Wien: Ärztezentren statt Ambulanz

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Teure Spitalsambulanzen mit langen Wartezeiten sollen künftig durch sogenannte Primärversorgungszentren ersetzt werden. Die ersten zwei Projekte sind für Mitte 2015 geplant.

Wien. Spitalsambulanzen bedeuten für die Träger hohe Kosten und die Patienten lange Wartezeiten. Die Lösung für beide Probleme erhofft sich die Stadt Wien durch das Konzept der Primärversorgung, die erstmals im vergangenen Jahr präsentiert und Anfang 2015 gemeinsam mit der Wiener Gebietskrankenkasse sowie der Ärztekammer beschlossen wurde. Gemeint sind Ärztezentren, die im Wesentlichen wie Gruppenpraxen funktionieren und die überfüllten bzw. unterbesetzten Ambulanzen der Krankenhäuser entlasten sollen.

Geplant sind derzeit zwei Pilotprojekte, das erste in unmittelbarer Nähe zum Sozialmedizinischen Zentrum Ost – Donauspital werde Mitte 2015 eröffnen, bestätigte die Sprecherin von Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ), Christine Stockhammer, am Montag einen Bericht des Ö1-„Morgenjournals“.

Derzeit sei die Ausschreibung für drei Allgemeinmediziner im Gange, die zusammen mit diplomierten Krankenpflegern arbeiten sollen. Neben klassischer Primärversorgung ist dort auch eine enge Zusammenarbeit mit den Ambulanzen des Donauspitals geplant.

Unter anderem will man sich verstärkt um Diabetes-Patienten kümmern. Grundsätzlich liegt der Fokus der Pilotzentren auf chronisch kranken sowie geriatrischen Patienten, von Montag bis Freitag soll das neue Zentrum zehn Stunden pro Tag (von 7 bis 19 Uhr) geöffnet sein.

Kosten werden geteilt

Der zweite Standort ist – ebenfalls für Jahresmitte – in Mariahilf geplant. Wo genau, wird erst im zweiten Quartal 2015 bekannt gegeben. Da hier die Nähe zu einem Spital fehlt, sollen etwa auch Physiotherapeuten und Sozialarbeiter eingebunden werden.

Die Kosten teilen sich Gebietskrankenkasse und Stadt Wien. Beide Pilotprojekte werden über fünf Jahre begleitend evaluiert, um Erfahrungswerte für künftige Zentren zu sammeln. Weitere Projekte sind in der Umgebung des Krankenhauses Nord sowie in Rudolfsheim-Fünfhaus in Planung. Derzeit fehlen der Primärversorgung allerdings noch die rechtlichen Grundlagen durch das entsprechende Bundesgesetz. Für die Wiener Pilotprojekte soll das jedoch kein Hindernis sein.

Von einer „guten Lösung“ für alle Beteiligten spricht man bei der Wiener Ärztekammer. Die neuen Zentren bedeuteten keinesfalls einen Kompetenzverlust für niedergelassene Ärzte. „Die Umsetzung orientiert sich am Modell für Gruppenpraxen mit freiberuflichen Ärzten und wird auch sonst behutsam in die bestehenden Versorgungsstrukturen eingebettet“, sagt der Obmann der Kurie niedergelassener Ärzte und Vizepräsident der Kammer, Johannes Steinhart. „Besonders wichtig ist für uns die fünfjährige Evaluierung dieses Pilotprojektes, damit wir sehen, wie es von den Patienten aufgenommen wird. Wir wissen, dass der klassische Hausarzt das Versorgungsmodell ist, das die Wiener am liebsten haben.“ Daher sei es auch „ein Gebot der Stunde“, die hausärztliche Primärversorgung in Summe zu stärken.

Zustimmung bei Opposition

Als „prinzipiell erfreulich“ bezeichnet Peter Frigo, Gesundheitssprecher der Wiener FPÖ, die beiden Ärztezentren. Jedoch seien sie nur „ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Er fordert die Schaffung weiterer Planstellen für niedergelassene Ärzte. In Wien würden rund 300 Kassenplanstellen fehlen.

Erfreut zeigte sich auch Ingrid Korosec, Gesundheitssprecherin der ÖVP Wien: „Endlich werden die Patienten im Vorfeld des Krankenhauses betreut. So schafft man eine effizientere Versorgung der Bevölkerung.“ (kb)

AUF EINEN BLICK

Neue Zentren. Das Modell der Primärversorgung soll in Zukunft nicht nur die überfüllten Spitalsambulanzen entlasten, sondern auch für kürzere

Wartezeiten für die Patienten sorgen. In Wien sind derzeit zwei Pilotzentren geplant, die ähnlich wie Gruppenpraxen funktionieren und Mitte 2015 eröffnen sollen – eines in der Nähe des Donauspitals und eines in Mariahilf.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.02.2015)

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