Beamte: Konflikt um Eilbeschluss

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Regierung peitscht neues Modell für Vordienstzeiten durchs Parlament. Die Beamtengewerkschaft protestiert und erwartet eine erneute Aufhebung.

Wien. Die Erhöhung der Beamtengehälter ab März ist längst unter Dach und Fach, dennoch sorgen jetzt die Bezüge der öffentlich Bediensteten für einen neuen Konflikt zwischen der rot-schwarzen Bundesregierung und der Beamtengewerkschaft. Es geht um die neue Anrechnung der Vordienstzeiten, nachdem der Europäische Gerichtshof (EUGH) das bisherige Modell als diskriminierend gekippt hat.

Die für den öffentlichen Dienst zuständige Staatssekretärin Sonja Steßl (SPÖ) will jetzt die neue Lösung (statt individueller mit pauschaler Anrechnung der Ausbildungszeiten, Anm.), die sich am deutschen Vorbild orientiert, umsetzen – allerdings ohne Sanktus der von Fritz Neugebauer (ÖVP) geführten Beamtengewerkschaft – und diese im Schnellverfahren schon übermorgen, Mittwoch, im Nationalrat beschließen lassen, wie der „Presse“ in ihrem Büro erläutert wurde. Neugebauer ist erbost und rechnet mit einer neuerlichen Aufhebung dieses Gehaltsgesetzes. Hintergrund ist, dass die Koalition ein Modell ohne Mehrkosten von hunderten Millionen Euro budgetneutral beschließen will.

Regierung will rasch Rechtssicherheit

Der Grund für die Eile: Die Regierung möchte möglichst rasch Rechtsicherheit herstellen. Seit Mitte Dezember gab es zwar Verhandlungen mit der Gewerkschaft, aber bis Freitag keine Einigung. Steßls Modell sieht den Umstieg für alle auf ein sogenanntes Überleitungsmodell vor und lehnt sich dabei an die geltende Regelung in Deutschland an, die im Gegensatz zur bisher in Österreich geltenden Variante vom EUGH nicht gekippt worden ist. Allerdings wird das deutsche Modell nicht völlig übernommen.

„Da sind wir nicht dabei“, wettert Neugebauer im Gespräch mit der „Presse“. Dies werde eine „weitere Reparatur der Reparatur“ zur Folge haben. Denn bereits bei der bisherigen Regelung hat es sich um eine Gesetzesreparatur durch Ex-Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) in der vergangenen Legislaturperiode gehandelt, die wie auch die frühere Variante zur Anrechnung der Vordienstzeiten vor und nach dem 18. Lebensjahr im Bundesdienst vom EUGH aufgehoben worden ist.

Während Neugebauer bezweifelt, dass die jetzt geplante Reparatur dem Unionsrecht entspricht, wird im Kanzleramt beruhigt. Die angestrebte Lösung sei vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts geprüft worden, wird im Büro Steßl betont. Massive Differenzen gibt es auch bezüglich der Auswirkungen. Die Beamtengewerkschaft erwartet finanzielle Einbußen für einzelne Bedienstete. Im Kanzleramt wird dem vehement widersprochen: Die Lebensverdienstsumme werde gewahrt.

Damit ein Nationalratsbeschluss in der Mittwoch-Sitzung diese Woche möglich ist, muss heute, Montag, der Verfassungsausschuss zusammengerufen werden. Neugebauers Beamtengewerkschaft mobilsiert dagegen. In Schreiben an die Klubs wird vor der Umsetzung des Regierungsmodells gewarnt. Staatssekretärin Steßl ließ der „Presse“ mitteilen, die Tür für Verhandlungen sei weiter offen.

Darüber hinaus versucht sie die Gewerkschaft mit einem weiteren Angebot zu besänftigen. Es sollen unverzüglich Gespräche über eine umfassende Reform des Dienst- und Besoldungsrechts beginnen, um bis Ende 2016 zu einem Abschluss zu kommen. Grundsätzlich rennt sie damit bei der Beamtengewerkschaft offfene Türen ein, die seit Langem auf ein neus Dienst- und Gehaltsrecht drängt. Die Umsetzung ist bisher an den Mehrkosten in der Startphase von 200 Millionen Euro gescheitert.

Schelling: Kein finanzieller Spielraum

Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) sieht jedenfalls keinen finanziellen Spielraum für Nachverhandlungen bei der Anrechnung von Beamten-Vordienstzeiten. „Das war von Anfang an klar, dass es keinen budgetären Spielraum gibt“, erklärte Schelling am Sonntag am Rande der ÖVP-Klubklausur in Pöllauberg.

Zugesagt, so Schelling, habe er der Beamtengewerkschaft allerdings, allfällige durch das neue Anrechnungsmodell entstehende Verluste auszugleichen: „Wenn es zu Verwerfungen kommt, dann korrigieren wir das.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2015)

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