Wien-Museum: Der Weg zum Neustart

(c) Clemens Fabry
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Der Architekturwettbewerb für den Zubau am Karlsplatz hat begonnen. Der Denkmalschutz macht jedoch Probleme. Das neue Haus soll mit neuen Inhalten im Jahr 2019 öffnen.

Wien. Der legendäre Rover Bruno Kreiskys verstaubt in einer Garage. Die Ledersandalen des Schriftstellers Peter Altenberg sowie sein gesamter Nachlass sind in Holzkisten. Und das berühmteste Sportbild Österreichs, „Das Wunderteam“ (Paul Meissner, 1948), hat seit sieben Jahren niemand mehr betrachtet. Mehr als eine Million Exponate hat das Wien-Museum, nur 2000 werden derzeit ausgestellt – etliche konnten im Haus am Karlsplatz sogar noch nie gezeigt werden. Es fehlt schlicht der Platz.

Das soll sich mit dem neuen Museum ändern, das 2019 nach dem Umbau am Karlsplatz wiedereröffnet wird. Denn der Wunsch der SPÖ wäre ein Neubau am Südbahnhof gewesen, den Museumsdirektor Wolfgang Kos strikt ablehnte und sich schlussendlich durchsetzen konnte. Gestern, Donnerstag, startete der zweistufige Architekturwettbewerb, der auf einer 100-seitigen Auslobungsbroschüre fußt. In Runde eins können Entwürfe bis Ende Mai eingereicht werden. Danach werden die besten zehn bis 14 Ideen von einer internationalen Jury ausgewählt. Die Architekten werden dann eingeladen, ihre Projekte weiter zu vertiefen. Ende dieses Jahres soll das Siegerprojekt präsentiert werden. Jury-Vorsitzender ist übrigens der Schweizer Stararchitekt Emanuel Christ. Er hat unter anderem das Schweizer Nationalmuseum entworfen.

„Mehr Platz zum Lümmeln“

Die Wünsche der Politik und der Museumsdirektion an den ersten großen Kulturbau in Wien im 21.Jahrhundert sind herausfordernd: Die Nettofläche soll von derzeit 6900 auf 12.000 Quadratmeter erweitert werden. Der zusätzlich entstehende Raum soll einerseits für eine Erweiterung der Ausstellungsfläche von 3000 auf 5000 Quadratmeter verwendet werden, andererseits soll Platz für Veranstaltungen und frei zugängliche Räume entstehen. „Mehr Platz, um Ideen zu entfalten und zu lümmeln“, wie Wolfgang Kos das formuliert. Vermieden werden soll außerdem ein „hermetisch abgeriegelter Museumsbetrieb“ – das Gebäude soll mit dem Karlsplatz verschmelzen. Daher ist nicht nur der Zubau ausgeschrieben, sondern auch der unmittelbare Platz vor dem Museum.

Neben diesen Anforderungen hat das bestehende Gebäude, das integriert werden muss, seine Tücken: Das Haus muss adaptiert und vor allem saniert werden. Der 1959 von Oswald Haerdtl entworfene Bau steht allerdings zur Gänze unter Denkmalschutz. Zwar darf umgebaut werden, es gibt aber eine ganze Reihe an Auflagen: So müssen beispielsweise neben der gesamten Fassade das Stiegenhaus und das Direktorenzimmer erhalten bleiben.

Neues Haus, neue Ausstellung

Der Neubeginn am Karlsplatz bedeutet auch eine inhaltliche Neuorientierung. Kernstück des erweiterten Museums soll die neue Dauerausstellung werden. „Derzeit endet die Geschichte Österreichs mit circa 1920. Das 20. und 21.Jahrhundert werden praktisch gar nicht repräsentiert“, so Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Dazu soll das Museum nicht nur auf den letzten Stand gebracht werden, sondern auch Antworten auf zentrale Fragen unserer Zeit liefern. „Ich verstehe das Wien-Museum neu als Labor der Zivilgesellschaft, als Bühne für eine globale Stadt, auf der nicht nur die Vergangenheit kritisch befragt, sondern auch die Zukunft der Stadt verhandelt wird“, sagt Matti Bunzl, der Kos im Oktober als Direktor nachfolgt. Es soll darum mit neuen Räumlichkeiten für Veranstaltungen zum Diskussionsforum werden, wo Wiens Entwicklung debattiert werden soll. Nicht nur Experten sollen hier ihre Ideen einbringen, sondern auch die Besucher. In einer Infoecke im Foyer soll es eine Dialogbox geben. „Das Museum ist ein Museum des Alltags“, sagt der Finanzdirektor des Wien-Museums, Christian Kirchner.

In zwei Jahren ist Spatenstich, dann wird das Museum für zwei Jahre geschlossen. Das Museum will aber währenddessen präsent sein. „Wir planen eine Tour“, sagt Bunzl. Man will sich einerseits international mit besonderen Exponaten präsentieren, andererseits am Stadtrand und in der Peripherie Ausstellungen machen. „Denn, wie gesagt, es ist ein Museum der Wiener Bevölkerung, und mit der wollen wir ins Gespräch kommen“, so Bunzl. Die Kosten werden 70 bis 100 Millionen Euro betragen. (ath)

AUF EINEN BLICK

Das Wien-Museum am Karlsplatz wurde am 23.April 1959 eröffnet. Die Sammlungen umfassen mehr als eine Million Exponate, derzeit sind 2000 davon am Karlsplatz zu sehen. Insgesamt hat das Museum 17 Außenstellen, etwa die Hermesvilla und das Pratermuseum. Der Großteil der Ausstellungsstücke lagert für die Öffentlichkeit nicht zugänglich im Depot in Himberg, das 2014 eröffnet wurde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2015)

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