Rot-Grün: Wiener Wahlrecht kurz vor Einigung?

Archivbild: Michael Häupl und Maria Vassilakou im Sommer 2012
Archivbild: Michael Häupl und Maria Vassilakou im Sommer 2012APA/HELMUT FOHRINGER
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Die Grünen sprechen von einer Einigung von Häupl und Vassilakou auf eine Reform des Wahlrechts. Der mehrheitsfördernde Faktor soll halbiert werden. Allerdings: Die SPÖ dementiert eine Einigung.

Eigentlich sah es nach einer ziemlich ruhigen Ferienwoche im Rathaus aus, als plötzlich auf Twitter eine kleine Bombe platzte, nämlich: das Ende des Wiener Wahlrechtsreform-Patts. Rot und Grün hätten sich auf ein gemeinsamen Vorschlag zum Wahlrecht geeinigt, lautete das Gerücht, dem der grüne Gemeinderat Martin Margulies dann Gewicht verlieh: „Es stimmt“, twitterte er (siehe unten).

Auch eine Sprecherin der Wiener Grünen bestätigte kurz darauf die De-facto-Einigung: Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) hätten abseits der offiziellen Gremien einen gemeinsamen Lösungsvorschlag erarbeitet. Dieser sei bei den Grünen bereits intern abgesegnet, bei der SPÖ stehe dies nur ferienbedingt noch aus, wobei es – so die Sprecherin zur „Presse“ – definitiv die Einigung gebe, dass Häupl in seiner Partei das OK dazu einholen werde. Als Termin dafür kursiert der kommende Montag.

Inhaltlich sieht der rot-grüne Kompromiss laut Informationen der Grünen so aus: Für die kommende Wien-Wahl hat man sich auf eine Reduktion des mehrheitsfördernden Faktors von 1 auf 0,6 geeinigt. Ab der nächsten Wahl soll dann ein Faktor von 0,5 gelten – also eine Halbierung jenes rechnerischen Faktors, der die SPÖ als stärkste Partei bisher bei der Umrechnung von Stimmenprozenten auf die Anzahl der Landtagsmandate begünstigt.

Rote Verblüffung

Allerdings hat all das einen Schönheitsfehler: In der SPÖ reagierte man nämlich auf die Auskunftsfreude der Grünen verblüfft. Es gebe keine Einigung, heißt es aus dem Bürgermeister-Büro. Und auch keine Sitzung kommenden Montag. Lediglich ein (weiteres) Gespräch von Häupl und Vassilakou sei kommende Woche geplant.

Sollte es wirklich stattfinden, wird es wohl wenig freundlich verlaufen. Denn in der SPÖ versteht man nicht so recht, warum die Grünen in der heiklen Materie entgegen interner Vereinbarungen mit einer Bestätigung vorpreschen. Schon wieder nämlich: Bereits Ende des Vorjahres machten ja die Grünen – ernsthaft frustriert über das zähe Vorankommen der Verhandlungen – ihren Vorschlag zur Wahlrechtsreform publik, um den Koalitionspartner unter Druck zu setzen Mit dem Erfolg, dass die SPÖ erst recht auf stur schaltete. Die Grünen boten den Faktor 0,5, die SPÖ, die kein Interesse an einem Mandatsverlust hat, beharrte weiter auf 0,75.

Zuletzt schien die Lage so verfahren, dass man gar nicht mehr mit einer echten Reform rechnete. Stattdessen, so die Vermutung, würden nur die vom Verfassungsgerichtshof auferlegten Korrekturen des Wahlrechts durchgeführt. Die Opposition hatte bereits signalisiert, bei dieser Minimalvariante mitzustimmen, um eine Anfechtbarkeit der Wahl zu vermeiden. Dass sich die SPÖ nun offenbar doch auf den Koalitionspartner zu bewegte, hat dann auch die Opposition überrascht – das heißt, sofern der Kompromiss auch nach dem Info-Leck noch hält.

Applaus gab es von der Opposition, die mit den Grünen ja notariell eine Reform des mehrheitsfördernden Wahlrechts vereinbart hatte, übrigens keinen. Dass es keine gemeinsame Einschätzung von Sitzungsverläufen und Entscheidungen gebe, zeige ein trostloses Bild der rot-grüne Stadtregierung, so die Wiener ÖVP in einer Aussendung. Bei der FPÖ glaubt man, dass nur „Nebelgranaten geworfen werden und am Ende doch wieder alles in den Sternen steht.“

(uw/APA)

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