufgebaut“, so Fischer. Im übrigen wies der Präsident darauf hin, dass Österreich das Zentrum nicht einfach dicht machen könne und ein Austritt nichts an dessen Existenz ändere. Tatsächlich wurde das Dialogzentrum, in dessen „Aufsichtsrat“ Vertreter von Islam, Christen- und Judentum, Buddhismus und Hinduismus sind, durch einen parlamentarisch ratifizierten Staatsvertrag zwischen Österreich, Saudiarabien und Spanien mit Beteiligung des Vatikans gegründet und gilt als Internationale Organisation, der bzw. dessen Mitarbeitern allerhand Privilegien (etwa keine Unterwerfung unter die heimische Justiz) zustehen. Österreich könnte es nicht schließen und nur per erneutem Parlamentsbeschluss aussteigen – in den Büros an der Ringstraße würde die Organisation ohne heimische Beteiligung weiter bestehen.

Bandion Ortner immer noch Vizechefin

Zuletzt hatten unter anderen auch die Grünen, die Interessensgemeinschaft der heimischen Autoren und die Klubchefs von ÖVP und SPÖ im Nationalrat, Reinhold Lopatka und Andreas Schieder, mehr oder weniger offen das Aus für das Zentrum verlangt. Dessen Vizechefin ist Ex-Justizministerin Claudia Bandion-Ortner. Sie hatte im Vorjahr gesagt, dass es in Saudiarabien nicht so übel sei: Dort werde nicht „jeden Freitag gepeitscht“. Und Vollverschleierung für Frauen sei sogar ziemlich praktisch. (red./ag.)

(Red./Ag.)

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