Ende der steuerbegünstigten Überstunden droht

MINISTERRAT
MINISTERRAT(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
  • Drucken

SPÖ und ÖVP haben sich bei den Verhandlungen die Ausnahmen im Steuerrecht vorgeknöpft. Trotz der öffentlichen Grabenkämpfe um Reichensteuern versprechen Kanzler und Vizekanzler eine Einigung bis 17.März.

Wien. Genau ein Monat bleibt noch Zeit – dann endet am 17.März die von SPÖ und ÖVP vereinbarte Frist für die Steuerreform. Von einem Kompromiss sind die beiden Koalitionsparteien offiziell noch weit entfernt: Nach dem Ministerrat am Dienstag pochten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) im umstrittensten Punkt, Vermögensteuern zur Gegenfinanzierung, auf ihre bisherigen kontroversen Positionen, sagten aber eine Einigung bis 17.März zu.

Hinter den Kulissen gibt es bei den am vergangenen Samstag fortgesetzten Verhandlungen Fortschritte. Das heiße Eisen Reichensteuer wurde offiziell noch gar nicht angegriffen, wie der „Presse“ erläutert wurde. Es ging zuletzt vor allem um das Streichen von Ausnahmeregelungen und eine Erhöhung des begünstigten Mehrwertsteuersatzes von zehn Prozent, regulär sind es 20Prozent. Beide Maßnahmen sollen zur Gegenfinanzierung der Steuerentlastung für Arbeitnehmer dienen.

Von Experten vorgeschlagen

Im Falle einer Einigung auf ein Gesamtpaket zur Steuerreform ist, wie zu erfahren war, die Streichung der zehn steuerbegünstigten Überstunden vorgesehen. Das brächte rund eine Viertelmilliarde Euro mehr an Einnahmen. Diese Maßnahme war bereits im 212-Seiten-Bericht der Expertenkommission an die Bundesregierung vorgeschlagen worden. Allerdings hängt die Streichung an dem Vorbehalt, dass Arbeitnehmer kräftig von der Lohnsteuersenkung profitieren. Bezüglich der Tarifsenkung gab es zuletzt ebenfalls eine Annäherung.

Während eine höhere Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Mieten und Medikamente von Anfang an für die politischen Verhandler tabu war, ist eine Anhebung in anderen Bereichen weiter Thema. Das gilt trotz heftiger Proteste beispielsweise für Schnittblumen oder Konzertbesuche.

In der Öffentlichkeit stehen jedoch nach wie vor die Differenzen um die Vermögensteuern im Vordergrund. Faymann ließ nach der Regierungssitzung nicht locker: „Am Schluss ist nur eines entscheidend: Haben die Österreicherinnen und Österreicher mehr netto im Börsel, oder war es eine Mogelpackung?“ Dazu müssten auch Millionäre einen Beitrag leisten.

Mitterlehner machte darauf aufmerksam, dass man sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten befinde. „Da können wir nicht fünf, sechs oder sieben Milliarden verschenken.“ Über eine sinnvolle Gegenfinanzierung müsse man daher reden. Um welche Art der Gegenfinanzierung es gehen werde – etwa eine Anhebung der Vermögenszuwachssteuer oder der Grundsteuer –, wollte man nicht verraten. „Vorschläge einer Vermögenszuwachssteuer sind natürlich ein Beitrag. Aber so einen Vorschlag kenne ich vom Koalitionspartner nicht“, sagte Faymann. Und: „Eine Grundsteuer, die alle Mieter bezahlen, kann man nicht gerade als Millionärssteuer bezeichnen.“

Warnung vor Abwanderung

Mitterlehner lehnte Vermögensteuern erneut ab. Er warnte, Stiftungen würden schon jetzt drohen, aus Österreich abzuwandern. Er will bei den kommenden Verhandlungen zuerst über „konventionelle Gegenfinanzierung“ reden – über die Verwaltungsreform, Sparen bei Förderungen und Maßnahmen gegen Steuerbetrug. (ett/ib)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Politik

Steuerreform: ÖVP lässt Chef Raum

ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner hat Pouvoir fürs Finale, zuvor berät er sich in Oberösterreich.
PK OeVP 'STEUERREFORMKONZEPT' : MITTERLEHNER/SCHELLING
Politik

Klausur: ÖVP berät über "Angebote an SPÖ"

Die ÖVP-Chefverhandler zur Steuerreform treffen sich am Wochenende in Oberösterreich. Die SPÖ wehrt sich gegen eine frühere Anhebung des Frauenpensionsalters.
PK FINANZMINISTERIUM ´AKTUELLES ZUR HYPO´: SCHELLING
Innenpolitik

Steuerreform: Lücke immer größer

In den Plänen von SPÖ wie ÖVP fehlen Milliarden für die zugesagte Entlastung. Die Betrugsbekämpfung soll nun mehr einbringen.
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP)
Politik

Mitterlehner hofft auf "einigermaßen vorzeigbare Steuerreform"

Der Vizekanzler hält am 17. März als Stichtag für die Präsentation einer Reform fest. Man müsse "irgendwo die Kurve" nehmen.
Politik

Steuerreform: Regierung scheut Konflikt mit Tierfreunden

Die Abschaffung von „Skurrilitäten“ ist schwierig: Der Koalition ist Tierfutter so viel wert wie höheres Pflegegeld.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.