Heta: Der Fit-and-Proper-Test und die Landespolitik

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Der Umgang mit dem Heta-Schaden bei den Hypos offenbart ein seltsames Verständnis der Länder von Verantwortung. Dabei wäre jetzt ein Schulterschluss nötig.

Will jemand Vorstand oder Aufsichtsratschef einer Bank werden, dann hat er sich einem Fit-and-Proper-Test zu unterziehen: Die Finanzmarktaufsicht klopft ihn ein paar Stunden lang intensiv darauf ab, ob er fachlich geeignet ist und das Format hat, den angestrebten Job ordentlich auszufüllen.

Für Eigentümer bzw. deren Vertreter gilt diese Vorschrift nicht. Man hat das Mittwochabend schmerzlich zur Kenntnis genommen, als die Landesfinanzreferenten ihre weitere Vorgangsweise in Sachen Heta öffentlich verkündeten: Da kam einem ob der gezeigten Chuzpe und des seltsamen Verständnisses von Verantwortung für eingegangene finanzielle Verpflichtungen das kalte Gruseln.

Kurz zusammengefasst das Resümee der Sitzung, das vom niederösterreichischen Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka verkündet wurde: Die Pfandbriefstelle der Hypos werde ihren Verpflichtungen (für 1,2 Mrd. Anleihen der ehemaligen Hypo Alpe Adria) „unverbrüchlich nachkommen“ (Danke, liebe Pfandbriefstelle, aber das wirst du so oder so müssen). Und die Länder „als Haftungsgeber“ würden ebenfalls „dem Gesetz Genüge tun“. Auch das ist sehr nett, sollte man aber auch nicht extra erwähnen müssen.

Und dann der Knaller: Die Länder würden „den Bund nicht aus seiner Verpflichtung entlassen“ und die in der Pfandbriefstelle entstandenen Belastungen „geltend machen“. Etwas weniger geschwurbelt: Die Länder und deren Hypos haben sich mit Haftungen übernommen, zahlen soll das der Bund, der in dieser Sache überhaupt keine Verpflichtung hat. Alpen-Föderalismus eben.

Darf man hier einmal, ganz langsam zum Mitschreiben, darstellen, was Sache ist: Die Landes-Hypos haben über die Pfandbriefstelle Schuldscheine emittiert, für die sie gemeinsam solidarisch die Gesamthaftung übernommen haben. Kärnten hat versucht, die von der EU abgedrehte Haftungsorgie über Pfandbriefstellen-Emissionen weiterzuspielen, was nur bedingt gelungen ist. Die übrigen Hypos haben den Braten offenbar gerochen und das Ganze – wie Insider berichten nach Schreiduellen mit dem damaligen Hypo-Chef Kulterer – abgestellt. Aber offenbar zu spät. Von diesen Verbindlichkeiten sind noch 1,2Mrd.Euro übrig (2009 waren es noch 2,3 Mrd. Euro). Und für die haben sie jetzt geradezustehen. Punkt. Das hat mit dem Bund genau null zu tun.

Sollten einzelne Hypos dadurch in Schwierigkeiten geraten, dann haben ihre Eigentümer, die Länder (die gleichzeitig Garantiegeber sind und dafür Haftungsprovisionen kassieren), einzuspringen. Punkt. Auch das hat mit dem Bund genau null zu tun.

Zumal die Bundesländer mit ihren Haftungen ja reichlich fahrlässig waren. Im Rechnungshofbericht über die Gebarung der Länder Niederösterreich, Kärnten und Tirol steht in Sachen Haftungen bei allen dreien der idente Satz: „Eine eigenständige Bewertung des Risikopotenzials der Haftungen im Verantwortungsbereich des Landes erfolgte nicht.“ Mit anderen Worten: Die Damen und Herren Finanzlandesräte haben fröhlich unerfüllbare Haftungen vergeben, ohne über mögliche Konsequenzen auch nur nachzudenken. Dafür soll der Bund jetzt geradestehen?

Das sollte wohl eher Anlass sein, die Finanzarchitektur im Rahmen des österreichischen Föderalismus zu überdenken. Wobei man angesichts des jenseitigen Auftritts vom Mittwoch in Sachen Steuerautonomie der Länder (an sich eine sehr vernünftige Sache) doch wieder ins Grübeln gerät.

Allerdings: Hoffnungen sollte man sich in diesem Punkt bei der realen Machtstruktur im Lande ohnehin keine machen. Vorerst ist es einmal positiv, dass es Finanzminister Schelling ganz offenbar gelungen ist, die Länder mit seinem grundvernünftigen Heta-Moratorium zu überrumpeln. Hoffen wir, dass die gewonnene Zeit jetzt nicht für Länder-Bund-Machtspielchen, sondern für eine möglichst steuerzahlerschonende Bereinigung der Angelegenheit genutzt wird.

Da ist ja einiges möglich. Angedeutet wurde seitens des Finanzministeriums beispielsweise die Schaffung eines Vehikels, um ausstehende Heta-Anleihen auf dem Markt zurückzukaufen. Die notieren ja zurzeit bei rund 60 Prozent, was einem geräuschlosen Schuldenschnitt ohne viel Gerichtstrara um vierzig Prozent entspräche.

Allerdings: Zum Zurückkaufen braucht man zwei. Und Verkäufer werden sich nach dem Lieber-den-Spatz-in-der-Hand-Prinzip in ausreichender Zahl wohl nur finden lassen, wenn der Bund glaubhaft machen kann, dass die Alternative wirklich eisern Schuldenschnitt oder möglicher Totalausfall lautet.

Je mehr auf diese Art zurückkäme, desto leichter wäre es am Ende des Moratoriums, das Problem Kärnten (dem bei einer Heta-Insolvenz ja ebenfalls die Pleite droht) zu lösen. Da jetzt Gläubigerbevorzugung zu betreiben, indem der Bund den heimischen Hypos (noch dazu unverdientermaßen) die Heta-Last abnimmt, wäre wohl mehr als kontraproduktiv. Allerdings: Einen wirklichen Länder-Bund-Knatsch kann man jetzt besonders schlecht gebrauchen. Denn Kern einer glaubhaften Schuldenschnitt-Strategie wäre in den nächsten zwölf Monaten ja wohl auch die Schaffung einer Art von Gebietskörperschaften-Insolvenzrecht. Und das wird ohne Länder nicht gehen.

Es wird sich also demnächst entscheiden, ob sich Länder und Bund unter dem Druck der äußeren Verhältnisse zu vernünftigem Arbeiten entscheiden. Oder ob nicht nur die Heta und Kärnten den Bach hinuntergehen. Ob das mit dieser Form von Uralt-Machtpolitik, wie sie am Mittwoch von den Ländern demonstriert wurde, positiv ausgehen kann, darf eher bezweifelt werden. Aber hoffen wird man ja noch dürfen.

E-Mails an:josef.urschitz@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2015)

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