Athen über Differenzen in Österreichs Koalition irritiert

Finanzminister Schelling
Finanzminister Schelling(c) APA/EPA/JULIEN WARNAND (JULIEN WARNAND)
  • Drucken

Für Verwirrung sorgen in Athen unterschiedliche Aussagen von Bundeskanzler Faymann und Finanzminister Schelling.

Athen. Viel Publizität genießen derzeit österreichische Politiker in den griechischen Medien. Als Alexis Tsipras, Ministerpräsident der neu gewählten Regierung des Radikalen Linksbündnisses (Syriza), von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) vor zehn Tagen nach Wien gebeten wurde, sah man in Österreich bereits einen neuen Verbündeten im Kampf gegen unerbittliche Daumenschrauben der Euro-Gläubigerstaaten. „Ich habe einen neuen Freund gefunden“, verkündete Tsipras nach seiner Kurzvisite. Viel Aufmerksamkeit bekam danach auch Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP). Zuerst wollte man ihn bei den Sitzungen der Euro-Gruppe in Brüssel ebenfalls als Verbündeten sehen. Bald wurde die griechische Führung aber eines Besseren belehrt: Mit Befremden stellte das Team um Finanzminister Yanis Varoufakis fest, dass Schelling „einer der härtesten Gegner“ war, wie Journalisten berichteten. Der Finanzminister hatte darauf beharrt, dass Griechenland im Gegenzug zu Hilfskrediten seine Verpflichtungen einhält.

Die Verwirrung der Medienvertreter versuchte nun der jugendliche Regierungssprecher der Syriza-Regierung, Gavriil Sakellaridis, aufzulösen. Während einer TV-Diskussionsrunde in der Nacht auf Dienstag erklärte er, auf den strengen österreichischen Finanzminister angesprochen: „Sie müssen wissen, Kanzler und Finanzminister sind von verschiedenen Parteien“, um in der Folge hinzuzufügen: Es sei nicht verwunderlich, dass der eine genau das „Gegenteil“ dessen erklärt, was der andere sagt. Ein Schluss, der nicht gerade schmeichelhaft für den internationalen Auftritt Österreichs ausfällt – da sich doch gerade Finanzminister Schelling konsterniert über das seiner Meinung nach unprofessionelle Auftreten seines griechischen Kollegen Varoufakis ausließ.

Zynisch heißt es dazu aus Athen: Der ungestümen Syriza-Regierung, die auf dem internationalen Parkett einen Fehler nach dem anderen begehe, könne man ja ihre Unerfahrenheit zugutehalten – ein Argument, das im Fall der Österreicher aber nicht gelte. (c.g.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.