Das Außenministerium hat seinen Bericht vorgelegt. Darin werden Arbeitsweise und Kommunikationspolitik des Hauses kritisiert und eine "tiefgreifende Reform" gefordert.
Der Evaluierungsbericht zum umstrittenen König-Abdullah-Zentrum für Interreligiösen Dialog in Wien liegt vor. Wie das Ö1-„Morgenjournal“ am Dienstag berichtet, werden in dem Dokument des Außenministeriums Mängel bei der Struktur und der Arbeitsweise des Hauses sowie der Kommunikationspolitik beanstandet und eine Reform gefordert. Aus der ÖVP hieß es zu dem Papier, das noch heute im Ministerrat behandelt werden soll, man werde jede Entscheidung Werner Faymanns (SPÖ) akzeptieren, da eine Neuaufstellung des Zentrums ohne Zustimmung des Bundeskanzlers nicht möglich sei.
Konkret heißt es in dem Bericht: Zu der zentralen Aufgabe des Zentrums, nämlich eine Plattform für den Dialog von Religionen und Weltanschauungen zu bieten, hätte es zwar Projekte gegeben. Allerdings seien nur wenige davon einer breiteren Öffentlichkeit präsentiert worden. Auch sei es bis zuletzt nicht möglich gewesen, „konkrete Verletzungen der Religions- und Gewissensfreiheit aufzuzeigen und zu verurteilen." Gefordert wird daher in dem Bericht daher eine „tiefgreifende Reform und Neuausrichtung“. Dies würde intensive Verhandlungen mit den anderen Vertragsparteien, Saudiarabien und Spanien, erfordern, zitiert das ORF-Radio.
Warnung vor Rechtsbruch
Neben einer Neuaufstellung des Zentrums wäre auch ein Ausstieg Österreichs denkbar. Damit einhergehen könnte ein Abzug des Zentrums aus Wien als Amtssitz. Jedoch, so wird angemerkt, würde ein Ausstieg wohl eine Belastung der Beziehungen zu Spanien und Saudiarabien darstellen sowie eine Belastung für Österreichs Ruf als verlässlicher Sitzstaat für internationale Organisationen bedeuten. Und: „Eine Auflösung des Zentrums würde die Menschenrechtssituation in Saudiarabien nicht ändern.“
Eine sofortige Schließung des Zentrums oder ein erzwungener Abzug wären hingegen nur unter Missachtung der Völkerrechtsverträge möglich und würden somit einen Rechtsbruch darstellen.
Das Abdullah-Zentrum war in der vergangenen Zeit mehrfach in die Schlagzeilen geraten. Einerseits hatte die frühere Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP) in ihrer Tätigkeit als Vizepräsidentin des Zentrums in einem Interview erklärt, in Saudiarabien würden Enthauptungen „nicht jeden Freitag stattfinden“. Mittlerweile hat sie ihren Rücktritt erklärt. Andererseits war der Blogger Raif Badawi in Saudiarabien zu 1000 Peitschenhieben verurteilt worden, wovon er 50 bereits öffentlich erteilt bekommen hatte. Bundeskanzler Faymann hatte daraufhin eine klare Distanzierung des Zentrums von dem saudischen Vorgehen gefordert. Das Haus lehnte ab, man mische sich in derartige Angelegenheiten nicht ein, hieß es.
Abdullah-Zentrum
Der Gründungsvertrag des "König Abdullah Bin Abdulaziz Zentrums für Interreligiösen und Interkulturellen Dialog" (KAICIID) wurde 2011 von Vertretern Österreichs, Spaniens und Saudiarabiens unterschrieben, der Vatikan hat im Gremium der Vertragsparteien Beobachterstatus.
Den Austritt aus dem Abdullah-Zentrum kann die Republik Österreich jederzeit deponieren und sich mit einer Frist von drei Monaten aus der Organisation zurückziehen - allein abschaffen kann sie das Zentrum aber nicht. Denn der Vertrag verlangt dafür die Einstimmigkeit aller Vertragsparteien. Die Republik kann aber die Neuwahl der Führung und den Beschluss eines Budgets blockieren.
Das Abdullah-Zentrum bezieht seine Finanzierung von Saudiarabien. Das Königreich hat dem Zentrum - neben dem Ankauf des Palais Sturany in der Wiener Innenstadt als Sitz - bei seiner Gründung für die Zeit bis Ende 2015 eine Förderung von zehn bis 15 Millionen Euro zugesichert. Geleitet wird das KAICIID von einem Board of Directors, das aus Vertretern der großen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam, Hinduismus und Buddhismus) und Kulturen besteht.
Kritiker sehen in der Institution einen Versuch Riads, sein international wegen Menschenrechtsverletzungen ramponiertes Image aufzupolieren. Im Nationalrat wurde das Projekt gegen die Stimmen von FPÖ und Grünen genehmigt.
>> Bericht des Ö1-"Morgenjournals"
(Red.)