Neues Wahlrecht für Wien gescheitert

Wien: Wahlrechtsreform soll gescheitert sein
Wien: Wahlrechtsreform soll gescheitert seinAPA/HELMUT FOHRINGER
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Bürgermeister Häupl hat intern die Verhandlungen für beendet erklärt. Die Koalition wird aber fortgesetzt. Ein wichtiger Grund für Neuwahlen ist damit weggefallen.

Wien. „Wer glaubt, mich unter Druck setzen zu können, der irrt.“ Das hatte Bürgermeister Michael Häupl seiner grünen Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou bereits im Dezember verärgert ausgerichtet – nachdem diese ihm öffentlich mitgeteilt hatte, wie das neue Wiener Wahlrecht auszusehen hat. Nun hat es Häupl gereicht. Nachdem Vassilakou am Mittwoch der SPÖ ein Ultimatum gesetzt hatte (die SPÖ müsse bis Sonntag dem grünen Vorschlag zustimmen, sonst gebe es Konsequenzen) erklärte Häupl am Donnerstag intern die Verhandlungen für beendet, die Koalition soll allerdings fortgeführt werden.

Offiziell bestätigt wird das am heutigen Freitag. Also einen Tag vor dem grünen Parteitag. Ein neues, faires Wahlrecht für Wien ist damit gescheitert. Bei der heurigen Wien-Wahl kann die SPÖ also wieder mit rund 44 Prozent der Stimmen die absolute Mandatsmehrheit erreichen. Wobei die Häupl-Partei (mit Umfragewerten um die 38 Prozent) derzeit davon aber meilenweit entfernt ist. Wie geht es weiter? Rot-Grün wird (mit Stimmen der FPÖ und ÖVP) jene Teile des Wahlrechts reparieren, die verfassungswidrig sind. Also die illegale Nachfrist für die Briefwahl und Änderungen im Wahlrecht für Straftäter. Damit besteht keine Gefahr, dass die Wien-Wahl 2015 aufgehoben wird. Und die Koalition? Die hält. Vorerst. In SPÖ-Kreisen gab es Donnerstagabend keine Hinweise, dass ein Ende der Koalition im Raum stehe.

Vorzeigemodell beschädigt

Die Grünen wollen jedenfalls bis zum letzten Tag weiter regieren, auch um das rot-grüne Prestigeprojekt in Wien nicht mit einem Eklat, also Neuwahlen, zu beenden. Denn dann wäre nicht nur Rot-Grün auch nach der Wien-Wahl gestorben, sondern auch das oft beschworene Vorzeigemodell für Rot-Grün im Bund schwerst beschädigt.

Aus grünen Kreisen ist zu hören, dass man bis zum regulären Wahltermin am 4. Oktober weiter regieren wolle – die Koalition sei nicht in Gefahr. Die SPÖ kann damit offenbar gut leben. Ärger vor der Wahl in Form einer geplatzten rot-grünen Koalition kann Häupl nicht gebrauchen. In SPÖ-Kreisen ist aber zu hören: „Sie (die Grünen, Anm.) sollten jetzt aufpassen. Jeder falsche Schritt verschlechtert ihre Chancen, nach der Wahl in die Koalition zu kommen.“ Nachsatz: „Wenn sie uns verärgern, wie mit dem Ultimatum, ist der Ofen aus.“

Was bedeutet das für den Wahltermin? Nachdem der größte Streitpunkt zwischen Rot und Grün (zwangsweise) wegfällt, gibt es keinen Grund für Neuwahlen. SPÖ-intern wird jetzt überlegt, die Wien-Wahl daher doch nicht auf Juni vorzuziehen. Man könne ganz normal weiter arbeiten und die Koalition regulär zu Ende führen.

Falls es aber weiterhin Ärger mit den Grünen gebe, könne man die Wahl doch noch auf Juni vorverlegen, ist zu hören. Die SPÖ kann also (relativ) entspannt abwarten - im Gegensatz zu den Grünen. Wird im Oktober gewählt, stehen die Grünen doppelt so lange wie bei einem Juni-Wahltermin unter Beschuss – nachdem sie einen Notariatsakt unterschrieben haben, dass sie ein faires Wahlrecht für Wien in der Koalition mit der SPÖ umsetzen.
Aber wie wichtig ist überhaupt der Termin für eine Wahl? Nicht viel, aber mittlerweile werde, statt sich auf Inhalte zu konzentrieren, ein unwichtiges Detail wie der Termin zu einem scheinbar bedeutenden Ereignis hochstilisiert, sagt Politikanalyst Peter Plaikner.

Termin für Spontane wichtig

Dass eine „Nichtmeldung“ wie die Aussage Häupls, den Termin zu kennen, aber nicht zu verraten, eine derartige öffentliche Resonanz erfährt, sei das beste Beispiel. Denn welcher Partei ein vorgezogener Termin nütze, sei pure Spekulation. Zu viele Faktoren seien da noch nicht absehbar: Etwa Personalrochaden. „Was sie auslösen können, hat man beim Obmannwechsel in der Bundes-ÖVP gesehen, die sich seither im Umfragehoch befindet“, so Plaikner. „Besonders wichtig wird für die SPÖ der Ausgang der Steuerreform im März sein.“

Dass der Zeitpunkt einer Wahl aber grundsätzlich sehr wohl entscheidend sein kann, führt Plaikner auf die immer größer werdende Zahl an kurz entschlossenen Wählern zurück.

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